Riemenschneider
Leipzig reiten. Wir holen die Pelze, verkaufen sie und zahlen Euch den Preis.«
Götz lachte trocken. »Für wie dumm haltet Ihr mich?«
Ein Wink befahl Thoma her. »Befreie mich von dem Dolch.« Hart schlug der Knappe auf die Unterarmstulpe und nahm die Waffe an sich.
»So, nun zum Geschäft. Gern will ich Euch vorschlagen, wie es ablaufen wird.« Einer der Kaufleute sollte nach Leipzig weiterreisen. Der andere blieb so lange als Gefangener an einem verschwiegenen Ort, bis die geforderte Summe bezahlt war. Kurz zögerte Götz. »Wer liebt wen mehr? Ein Vater den Sohn? Oder ein Sohn den Vater?« Dann hatte er sich entschieden. »Denke, dass einem Sohn weniger zu trauen ist. Du, Alter, lässt dein eignes Blut nicht im Stich. Außerdem hat dein Junge die jüngeren Knochen und übersteht den Kerker besser.« Er ließ den Kaufherrn gar nicht zu Wort kommen. »Du bist also einverstanden. Gut so.« Mit der gespreizten Eisenhand wies er auf seinen Sekretär und kehrte wieder zur höflichen Anrede zurück: »Dann lasst uns den genauen Ablauf schriftlich festlegen. Schließlich habt Ihr es nicht mit dahergelaufenem Raubgesindel zu schaffen.«
Als das Dokument unterzeichnet war, ließ der Ritter sich von Sinterius die beiden zusätzlich beschriebenen Zettel reichen und legte dem Vater die Prothese auf die Schulter. »Ich weiß, Ihr werdet Euer gegebenes Wort halten. Nun zu dem Erkennungszeichen. Wie abgemacht, schließt Ihr Euch in Leipzig einer Gruppe von Kaufleuten an, die über Coburg nach Süden reisen. Vergesst nicht, in Bamberg steigt Ihr im Goldenen Schwan ab, verkauft die Pelze und wartet.« Der Ritter rief nach seinem Knappen. Ehe er weitersprach, reichte er Thoma und dem Kaufmann je eines der handgroßen Papierchen. »Ihr wartet, bis dieser Bube hier, merkt Euch seine großen Ohren, zu Euch kommt. Er wird Euch seinen Zettel zeigen. Und da auf Eurem das Gleiche steht, könnt Ihr getrost mit ihm reiten. Er führt Euch zu mir. Erst wickeln wir in Ruhe das Geschäft ab, und dann bringe ich Euch zu Euerm Sohn.«
Der Kaufmann steckte das Papier in den geschmälerten Lederbeutel. »Es ist beeindruckend, mit Euch Handel zu treiben«, sagte er, und Bitterkeit schwang in der Stimme mit. »Ihr wählt Euch den Geschäftspartner aus und lasst ihn für seine eigene Ware teuer bezahlen. Ja, wirklich sehr beeindruckend.«
Die Linke flog zum Schwertgriff, halb war die Waffe schon aus der Scheide. »Wollt Ihr mich beleidigen? Ich sag Euch eins, wer mir die Laune verdirbt, der muss dafür bezahlen. Und Ihr seid nahe dran.« Götz schnaufte, mit Wucht stieß er die Waffe zurück. »Kein Wort mehr. Einer meiner Männer wird Euch als Knecht begleiten, und nun verschwindet!«
Reiten, nicht nur am Tag, oft auch während der Nacht. Endlich eine große Fehde! Endlich Aussicht auf reiche Beute! Ritter von Berlichingen gönnte sich und seinen Männern keine längere Rast. Und forderte der Schlaf doch sein Recht, so rollten sie sich auf einer Waldlichtung in Lederdecken, oder Götz bat einen gleich gesinnten Burgherrn um kurze Gastfreundschaft. »Kein fester Standort. Ob Kölner oder die Truppen des Königs, solange der Feind nicht weiß, wo wir uns aufhalten, kann er uns auch nicht angreifen.«
Unermüdlich waren seine Spione in Frankfurt unterwegs, palaverten bei den Stapelhäusern mit den Packern, spazierten über den großen Messeplatz und belauschten in den Gasthäusern nahe dem Römer die Gespräche der Fernhändler. Hatten sie einen Kölner ausgemacht, so wurde der Kaufherr ausgekundschaftet, nichts blieb den Heimlichen verborgen, und bald schon erfuhr der Raubritter draußen in seinem Versteck das Wer und Wohin, vor allem aber wusste er den ungefähren Wert der Waren und die Stärke des Begleitschutzes. Frankfurt war das Herz, von hier gingen die Handelsstraßen wie Adern hinaus in die Ferne; doch rundum, sei es im Spessart, im Taunus oder in östlicher wie westlicher Richtung, überall lauerte der von Berlichingen mit seinen Männern. Wehe den noch arglosen Kölnern!
Die Kolonne mit neun Planwagen verließ Frankfurt Anfang Juli durch das nördliche Stadttor. Vornweg ritten vier Bewaffnete, an jeder Flanke patrouillierten drei leicht gerüstete schnelle Reiter, und dem letzten Wagen folgte der Kaufherr mit drei Dienern, dicht hinter ihnen bildeten erneut vier Bewaffnete die Nachhut.
Gegen Mittag stieg die Straße an, Peitschen knallten über die Rücken der Ochsen, Wagenräder ächzten, langsam quälte sich der Zug hinauf in die dichten
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