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Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Titel: Ringwelt 08: Der kälteste Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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und Lew bearbeitete gerade seine Brusthaare, als der Fahrstuhl hielt und die Türen sich öffneten.
    Eine hagere Technikerin stand vor ihm, Augen und Mund geistesabwesend und verschlossen, wie das für einen Menschen typisch ist, der auf einen Aufzug wartet. Sie drängte sich an ihm vorbei, eine Entschuldigung murmelnd. Lew verließ fluchtartig den Fahrstuhl. Die Türen schlossen sich wieder, ehe Lew begriff, daß er auf dem falschen Stockwerk gelandet war.
    Diese verdammte Ziege, dachte Lew. Sie hatte den Aufzug angehalten, ehe er das Erdgeschoß erreicht hatte. Er drückte auf den Knopf, um einen anderen Fahrstuhl herbeizuholen, als er sich bewußt wurde, wo er sich befand.
    Es war ein riesiger Saal, von oben bis unten mit aquariumähnlichen Glasbehältern ausgefüllt. Reihenweise nichts als Glasbehälter wie die Buchregale im Magazin einer Bibliothek. Und in diesen Glasbehältern schwammen – nun, es war ein schrecklicher Anblick. Diese Dinge waren einmal Männer und Frauen gewesen! Nein, er wollte das nicht sehen. Er starrte hartnäckig auf die Aufzugtüren. Warum wollte der Fahrkorb nicht kommen?
    Er hörte eine Sirene.
    Der harte, mit Fliesen belegte Boden vibrierte jetzt unter seinen bloßen Füßen. Er spürte eine Taubheit in den Muskeln, eine Lethargie in seiner Seele.
    Der Fahrkorb hielt – zu spät. Er blockierte die geöffneten Türen mit einem Stuhl. Die meisten Gebäude verfügten nur über zwei Fahrstühle und besaßen keine Treppenhäuser. Sie mußten also den zweiten Fahrstuhl benutzen, wenn sie ihn fangen wollten. In welchem Stockwerk befand er sich jetzt? … Er hatte keine Zeit, sich mit diesem Problem zu befassen. Er war benommen, wollte schlafen. Mehrere Schallprojektoren mußten irgendwo in den Wänden dieses Raums eingebaut sein. Wenn man den Strahl eines Projektors passierte, spürte man höchstens eine leichte Müdigkeit in den Gliedern. Aber dem konzentrierten Ansturm mehrerer Projektoren war man auf Dauer nicht gewachsen. Bewußtlosigkeit wäre das Endresultat. Doch noch war es nicht soweit.
    Zuerst mußte er seinem Gewissen folgen.
    Wenn sie ihn hier einkassierten, würden sie endlich einen Vorwand haben, ihn zum Tode zu verurteilen.
     
    Die Behälter waren aus Plastik, nicht aus Glas. Doch dieser Kunststoff besaß ganz besondere Eigenschaften, weil er zur Aufbewahrung von unzähligen Organteilen diente und keine Immunitätsreaktionen hervorrufen durfte. Er mußte chemisch vollkommen neutral reagieren. Eine harte Nuß für jeden Konstrukteur. Man konnte nicht erwarten, daß er diesen Kunststoff auch noch bruchfest machte.
    Und das Zeug splitterte ganz prächtig.
    Später schüttelte Lew den Kopf, daß er so lange durchgehalten hatte. Das einschläfernde Murmeln der Ultraschallwellen lag wie eine Bleischicht auf seinen Nerven. Der Boden wurde immer schlüpfriger, der Stuhl, den er mit beiden Armen schwang, immer schwerer. Doch solange er ihn noch in die Höhe stemmen konnte, schlug er damit die Aquarien ein. Bis zu den Knien watete er in Nährflüssigkeit, und sterbende Organe trieben wie in einer Sintflut durch den Saal. Er hatte den Saal erst zu einem Drittel durchquert, als die Ultraschall-Sirene für seine Nerven unerträglich wurde.
    Er sank auf die Knie.
     
    Und trotzdem wurde der Amoklauf durch die Organbank bei der Verhandlung mit keinem Wort erwähnt.
    Er saß auf der Anklagebank und hörte das Ritual der öffentlichen Verhandlung wie eine unbestimmte Geräuschkulisse, die ihm wie das Meeresrauschen in einem Muschelgehäuse vorkam. Lew beugte sich zu Mister Broxton vor und flüsterte ihm die Frage ins Ohr, die ihn so brennend beschäftigte. Mister Broxton lächelte nur. »Warum sollten sie diesen Punkt bei der Verhandlung erwärmen? Man glaubt, daß ohnehin genug gegen Sie vorliegt, um Sie verurteilen zu können. Wenn Sie vom Gericht freigesprochen werden, weil man Sie nicht überführen kann, wird man eine neue Anklage gegen Sie erheben. Diesmal wegen heimtückischer und vorsätzlicher Zerstörung wertvoller Heilmittelvorräte. Aber die Anklagevertretung ist sich ihrer Sache sicher.«
    »Und Sie?«
    »Ich fürchte, die Vorteile liegen ganz auf seifen der Anklagevertretung. Doch wir werden unser Möglichstes versuchen. Hennessy steht gerade auf, um die Anklageschrift zu verlesen. Bringen Sie es fertig, ein verletztes, unschuldiges Gesicht zu machen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Sehr gut.«
    Der Ankläger verlas sein Schriftstück. Seine Stimme klang wie die Trompete des

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