Riley - Die Geisterjägerin - Noël, A: Riley - Die Geisterjägerin - N.N. 3 (nach "Radiance" - The Riley Series)
Luft. Solche Details interessierten ihn offensichtlich nicht.
»Ich meinte die letzte Sekunde davor. Was geschah direkt vor dem Aufprall?« Er starrte mich unverwandt an.
Ich hielt einen Moment inne und überlegte – zumindest gab ich vor, darüber nachzudenken. In Wahrheit hatte ich diese Szene so oft in Gedanken wiederholt, dass sie immer abrufbereit war. Aber ich zögerte, ihm davon zu erzählen, denn ich wusste, dass ich ihm damit ein perfektes Szenario bieten würde, das er gegen mich verwenden konnte. Aber dann erzählte ich es ihm dennoch. Ich dachte mir, dass ein wenig Offenheit von meiner Seite sein Vertrauen zu mir fördern könnte. Zumindest hoffte ich das.
»Ich stritt mich gerade mit meiner Schwester.« Ich sah ihn offen an. »Mein Dad schaute in den Rückspiegel. Die beiden tauschten einen Blick, und dann, ein paar Sekunden später, tauchte das Reh auf, und … das war’s. Es ging ziemlich schnell.«
Satchel nickte, so als hätte er gerade seinen Standpunkt bewiesen. »Siehst du? Du hast ihn abgelenkt.« Er zog seine blassen Augenbrauen hoch und schenkte mir ein grauenvoll triumphierendes Lächeln.
»Willst du damit sagen, dass es meine Schuld war?« Ich versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen und den langsam in mir hochsteigenden Zorn zu unterdrücken. »Ich meine, willst du tatsächlich mir die Schuld dafür geben, was meiner Familie zugestoßen ist?«
Satchel betrachtete eingehend seine Fingernägel. Er hatte alles gesagt, was er hatte sagen wollen. Der Schaden war bereits angerichtet.
»Vielleicht müssen manche Dinge so sein. Vielleicht müssen sie einfach passieren, was auch immer sonst geschieht. Hast du jemals darüber nachgedacht?« Ich sah ihn wütend an und dachte daran, wie meine Schwester Ever sich gequält hatte, weil sie sich die Schuld für unseren Tod gegeben hatte. Und daran, wie ich sie endlich von all den Dingen überzeugen konnte, die ich gerade gesagt hatte, und wie diese Worte sie ein klein wenig befreit hatten, auch wenn sie immer noch nicht hundertprozentig davon überzeugt war.
Aber Satchel blieb davon unbeeindruckt. Er weigerte sich, die Dinge so zu sehen, wie ich es tat.
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht«, erwiderte er. »Eines weiß ich ganz genau: Die Träume, die ich webe, wecken die Menschen auf. Meine Träume helfen den Leuten zu begreifen, wie klein, verletzlich und zerbrechlich sie in Wahrheit sind. Und sie machen die Menschen vorsichtig. Sie bringen sie dazu, ein zweites Mal über alles nachzudenken. Und diese Kinder sind nicht unschuldig, auch wenn du das glauben magst. Dieses Mädchen, das von den Krokodilen gefressen wurde …« Er warf mir einen Blick zu. »Sie hat in der Nähe des Sumpfes Dinge mit ihrem Freund getan, die sie nicht hätte tun dürfen. Und das wusste sie genau. Schlimme Dinge. Gefährliche Dinge. Dinge, vor denen ihre Eltern sie gewarnt hatten.
Aber jetzt, nach meinem Traum, wird sie noch einmal über ihr Handeln nachdenken. Und sie wird so etwas nicht wieder tun.« Er grinste selbstzufrieden. »Und diese Jungs im Park?«, fuhr er fort. »Sie hängen dort fast jeden Abend herum, trinken, rauchen und prügeln sich. Ich habe der ganzen Gang einen Traum geschickt, und ich kann dir hundertprozentig garantieren, dass sie Todesangst haben werden, sobald sie sich einander anvertrauen, sich austauschen und feststellen, dass sie alle die gleichen Bilder gesehen haben. Sie werden sich zu Recht so sehr fürchten, dass sie mit all diesem Unsinn aufhören werden, sich nicht mehr selbst kaputtmachen und auch andere nicht mehr ins Unglück stürzen werden und ein besseres Leben führen werden. Und wenn nicht, werde ich sie jagen und zur Strecke bringen. Ich werde meine Träume ausschließlich für sie gestalten, bis sie es begreifen oder frühzeitig im Hier und Jetzt landen – was auch immer zuerst kommt. Und das gilt auch für alle anderen. «
Er legte eine Pause ein und gab mir die Möglichkeit, darauf zu antworten, aber ich schwieg.
»Ich erledige hier gute Arbeit, Riley. Eine Arbeit, für die ich belohnt werden sollte. Aber manche Leute sind einfach zu kurzsichtig, um den Wert darin zu sehen. Du hast Glück, dass du mich getroffen hast, weißt du. Du magst ja bereits tot sein – das kann ich dir nicht ersparen – , aber du bist leichtsinnig. Du hältst dich für schlauer, als du bist. Du glaubst, du wüsstest mehr als alle anderen.
Und vielleicht bin ich hier, um dich vor dir selbst zu retten. Denk mal darüber nach.« Er lachte,
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