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Riesling zum Abschied

Riesling zum Abschied

Titel: Riesling zum Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
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deutlich machen, dass er nicht einer seiner Angestellten bei der CWML war. Für die Angestellten der Chemischen Werke Mannheim-Ludwigshafen mochte Befehl und Gehorsam gelten, aber nicht für ihn. Über die Funktion seines Vaters in dem Laden hatte Manuel nie reden wollen. »Ganz oben   ...«, war alles, was er dazu gesagt hatte.
    »Sie werden sich das so anhören, wie ich es für richtig halte. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie aus der Presse erfahren wollen, was Ihrem Sohn zugestoßen ist!« Stern schwieg in der folgenden Pause, also hatte er begriffen. »Das Mordopfer ist eine Kommilitonin aus dem Studiengang Internationale Weinwirtschaft, sie kannten sich seit   ...«
    Während Thomas, jetzt wieder verbindlich, das weitergab, was er für wichtig hielt, achtete er peinlich darauf, von seinen Spannungen mit Alexandra nichts durchschimmern zu lassen. Stern könnte ihn da womöglich mit hineinziehen, um den Sohn zu entlasten.
    »Und was soll ich tun? Was erwartet mein Sohn von mir? Soll ich meine Beziehungen, auf die er sonst einen Dreck gibt, für ihn spielen lassen und ihn da rausholen?«
    Was ist das für ein Mensch da am anderen Ende der Leitung?, fragte sich Thomas. Nicht ein Wort des Bedauerns, nicht einmal der Ausdruck von Bestürzung kommt über seine Lippen, einen Apparatschik würde Philipp ihn nennen, Thomas dachte daran, aufzulegen. Wozu soll ich den Alten bitten, einen Rechtsanwalt zu bezahlen, wo hier viertausend Euro rumliegen? Aber Thomas zweifelte, dass der Betrag ausreichte. Er kannte die Preise der Verteidiger nicht.
    »Manuel hat mir lediglich aufgetragen, Sie zu bitten, einen Rechtsanwalt zu besorgen. Wenn Sie nicht wollen, dann werde ich mich selbstverständlich darum kümmern.«
    »Ist Anklage erhoben?«
    »Das weiß ich nicht. Er wurde erst vor Kurzem abgeholt.«
    |96| »Von wem? Welche Dienststelle? Welches Kommissariat? Welcher Beamte?«
    Ein Wort wie »bitte« existierte anscheinend in der Welt des Herrn Stern nicht. In welchen Sphären lebte der Mann? Kannte er nur Sitzungssäle und die First Class Lounge auf dem Frankfurter Flughafen? Umgeben von Lakaien, belauert von Leuten, die auf seinen Posten geil waren? Reiß dich zusammen, sagte er sich, bleib cool, du sprichst mit dem Vater, um dem Sohn zu helfen.
    »Man bringt ihn nach Wiesbaden ins Präsidium, da führt man ihn dem Haftrichter vor, der entscheidet dann   ...«
    »Wie heißt der?«
    »Der Hauptkommissar heißt Sechser, der ermittelt   ...«
    »Wie heißt der Staatsanwalt?«
    »Das weiß ich nicht, noch nicht   ...«
    Stern schnitt ihm das Wort ab. »Um alles Weitere kümmere ich mich. Betrachten Sie Ihre Bemühungen um meinen Sohn damit als beendet. Wenn Sie Auslagen hatten, wenden Sie sich an mein Büro.« Ohne ein weiteres Wort wurde die Verbindung unterbrochen.
    Thomas kam sich vor wie ein Idiot. Er rief noch einmal bei der Zentrale von CWML an und erfuhr, dass der Vorstandsvorsitzende des Konzerns ein gewisser Stern sei. Auf der Spitze eines Berges wird es verdammt kalt und einsam sein, dachte Thomas.
     
    Regine kam spät nach Hause. Sie war entsetzt, als Thomas ihr von den jüngsten Ereignissen berichtete. Er erzählte ihr alles haarklein. Nur das mit dem Schlüsselbund verschwieg er. Weshalb? Der Grund dafür war ihm nicht klar, aber er hielt es für besser. Dann zeigte er ihr das Geld, ohne von seinem Verdacht, für den er sich fast schämte, zu sprechen. Wozu Regine auf dumme Gedanken bringen?
    Ohne jeden Übergang heulte Regine los. Thomas war fassungslos, denn er hatte nie zuvor bei ihr eine Träne gesehen. |97| Damit konnte er überhaupt nicht umgehen, und mit hängenden Armen stand er vor ihr. Für alles hatte sie eine Lösung, jedes Problem musste nur analysiert und dann angepackt werden. »Man muss das praktisch sehen«, war ihr Standardsatz, gefolgt von einem Achselzucken. Die harte Schale hatte sie sich zugelegt, um mit ihrem Vater umgehen zu können und sich von der Mutter, einer notorischen Ja-Sagerin abzusetzen. So erklärte Thomas sich ihre Art. Und jetzt plötzlich Tränen?
    »Ich stelle mir nur vor, wie er da heute Abend in der Zelle sitzt, eine Pritsche, hoffentlich eine Decke, mehr geben sie ihm nicht. Und allein«, brachte sie schluchzend hervor. »Was kriegen die da eigentlich zu essen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Thomas, und als er ihr tröstend mit der Hand über das zu einem Pferdeschwanz gebundene Haar streichen wollte, schüttelte sie ihn heftig ab. Das war dann doch der Sentimentalität zu

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