Ringwelt 04: Brennans Legende
Kunst oder Luxus zu verstehen.
Luxus? Ein Pak-Brüter würde Luxus vielleicht zu schätzen wissen, aber er war viel zu dumm, um ihn zu schaffen. Und ein Protektor besaß einfach nicht die dazu notwendige Motivation. Die Wünsche eines Protektors waren ohne Ausnahme mit dem heftigen Bedürfnis verbunden, seine eigene Blutlinie zu schützen.
Kunst? Es gab länger Zeichnungen und Karten bei den Pak, als ihre niedergeschriebene Geschichte zurückreichte. Doch sie dienten dem Krieg. Außerdem erkannte man seine eigenen Schutzbefohlenen nicht an ihrem Aussehen. Sie rochen einfach richtig.
Den Geruch eines Schutzbefohlenen reproduzieren?
Vielleicht wäre Phssthpok auf diesen Gedanken gekommen, hätte das Bild auf Brennans Druckanzug etwas anderes gezeigt. Das wäre ein Konzept gewesen!
Eine Methode, um einen Protektor am Leben und bei geistiger Gesundheit zu halten, lange nachdem seine Blutlinie ausgestorben war. Es hätte die Geschichte der Pak verändern können. Wenn Phssthpok nur imstande gewesen wäre, gegenständliche Kunst zu erkennen …
Doch was sah er auf Brennans Raumanzug?
Auf der Brust befand sich eine Kopie von Salvador Dalis Madonna von Port Lligat. Berge, die über einem ruhigen blauen Meer schwebten, der Gravitation widerstanden, mit glatten, flachen Unterseiten. Eine Frau und ein Kind, beide übernatürlich schön, und Fenster in ihnen. Nichts, mit dem Phssthpok etwas hätte anfangen können.
Eine Sache verstand er allerdings sofort.
Er war sehr vorsichtig mit der Instrumentenkonsole. Er wollte nichts beschädigen, bevor er nicht herausgefunden hatte, wie er dem Schiffscomputer astronomische Daten entnehmen konnte. Als er das Sonnensturm-Frühwarnsystem identifiziert hatte, fand er es überraschend klein. Neugierig fuhr er mit seiner Untersuchung fort. Das Gerät arbeitete mit magnetischen Monopolen.
In einem einzigen gewaltigen Satz durchquerte Phssthpok den interplanetaren Raum zwischen den beiden Schiffen. Er verfeuerte die halbe Gasladung seiner Rückstoßpistole und fand sich damit ab, die nächsten fünfzehn Minuten freien Falls tatenlos abzuwarten.
Er war in Richtung des Frachteis gesprungen. Es würde notwendig sein, den Eingeborenen festzubinden, um ihn gegen die Beschleunigung zu sichern. Bereits die erste oberflächliche Inspektion des fremden Schiffs hatte das Suchgebiet um die Hälfte verkleinert … und jetzt mußte er es aufgeben. Der Eingeborene verfügte möglicherweise über noch wertvolleres Wissen. Trotzdem widerstrebte Phssthpok die Notwendigkeit zutiefst, seinen Gefangenen schützen zu müssen; die Zeit, die er dafür aufwandte, konnte ihn nicht nur das Leben kosten, sondern auch den Erfolg seiner Mission gefährden.
Die Eingeborenen kannten und benutzten magnetische Monopole. Sie mußten über Apparaturen verfügen, um ihn zu entdecken. Phssthpok hatte einen der Ihren gefangen genommen – ein feindseliger Akt. Außerdem befanden sich an Bord seines unbewaffneten Schiffs mehr magnetische Monopole, als es in diesem Sonnensystem insgesamt gab.
Wahrscheinlich waren sie inzwischen längst hinter ihm her.
Sie würden ihn nicht rechtzeitig genug einholen. Ihre Antriebe waren zwar höchstwahrscheinlich stärker – die Gravitation auf GO Target #1-3 betrug etwa das 1,09-fache seiner Heimatwelt –, allerdings verfügten sie sicherlich nicht über Bussard-Ramjets. Lange, bevor die stärkeren Antriebe einen Unterschied bewirken konnten, wäre ihnen der Treibstoff ausgegangen … vorausgesetzt, Phssthpok startete rechtzeitig.
Er bremste, bevor er auf der Frachtsektion aufprallte, setzte den Erweicher ein und schob sich durch die milchige Hülle aus Twing. Er packte einen Handgriff, ohne hinzusehen, denn er wußte genau, wo er war, während seine Blicke nach dem Eingeborenen suchten.
Er verpaßte den Handgriff und schwebte durch den leeren Raum, während sich seine Muskeln in Pudding verwandelten und zu schmelzen schienen.
Der Eingeborene hatte das Netz durchtrennt und bewegte sich matt zwischen den Wurzeln. Sein Bauch war zu einer harten, aufgeblähten Kugel angeschwollen. Er schien das Bewußtsein verloren zu haben.
Mit einer Art von befremdeter Wut dachte Phssthpok: Wie soll ich nur mit meiner Arbeit fertig werden, wenn sie ständig die Regeln ändern?
Hör auf damit. Du denkst ja schon wie ein Brüter. Ein Schritt nach dem anderen …
Phssthpok packte einen Handgriff und schob sich zu Brennan hinunter. Der Eingeborene war schlaff und hatte die Augen halb
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