Ringwelt 03: Ringwelt-Thron
verbergen und auf diese Weise anschleichen? Oder würde man ihn entdecken? Waren die Vampire zu nah, und würde ihr Geruch ihn überwältigen? Der Duft der Vampirfrau war ihm noch in allzu frischer Erinnerung.
War Flußvolk in der Nähe? Würden sie ihm helfen, wenn er darum bat?
Eine Nebelbank schob sich vor das Panorama. Feiner Nieselregen durchnäßte ihn, und eine Stimme flüsterte in sein Ohr. »Also bist du tatsächlich so stark, wie du geglaubt hast.«
Tegger schnaubte. Eine unbewaffnete Frau. Das war keine Herausforderung gewesen, sondern einfacher Mord. Sein Verstand scheute vor dem zurück, was das sterbende Vampirweibchen ihn über sich selbst gelehrt hatte, und verbiß sich in einem anderen Rätsel. »Wie hast du mich eingeholt, Wisper?«
Schweigen.
Tegger gelangte nach und nach zu der Überzeugung, daß Wisper eine Maschine war. Etwas, das den Fall der Städte überlebt hatte. Und wenn nicht, dann war es ein Wegegeist mit schrecklichen Geheimnissen. Wisper beantwortete keinerlei Fragen über Wisper.
Also stellte Tegger eine andere Frage: »Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Stadt auf das Nest stürzen zu lassen?«
»Nicht, daß ich wüßte«, erwiderte Wisper.
»Mein Vater hat mir eine Geschichte erzählt. Die Städtebauer ließen Blitze durch silberne Drähte fließen. Das nannten sie Energie. Wir könnten sie ausschalten. Wir suchen die Drähte und schneiden sie durch!«
»Schwebeplattformen benötigen keine Energie zum Schweben. Energie wurde nur einmal bei ihrer Herstellung benötigt, danach nicht mehr. Die Plattformen stoßen das Scrith ab, den Boden des Bogens, und das ist der Grund, aus dem sie schweben.«
Also war es unmöglich. Es war von Anfang an unmöglich gewesen. Nicht ohne Bitterkeit sagte Tegger: »Du weißt so viel. Du verbirgst so viel. Bist du ein Ghoul?«
Schweigen.
Entfernung bedeutete nichts für einen Wegegeist. Aber nicht für Ghoule. Was immer Wisper war, auch wenn er so schwer zu fassen war wie ein Ghoul, er war keiner.
Nebelschwaden trieben vorüber, verhüllten und enthüllten. Inzwischen herrschte beinahe völlige Dunkelheit. Durch Lücken in den Wolken sah Tegger hin und wieder blau-weißes Leuchten. Der Bogen, unverändert, unberührt von dem, was auch immer aus Teggers Welt geworden war.
Die Betriebsamkeit unter der Schwebeplattform nahm allmählich zu. Die Vampire erwachten. »Wir sollten nach einem Versteck suchen«, sagte Tegger.
»Ich weiß einen Ort, aber das hilft dir vielleicht nicht weiter.«
»Warum nicht?« fragte Tegger, und ihm wurde bewußt, daß ihm der Schweiß die Arme hinabrann. Ein Gutteil der Nässe stammte vom Regen; trotzdem würde der Geruch alle Vampire im Umkreis eines Tagesmarsches anziehen.
Tegger wartete, und der Nebel wurde von Minute zu Minute dichter. Von Wisper war nichts mehr zu hören. Schließlich kroch Tegger auf Händen und Füßen zum Fluß hinunter. Er zog das Schwert, bevor er ins Wasser watete. Wer wollte schon wissen, was in dem schlammigen Wasser lebte? Falls ein Fisch an ihm vorbeistrich, hatte er vielleicht sein Abendessen.
Tegger hielt inne, als das Wasser ihm bis an den Kilt reichte. Valavirgilins Tuch. Durfte es naß werden?
Er zog das Tuch hervor. Es war ein hauchdünner Stoff, sehr fein gewoben und sehr stark. Der Stoff war so dünn, daß Tegger seine Hand durchschimmern gesehen hatte; jetzt war es dazu zu dunkel. Er hatte das Tuch entdeckt, weil es sich kalt angefühlt hatte; einen Augenblick, nachdem er es in seinen Kilt gestopft hatte, war die Kälte verschwunden gewesen. Während eines halben Tages auf den Beinen hatte er das Tuch vorübergehend völlig vergessen.
Vorsichtig tauchte Tegger eine Ecke ins Wasser.
Das Gewebe löste sich nicht auf. Gut. Aber die obere Ecke des Tuchs, die Ecke, die Tegger in den Fingern hielt, war im gleichen Augenblick genauso kalt wie der Fluß, der seine Beine umspülte.
Er tauchte unter. Wusch sich, rieb sich mit Moos ab, kletterte rasch wieder aus dem Wasser und trocknete sich ab. Das Laufen hatte ihn im Wind und Regen warm gehalten, aber jetzt rannte er nicht mehr. In seinem Rucksack hatte er einen Poncho – und einen Feuerstarter.
Valavirgilins Tuch war eine Leitung für Hitze und Kälte. Was würde geschehen … »Wisper, was, wenn ich eine Ecke von Valavirgilins Tuch ins Feuer halte? Würde es verbrennen? Oder wäre es zu heiß, um es festzuhalten?«
Wisper konnte sich nirgendwo auf dem nackten Schlamm verborgen haben. Teggers Verstand sagte ihm, daß
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