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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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zwinkerte er ihm zu. »Das nächste Mal bringe ich dir einige Kunststücke bei, dann gewinnst du beim Würfeln, so wie du’s willst.«
»Kommt sofort her!« Um einer Bestrafung zu entgehen, war diesem Ton der Mutter unbedingt Folge zu leisten, dennoch vergewisserte sich Florian bei dem Spielmann hastig: »Wirklich?« »Versprochen. Mein Ehrenwort.«
Kaum waren die Kinder in ihrer Reichweite, fasste Magdalena nach ihnen, als müssten sie aus einem Sumpf errettet werden, und zog beide an sich. »Was hat er euch getan?«
»Flöte gespielt hat er.« Katharina wusste nicht, ob sie weinen sollte. »Und das kostet Geld, weil wir zugehört haben. Und …«
»So war das nicht.« Florian warnte die Freundin mit heftigem Augenrollen. »Wir haben nur ein bisschen gewürfelt.« Er wuchs an dem Satz und spuckte einen kleinen weißen Fleck ins Gras. »Um Geld. So, wie das die Männer in den Gasthäusern machen. Und ich hab gewonnen.« Kurz zeigte er die zwei Münzen. Ihre Ohrfeige kam so schnell, dass Mutter und Sohn im ersten Moment beide erschreckt den Atem anhielten.
Während Florian die Tränen in die Augen stiegen, hatte sich Magdalena längst wieder gefasst und ging mit geballten Fäusten einige Schritte auf den Spielmann zu. »Meinen Jungen verführen! Ein Satan bist du. Die Hände sollen dir verdorren. Ich würde dir am liebsten …«
»Halt, halt!«, Bermeter wehrte lachend ab und ließ die Finger wie aufgeregte Püppchen umeinander spielen. »Alles nur Spaß. Deinem Kleinen ist nichts geschehen. Ein hübscher Kerl übrigens, kommt ganz auf die Mutter. Ich hab mir mit ihm und dem Mädchen etwas die Zeit vertrieben. Weil ich auf dich gewartet habe. Nur auf dich.«
Sofort spürte Magdalena, wie eine Faust ihren Magen krampfte. Wenn dieser Kerl auftauchte, brachte er Unheil, und mit all den Kindern war sie noch wehrloser als sonst. »Lass uns in Ruhe. Geh weg, bitte!«
»Gleich, schönes Weib, bist du mich wieder los. Erst aber sollten wir Frieden miteinander schließen.« Er stieß sich vom Stein ab und glitt einige Schritte auf sie zu.
Magdalena konnte nicht zurückweichen, sie war das Bollwerk für ihre Schutzbefohlenen. »Ich will nichts mit dir zu schaffen haben.«
Er ging nicht darauf ein, sprach mit gewinnender Stimme weiter: »Und deshalb möchte ich dir etwas schenken. Ich geb’s ja zu, erst wollte ich die Nachricht deinem Meister Til bringen. Ganz sicher hätte er mich dafür gut entlohnt. Aber dann sah ich dich mit den Kindern …« Ein schneller Zungenstrich benetzte die Lippen. »Glaub mir, wenn andere Frauen älter werden, werden sie hässlich. Aber du. Jedes Mal wenn ich dich wiedersehe, da könnte ich …«
»Nein, sag nicht so was. Nicht vor den Kindern.« Magdalena presste die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. O verflucht, das war falsch, das versteht er falsch. Doch es war schon zu spät.
»Du hast recht, darüber sollten wir uns ein anderes Mal unterhalten.« Leise pfeifend zückte Bermeter ein gefaltetes Stück Papier aus der Innentasche seines Schultermantels und reichte es ihr. »Überbringe du dem Bildschnitzer die Neuigkeit. Den Lohn gönne ich dir.«
Ehe es Magdalena bewusst wurde, hatte sie das Papier angenommen und geöffnet, jetzt erst zögerte sie. »Nur zu, es wird auch dich freuen.«
Sie senkte den Blick auf die drei Zeilen in großer schöner Schrift, las stumm, dabei formten ihre Lippen Wort für Wort mit. Als Magdalena den Inhalt begriff, misstraute sie ihm sofort. »Mein Herr soll …? Ist das wahr? Woher hast du diese Nachricht?«
»Abgeschrieben.«
»Du?« Sie lachte verächtlich. »So ein Herumtreiber wie du soll so schön mit der Feder umgehen können?«
Jäh erlosch sein Grinsen, die scharfen Punkte der Augen stachen nach ihr. »Lange genug hab ich auf der Klosterschule bei den Mönchen gelernt. Ich kann jede Schrift nachmachen.« Der Zeigefinger schnellte vor. »Und das da, das habe ich heute Morgen vom Protokoll der Domherren abgeschrieben. Gleich nach der Sitzung.« In seinem Stolz gekränkt, blies sich Bermeter nun erst recht auf: »Einige Domherren sind mir einiges schuldig. Wenn ich will, erfahre ich alles, was beschlossen wird, aus erster Hand. Und an solch einem Tag wie heute werfe ich nun mal gerne einen Blick ins Sitzungsbuch.« Unvermittelt hatte er es eilig, kurz zeigte er einen zweiten Zettel. »Muss nach Unterpleichfeld. Vom andern Glücklichen lass ich mir die ganze Mühe bezahlen.« Grußlos wandte er sich ab, nach einigen Schritten drehte er sich um. »Und ich

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