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Riemenschneider

Riemenschneider

Titel: Riemenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Wälder des Taunus.
Unbemerkt vom Kaufherrn und der Eskorte, fand sich gefährliche Gesellschaft ein und begleitete von nun an die Kolonne im Schutz des Unterholzes. Die Lautlosen überprüften noch einmal die Frachtwagen und die Stärke der Schutztruppe. Wenig später erstattete einer der Späher tiefer im Wald seinem Ritter Bericht und schloss: »Wenn Ihr mich fragt, Herr. So haben wir leichtes Spiel. Unsere Armbrustschützen töten die Eskorte aus dem Hinterhalt. Und wir nehmen uns den Pfeffersack und seine Fracht. Ganz einfach.«
»Ich frage dich aber nicht …« Götz unterbrach, er verzog das Gesicht, schob die Linke unter dem gesteppten Rock nach hinten und kratzte sich, so gut es möglich war, in der Kerbe seines Hinterns. Seit er wieder über Wochen und Monate im Sattel verbrachte und Wasser allein gegen den Durst nutzte, hatte ihn der Juckreiz ärger noch als gewöhnlich in dieser Körpernische befallen, den er nur durch Kratzen bis hin zum Schmerz lindern konnte.
Erst nach wildem Aufstöhnen wandte sich Götz wieder dem Späher zu. »Du bist ein guter Mann. Aber überlasse mir das Denken. Herrgott, sei nicht beleidigt! Neun hochbeladene Planwagen sind nicht einfach zu verstecken. Hast du dir überlegt, wohin mit ihnen? Na, jetzt siehst du, wo es bei dir fehlt. Denn dafür braucht ihr Kerle euren Ritter.« Götz straffte die Brust und rückte sein Schwertgehänge zurecht. »Sag allen, dass der Wagentreck ungestört weiterziehen soll. Aber lasst ihn mir nicht aus den Augen, auch nicht in der Nacht. Ihr begleitet die Kölner, bis ich Nachricht gebe. Und falls irgendeine Räuberbande sich den fetten Braten schnappen will, dann verjagt sie oder schlagt sie tot. Die Beute gehört uns.«
Ein Griff zum Sattelhorn, nur kurz berührte der Fuß den Steigbügel, und Götz saß im Sattel. Sein Knappe, der Schreiber und zwei Knechte sollten ihn begleiten. Weit dem Wagentreck voraus, bogen sie auf die Handelsstraße ein und gaben den Pferden die Sporen. Am frühen Nachmittag gelangte der kleine Trupp ans Tor der Burg von Kronberg. »Hier steht Ritter Götz von Berlichingen. Meldet ihn seinem lieben Freund Philipp von Kronberg.«
Die Begrüßung war herzlich, nach den Höflichkeiten und einem Willkommenstrunk berichtete Götz von seiner Fehde und den neun Frachtwagen. »Schätze, dass sie spätestens morgen Mittag durch Euer Gebiet fahren. Erlaubt mir, bester Freund, dass ich den ganzen Zug in den Ort hinein führen darf, und bereitet mir die Freude, dass Ihr ihn schützt, bis ich die Ware verkauft habe.«
Schwer erhob sich der gebrechliche Burgherr, tappte unschlüssig hin und her, fahrig strich er die silbrigen Haarsträhnen aus der Stirn. »Früher haben wir Seite an Seite so manchen Kampf durchgestanden. Ich verdanke dir sogar mein Leben. Keine Bitte kann ich dir abschlagen. Aber, sei ein guter Junge, bitte bedenke mein Alter!« Er erinnerte Götz daran, dass seit Jahren schon der Ewige Landfriede von König und Fürsten beschlossen war, dass jede Fehde bei Strafe untersagt sei. »Wenn es das Unglück will, belagern nicht nur die Kölner Truppen, sondern auch die Landsknechte von König Max meine Burg. Und ob ich dazu noch die Kraft habe? Weißt du, das Herz …«
Götz sprang auf. »Genug. Ich ahnte ja nicht … Nein, vergesst meine Bitte! Dieser Belastung dürft Ihr nicht ausgesetzt werden.« Er runzelte die Stirn, vergaß über das Grübeln jede Höflichkeit, nahm sich selbst vom Wein und goss ihn mit großen Schlucken in den Schlund. Als Antwort quoll aus der Tiefe seines Leibes ein Rülpsen herauf. Wenig später entfachte Glitzern die Augen. »Darf ich fragen, lieber Freund?« Er geleitete den Greis durch den Saal zum Fenster. »Wenn ich richtig unterrichtet bin, führt die Straße weiter nach Königstein. Wie steht Ihr zu Eurem Nachbarn?«
»Der Graf? Ein ehrenwerter Mann. Wir pflegen ein sehr freundschaftliches Verhältnis miteinander.«
»Sehr gut.« Götz lehnte sich mit dem Rücken an die aus rotem Stein gemauerte Wand. »Und Euer Freund ist auch mein Freund«, murmelte er vor sich hin und betrachtete, in Gedanken vertieft, seine Eisenhand, bog den Daumen nach innen, den Zeigefinger, der Mittelfinger folgte.
Bei jedem Knack der Zahnräder schreckte der Burgherr zusammen. »Dies ist gewiss ein Meisterstück«, lobte er und wagte nur flüchtig hinzusehen.
Unvermittelt schlug der Raubritter auf die Armstulpe. Das harte Schnappen der aufspringenden Finger, ließ den Greis zwei Schritt zurückweichen. Götz

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