Ring frei fuer die Liebe
mir.«
»Du bist ständig unhöflich«, antwortete sie schulterzuckend.
Er wollte gerade eine böse Bemerkung zurückgeben, als ihm klar wurde, dass sie recht hatte. Es war wie ein Kreislauf. Ihr Job machte ihr Stress, deshalb war sie so zickig. Er hatte gedacht, sie wäre arrogant, und sie deshalb mit Verachtung gestraft. Daraus hatte sie geschlossen, er wäre unhöflich, und sich noch mehr zurückgezogen. Und so weiter.
»Ah, jetzt weiß ich wieder, wo wir sind!«, rief sie plötzlich. »Fahr hier rechts rein.« Er gehorchte und bog in eine Nebenstraße. Draußen war es stockdunkel, aber man konnte am Geruch erkennen, dass sie an der Küste waren. Er rumpelte die Straße entlang und versuchte, den schlimmsten Schlaglöchern auszuweichen.
»Wir hätten diese Straße schon lange ausbessern müssen«, meinte sie entschuldigen, »aber Daddy sagt immer, der schlechte Zustand würde die Leute abhalten, den Weg als Abkürzung zum Strand zu benutzen.«
»Da hat er vermutlich recht.«
Die Buchenhecke rechts neben ihnen endete plötzlich, stattdessen erblickte er ein hohes Eisentor. Dahinter führte ein langer Kiesweg zu einem weißen Bilderbuch-Cottage.
»Das ist Slates«, sagte Talli. »Das Strandhaus von Edwinas Familie.«
Fast wäre ihm ein verächtliches »Strandhaus? Du machst Witze!« rausgerutscht, aber er konnte es im letzten Moment zurückhalten. Er hatte eine einfache Hütte erwartet. Vielleicht auch ein kleines Häuschen. Nicht eine Sekunde hatte er sich ein Haus mit Strohdach und Fensterläden vorgestellt, das aussah wie aus dem Märchenbuch.
»Und das hier ist Beeches«, meinte Talli als Nächstes und zeigte auf das Nachbarhaus von Hänsel und Gretel.
Auch das war unglaublich. Eigentlich war es sogar noch toller, weil es nicht ganz so perfekt war und individueller aussah als das Nachbaranwesen. Es gab kein Tor, nur einen hüfthohen Lattenzaun und dahinter einen gewundenen Steinweg. Die Haustür war rot gestrichen, der Garten war wilder und romantischer als der nebenan.
»Das ist ein Ferienhaus? Und bis auf ein paar Wochen im Jahr unbewohnt?«
»Ja, ich weiß, es ist eigentlich total dekadent.« Talli nickte. »Aber es hat meinen Großeltern gehört, daher würden Mummy und Daddy es niemals verkaufen. Es ist irgendwie Teil unserer Familie.«
Wenn es einer Erinnerung bedurft hatte, wie unterschiedlich ihre Leben waren, dann war es das. Wer hatte schon ein Haus, das fünfzig Wochen im Jahr leerstand? Wenn es ihm gehören würde, würde er jeden Abend herkommen.
Er parkte den Wagen so eng am Zaun, dass Talli die Autotür gerade noch aufbekam.
»Edwinas Stein liegt im Garten.«
Talli stieg aus und ging voran. Nur der Mond schien, aber als sie sich dem Haus näherten, ging ein Licht an und beleuchtete einen schmalen Weg, der seitlich am Haus vorbeiführte. Der weiße Kiesweg endete, dann flackerte eine weitere Leuchte hinter dem Haus auf. Man konnte jetzt eine Rasenfläche mit einem riesigen Baum in der Mitte erkennen und in der Ferne einen kleinen Zaun, der die Wiese vom Strand trennte. Ziemlich genau in der Mitte lag ein länglicher Stein, ungefähr einen Meter lang, dreißig Zentimeter breit und genauso hoch. Perfekt, um darauf zu sitzen und zuzusehen, wie die Wellen ans Ufer schlugen. Zac hatte sich nie für sonderlich romantisch gehalten, aber das hier hatte was.
»Okay, wir müssen versuchen, ihn irgendwie vors Haus zu rollen.«
Tallis Worte kamen kaum bei ihm an, er war viel zu sehr damit beschäftigt, auf das hin und her wogende Wasser zu starren.
»Ich würde jetzt am liebsten da reinspringen. Kannst du das verstehen?« Er sprach den Gedanken laut aus.
»Nein. Es ist nämlich eiskalt. Du würdest einen Kreislaufkollaps kriegen, und ich bin in Wiederbelebung wirklich ganz schlecht.«
Eine vernünftige Antwort. Es war Dezember, die Temperaturen näherten sich dem Nullpunkt des Thermometers, und als hätte der liebe Gott beschlossen, ihre Meinung zu unterstreichen, spürte er auf einmal Regentropfen im Gesicht.
»Himmel, es fängt jeden Moment an zu schütten!«, rief Talli und schob die Ärmel ihrer Lederjacke hoch. »Lass uns die Sache erledigen und uns auf den Heimweg machen. Dann schaffen wir es noch zurück, ehe die Beach Box zumacht. Bist du beeindruckt, dass ich das weiß?«, scherzte sie.
Er musste lächeln. Sie war gar nicht so übel, wenn sie sich mal entspannte. Er positionierte sich auf der anderen Seite des Steins. »Okay, dann lass uns loslegen. Ich schätze, ihn zu rollen
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