Ring frei fuer die Liebe

Talli noch Trevor widersprachen, denn Dessi hatte nicht ganz unrecht. Sie trugen beide knöchellange marineblaue Daunenmäntel, die sie sich extra für diese Gelegenheit vom Schlossgärtner geliehen hatten.
    »Das sieht wirklich schrecklich aus«, bekräftigte India und musterte Talli vom Kopf bis zu den Moonboots.
    Trevor protestierte energisch. »Ihr denkt gleich anders, wenn wir auf dem Nachhauseweg liegenbleiben und eine Woche in einem selbstgebauten Iglu auf dem Seitenstreifen verbringen müssen, bis irgendein Schneepflug uns ausgräbt.«
    »Wo ist Mum? Wo ist sie? Sie müsste doch längst hier sein.«
    »Süße, musst du mal?«
    Da. O. Mein. Gott.
    Die Erscheinung, die, von Kopf bis Fuß in einen weißen Skioverall gekleidet, mit einem riesigen Webpelzhut auf dem Kopf, dazu passend das Gesicht eines dreißigjährigen Hollywood-Sternchens, auf sie zugeschwebt kam, war ihre Mutter. Sie sah unglaublich aus. Wunderschön. Wie eine Frau, die für den Jetset geboren war und dazu erkoren, ein Vermögen auszugeben und sich nur mit den edelsten Dingen zu umgeben.
    Der marineblaue Schlafsack auf zwei Füßen brach in Tränen aus.

40. Kapitel
    @zacminxundlenastantedottie
Jede Geschichte im Tierreich hat zwei Seiten, und man sollte niemals die Version einer gewöhnlichen auf merksamkeitsheischenden Kuh glauben. #Folgtmir Dot.
    »Tante Dottie, ich freue mich über deine Unterstützung, aber du musst endlich aufhören, diese Tweets zu schreiben. Vor allem, nachdem du deinen Namen so geändert hast, dass meiner auch darin vorkommt. Jeder weiß, weshalb du das getan hast.«
    Dot Parker verschränkte die Arme vor der Brust und riss unschuldig die Augen auf. »Sei nicht so empfindlich, Junge. Ich gebe nur meinen großen Erfahrungsschatz weiter, das ist alles. Eine Frau in meinem Alter hat nun mal im Laufe der Jahre eine Menge gelernt.«
    Es machte keinen Sinn zu widersprechen. Er selbst twitterte nicht, aber Lena hatte ihn diese Woche schon zweimal angerufen, um ihm zu berichten:
    @zacminxundlenastantedottie
Die Wahrheit wird ans Licht kommen – aber nicht in einem doppelseitigen Artikel in einer Sonntagszeitung während du irgendwelche Glitzereinlagen trägst, um deine Brüste aufzumotzen. #FolgtmirDot.
    Und:
    @zacminxundlenastantedottie
Lieber Weihnachtsmann, wo finde ich das perfekte Geschenk für eine ehemalige Freundin der Familie? Und wie packe ich einen Lügendetektor ein? #Folgt mirDot
    Die Presse machte vage Anspielungen über die Bedeutung dahinter, die Menge an Dots Twitter-Followern hatte sich nahezu verdoppelt, und auf der Website von Lovin’ Essex waren die Shirts mit der Aufschrift #FolgtmirDot nahezu ausverkauft.
    Zac fuhr den Mitsubishi rechts ran und wartete, während Dot Ena kurz auf dem Handy anrief, um ihr zu sagen, dass sie vor ihrem Haus standen.
    »Sie ist in einer Sekunde da«, sagte sie. »Ah, ich sehe sie schon.«
    Zac sprang aus dem Wagen, war im Nu bei Ena und nahm ihr den riesigen Koffer ab, den sie hinter sich herzerrte.
    »Was hast du denn da drin, Ena? Du bleibst doch nur für eine Nacht.«
    »Weißt du, Junge, ich habe den Krieg miterlebt …«
    »Ena, du bist erst nach dem Krieg geboren.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch und bedachte Zac mit einem vernichtenden Alte-Damen-Blick. Den benutzte Tante Dottie auch immer, mit Vorliebe bei Verkäufern und dem Drogendealer von nebenan.
    »Ich war ja noch nicht zu Ende. In Kriegsfilmen, wollte ich noch sagen. Da geht es ständig darum, auf alles vorbereitet zu sein.«
    Zac zog es aus gesundheitlichen Gründen vor, nicht mehr zu widersprechen. Er hievte den Koffer in den Laderaum und half Ena anschließend auf die Rückbank.
    »O Gottchen, Ena, was hast du vor? Willst du etwa vierzehn Tage bleiben?«, wiederholte Tante Dottie Zacs Befürchtungen.
    »Sie sagt, sie sei von Kriegsfilmen beeinflusst«, erklärte Zac trocken.
    »Na ja, ich habe diesen Andes-Film gesehen. Ganz egal, wie lange wir einschneien, ich habe nicht vor, mich von Dots Leber zu ernähren.«
    Es war so lange her, seit Zac das letzte Mal richtig gelacht hatte, dass er selbst überrascht war. Dieser Tag wurde wirklich immer bizarrer. Begonnen hatte er am frühen Morgen mit einem Anruf von Dot, die ihm verkündet hatte, dass sie Ena und Minnie zu sich nach Hause eingeladen habe – Jessie war zu Besuch bei ihrem Sohn in Pontefract, dabei bezeichnete sie ihre Schwiegertochter hinter deren Rücken als arrogante Schnepfe –, damit sie, wenn sie einschneiten, wenigstens zusammen Weihnachten