Riley Jenson 02 - Wächterin des Mondes
überstehen, denn ihm ist weder klar, dass du oder andere Leute der Abteilung von Gautier wissen. Im Labor erhielt die Frau den Namen Claudia Jones, aber ich habe keine Ahnung, wie sie sich in der Abteilung nennt.
Die andere Identität, die er benutzt, sieht aus wie Deshon Starr. Er leitet das Kartell, das den Hafen kontrolliert und die Innenstadt von Melbourne als sein Hoheitsgebiet betrachtet. Er ist rücksichtslos und kennt keine Moral. Er arbeitet mit einer sehr abgeschotteten Gruppe, zu der nur selten jemand von außen hinzustößt und das auch nur nach intensiver Prüfung. Aber ich habe eine Schwachstelle entdeckt: Deshon mag Männer, und am liebsten hat er gleich eine ganze Schar zur Verfügung. So könnte die Abteilung an ihn herankommen. Die andere Möglichkeit sind seine beiden Leutnants. Ihre Fähigkeiten wurden im Labor verbessert – ein Gebiet, mit dem sich das Kartell seit über vierzig Jahren beschäftigt. Es sind keine Klone, keine Mischlinge, die im Labor entstanden sind, sondern Menschen, mit denen man seit ihrem Fötenstatus verschiedenste Versuche angestellt hat. So hat man ihnen unter anderem die DNS von Gestaltwandlern eingesetzt, um ihre Reflexe und ihre Sinneswahrnehmung zu steigern. Aufgrund dieser Experimente ist ihr Sexualtrieb überaus stark entwickelt. Sie brauchen jeden Tag Sex, und sie jagen Frauen wie Haie. Auch Liebhaber werden überprüft, allerdings nicht so sorgfältig, weil sie sich meist nicht lange halten. Der Mann, der dich in der Zuchtstation missbraucht hat, war Alden Merle. Der andere ist Leo Moss. Von den beiden ist Merle wahrscheinlich der Vernünftigere, aber das sagt nicht viel. Beide Männer sind extrem gefährlich und leben abgesehen von Sex nur für Deshon und das Morden.
Ich muss dir noch etwas sagen. Lange Zeit war die Gier nach Erfolg das einzige Gefühl, das ich kannte. Dann bin ich dir begegnet.
Ist es Liebe, wenn man den Wunsch, nein die Notwendigkeit verspürt, um jeden Preis mit einer bestimmten Person zusammen sein zu wollen? Macht die Liebe einen wütend, wenn man diese Person mit jemand anderem sieht? Bewirkt die Liebe, dass man sich danach sehnt, diese Person festzuhalten und ihr Worte zuzuflüstern, die einem fremd und seltsam vorkommen? Bringt die Liebe einen dazu, sich etwas zu wünschen, das man niemals haben kann?
Ich weiß es nicht, Riley. Ich habe in all den Jahren nie gehört, dass jemand von einer solchen Kraft gesprochen hätte.Was immer diese Kraft ist, ich empfinde sie für dich. Wir wären ein gutes Paar gewesen.
Ich schloss die Augen, denn mir kamen die Tränen. Als er noch lebte, hätte ich ihm diese Worte vermutlich nicht abgenommen, aber nach seinem Tod blieb mir keine andere Wahl. Er hatte bewiesen, dass er es ernst meinte, denn er hatte mir oder vielmehr der Abteilung die notwendigen Informationen und den Namen gegeben. Das hätte er nicht tun müssen.
»Riley, hast du gehört, was ich gesagt habe?« Bei Jacks Frage zuckte ich zusammen. Ich holte tief Luft und drehte mich herum. »Nein. War es etwas Wichtiges?« »Teufel, nein. Ich höre mich nur selbst so gern reden.« Er deutete auf den freien Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setz dich und hör mir gefälligst zu.«
Als ich den Raum durchquerte, begegnete ich dem Blick meines Bruders. Er schien mich zu verstehen, schien zu wissen, was ich fühlte. Wahrscheinlich war das auch so. Zwischen uns bestand keine spezielle Verbindung, die mit unserem Zwillingsdasein zu tun hatte. Wir waren nicht telepathisch verbunden, aber wir spürten meistens, wenn der andere litt. Als ich mich setzte, nahm er meine Hand und drückte sie leicht.
»Auf seine ganz eigene seltsame Art hat er dich gemocht.« Ich lächelte. »Ich weiß.« »Können wir bitte wieder zur Sache kommen, Leute?« Jack starrte uns einen Moment missbilligend an, dann fuhr er fort. »Es gibt wie gesagt zwei Personen, auf die Mishas Beschreibung passt. Der eine ist Frank Margagliano und der andere Deshon Starr. Beide Männer haben in den letzten Jahren scheinbar diverse Wandlungen durchgemacht …« »Es ist Deshon Starr.« Ich zog den Brief aus der Tasche und reichte ihn Jack.
Er hob eine Braue, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und las. »Nun«, sagte er nachdenklich, nachdem er fertig war. »Das ist jedenfalls sehr hilfreich.« Er lächelte schwach. »Außerdem bin ich froh, dass es Deshon ist. Ich hatte auf ihn getippt.« »Misha hat uns eine Möglichkeit gezeigt, wie wir an ihn herankommen können.« Er musterte
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