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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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blieb er in den Büschen stehen, von wo aus er den Haupteingang im Blick hatte. Nach kaum zwei Minuten waren die Handtaschen unterwegs. Aufgeregt rannten sie zu Florians Büro, und als sie es abgeschlossen vorfanden, telefonierten sie, anscheinend erfolglos, dann suchten sie Marquardts Büro auf, wo sie genauso steif und ratlos vor der abgeschlossenen Tür |319| verharrten. Um das zu sehen, war Thomas ihnen gefolgt. Damit waren die Beziehungen klar, aber noch fehlten die Inhalte. Was verband sie miteinander? Hatte Alexandra etwas begonnen, was die beiden jetzt fortsetzten?
    Er jedenfalls eilte zum Hörsaal, in dem die Vorlesung über Wassermanagement stattfand. Das Thema konnte in Zukunft für ihr Weingut wichtig werden.
    In seiner Einleitung stellte der Vortragende noch die Folgen des Klimawandels mit extremen Wetterphänomenen heraus wie lokale Starkregen oder extreme Dürre. Nach dem Bundesbodenschutzgesetz war künstliche Bewässerung seit dem Jahr 2002 erlaubt. Es gehe aber nicht um das Vollpumpen der Trauben mit Wasser, um höhere Gewichte und Verkaufserlöse bei Trauben zu erzielen, sondern darum, gefährliche Schwankungen auszugleichen, die Rebstöcke unter Stress setzen würden, was sich in der Qualität zeige. Die Weinrebe benötigte je nach Sorte für ein gesundes Wachstum circa vierhundert Millimeter Niederschlag. Wichtig war in diesem Zusammenhang die Analyse des Bodens, seine Fähigkeit, Wasser zurückzuhalten, zu speichern oder zu leiten. Das hatte Thomas sich für das nächste Jahr vorgenommen.
    Eine schematische Darstellung vom Aufbau einer Tropfbewässerungsanlage wurde gezeigt, und wo Winzer ihr Wasser beziehen konnten und wie es sich transportieren ließ. In dem Zusammenhang kam die Rede auf Wasserqualität und den Nitratgehalt. Fünfzig Milligramm pro Liter im Trinkwasser galten als Grenzwert. Bei der Bewässerung war er kein Thema, er wurde einfach bei der Düngerberechnung einkalkuliert. Technische Einrichtungen wurden vorgestellt wie auch Modelle, denn Israel war aufgrund seines Klimas führend auf dem Gebiet. Die Rede war von druckkompensierenden Schläuchen und elektrischen Membranventilen, die das Signal zur Öffnung von einem Computer erhielten. Nötige Investitionen wurden kalkuliert, Kosten, die als sehr |320| hoch schockierten, dann aber bei einer Anlage, die auf den Betrieb von dreißig Jahren ausgelegt war, sich relativierten.
    Nach fünf Minuten bereits war Thomas wieder in die Welt des Weinbaus eingetaucht. Er dachte nicht mehr an Kapuzen oder Staatsanwälte, die Rosa Handtaschen saßen in einem anderen Hörsaal, Florian und das Scheusal Vormwald befanden sich auf einem anderen Planeten, und er selbst war endlich auf der Erde angekommen, auf seiner Erde, auf der er, sein Vater und Manuel Weinstöcke pflanzen wollten. Doch als die Vorlesung beendet war und er sich im Strom der Zuhörer nach draußen treiben ließ, kam die Wirklichkeit umso härter zurück. Es wurde Zeit, dass der Fall Manuel Stern und Alexandra Lehmann zu einem Ende kam. Sie konnte nicht wieder zu neuem Leben erweckt werden, aber zumindest konnte Manuels Unschuld bewiesen werden.
     
    Regine betrat eine Stunde nach ihm die Wohnung. Sie aßen zu Abend: Fettuccine mit viel Knoblauch und Pilzen, und das Gefühl, zu Hause zu sein, stellte sich wieder ein. Als Regine sich über die chauvinistischen Seiten ihres neuen Exfreundes ausgelassen hatte, wurde sogar ihr das zu viel, und sie schlug vor, die Dauerweinprobe der Ersten Gewächse fortzusetzen.
    Die Weine waren jetzt vier Tage offen, alle Eigenschaften waren noch vorhanden, auch wenn sie verblassten, waren sie trotz des Abstiegs gut trinkbar. Sollte man einen besonderen Riesling genauso wie einen großen Bordeaux dekantieren?
    »Es kommt auf sein Alter an, aber wir werden es ausprobieren«, sagte Regine zufrieden, »wie alles andere auch.«

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    Der Raum war bis auf den letzten Platz besetzt, Johannas Vorlesungen wie auch ihre Vorträge außerhalb des vorgeschriebenen Lehrplans waren gut besucht. Sie freute sich über das Interesse. Sogar Kollegen waren erschienen, um sich über die Maßnahmen zur Senkung des CO 2-Ausstoßes zu informieren. Darüber freute sie sich am meisten, denn es signalisierte ihr, dass sie in diesem Kreis akzeptiert war. Manche der Lehrkräfte arbeiteten schon mehr als zwanzig Jahre hier und würden bis zur Pensionierung bleiben, ohne dass die Qualität der Lehrinhalte darunter litt, was man von der Umstellung von Diplom- auf

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