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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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Masterstudiengänge nicht behaupten konnte. Ähnlich verhielt es sich mit dem Unsinn der Pfälzer Landesregierung, der FH die Landesmittel zu streichen, um sie in einen von ihr kontrollierten Lehrbetrieb zu investieren. Da hatte die Pfälzer Wein-Lobby geschraubt, getrieben von Engstirnigkeit und persönlichem Ehrgeiz.
    Den Stromanschluss für ihr Laptop fand Johanna an der Wand hinter sich in der rechten Ecke. Sie schaltete es ein und wartete, dass der Rechner hochfuhr, dann verband sie ihn mit dem Beamer, der die Bilder ihrer Präsentation an die Wand projizieren würde. Sie klickte das Feld »Eigene Dateien« an und wollte zur Datei »Frankreich« wechseln – da war keine Datei »Frankreich«. Ihr wurde heiß. Sie suchte in anderen Dateien, sie nahm das Suchprogramm zur Hilfe, doch was sie auch tat, eine Datei »Frankreich«, |322| in der sie die Präsentation gespeichert hatte, fand sich nicht. Zu der Hitze kam noch ein Schuss Übelkeit dazu, sie blickte auf und sah in vierzig wartende Gesichter. Jetzt brach ihr der Schweiß aus. Sie blamierte sich nicht nur vor Studenten, die Blamage vor den Kollegen wog fast schwerer. Dabei war sie den Vortrag und die Präsentation vorhin extra noch einmal durchgegangen und hatte gesehen, dass alles in der richtigen Reihenfolge war. Hatte sie die Datei dabei gelöscht? Vorsichtshalber sah sie im »Papierkorb« des Rechners nach – der war absolut leer, den musste ein Fremder ebenfalls gelöscht haben. Ihre Gedanken überschlugen sich, das Auditorium wartete. Thomas saß in der ersten Reihe und hatte bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Er kam zu ihr.
    »Jemand muss meinen Vortrag auf dem Rechner gelöscht haben«, flüsterte sie.
    »Dann sprechen Sie eben frei, anschaulich und in Bildern. Zeigen Sie es der Bande, Sie können das. Tun Sie, als ob Sie das so geplant hätten. Gönnen Sie dem Löscher nicht die Genugtuung.« Er zwinkerte ihr zu und ballte die Faust.
    Was hatte der Junge an sich, dass er ihr immer wieder Mut machte, dass sie durch ihn Zuversicht gewann? Thomas lächelte sie an, und sie fühlte sich sicher.
    »Es gibt eine Weinregion in Europa, die sich bereits im Jahr 2003   Gedanken über ihre Klimabilanz machte.« Mit diesen Worten begann Johanna ihren Vortrag. »Im Anschluss daran wurde ein Klimaplan entwickelt, der für künftige Generationen vorsorgt. Ich spreche von der Champagne, inzwischen ist auch Bordeaux gefolgt. Nur – wo bleibt Deutschland? Der Plan, den uns unsere französischen Nachbarn voraushaben, die andererseits in der Frage der Atomenergie ganz hinten sind (der Seitenhieb musste sein), umfasst eine Reihe von Forschungsprogrammen und Entwicklungsprojekten. Mehr als vierzig Aktionen wurden begonnen. Viele von ihnen überschneiden sich mit Maßnahmen in unserem Land wie zum |323| Beispiel Wärmedämmung an Gebäuden, energiesparenden Anlagen, Praktiken beim Weinbau und der Weinbereitung sowie die Verwendung anderer Flaschen und einer Optimierung der Transportwege   ...«
    Johanna sah zu Thomas hin, seine Anwesenheit motivierte sie, und sie sprach weiter   ...
    Das heftige Klopfen auf die Tische nach anderthalb Stunden belohnte sie für ihren Vortrag. Kollegen kamen nach vorn, um ihr die Hand zu schütteln. Erst jetzt bemerkte sie, dass sowohl Professor Marquardt wie auch Florian bis zum Schluss zugehört hatten. Aber sie hatten weit auseinander gesessen und verließen den Hörsaal, als hätten sie sich nichts zu sagen.
     
    Thomas wartete neben ihrem Auto und fragte sie, ob sie nach Bingen fahre, dann käme er mit. »Morgen ist Freitag, da verschwinden alle nach dem Mittagessen. Ich bin auch weg, Regine kommt endlich mit.«
    Johanna sah ihm an, wie er sich darüber freute. »Auch mein Besuch ist überfällig«, sagte sie, »ich habe Ihnen meine Vorschläge noch nicht gezeigt. Es kommt so viel dazwischen.«
    »Sie kommen zur Siegesfeier, wenn wir Manuel draußen haben.«
    »Zeichnet sich was Konkretes ab?«
    »Der Staatsanwalt hat angebissen, jetzt muss Sechser den Hintern hochkriegen, das heißt ermitteln, da hat auch Ihr Telefonat mitgeholfen, und das freut mich. Aber wir reden besser bei Ihnen weiter, ja?«
    Sie hatten sich abgesprochen, nach Verlassen der Fähre auf zwei verschiedenen Wegen zu Johannas Wohnung zu fahren. Sie war schneller zu Hause und beobachtete vom Balkon aus Thomas’ Ankunft. Sogar von hier oben war die Schramme an der Fahrerseite zu sehen. Aber gefolgt war ihm heute niemand. Sie bereitete eine große Kanne Tee zu, |324|

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