Ringwelt 10: Hüter der Ringwelt
Vergrößerungsgläser erkennbar war.
»Ich weiß es nicht«, gestand Wembleth.
»Ein Schiff, das größer ist als die Long Shot? Keine Spezies, die ich kenne, hat so etwas je gebaut.«
»Es verändert sich schon wieder, Roxanny.«
Einen Augenblick lang verblassten die Farben, und dann war der ganze Himmel einfach fort, und sie waren vollständig blind.
Es fiel ihnen schwer, sich zu erinnern, dass es früher einmal so etwas wie das ›Sehen‹ gegeben hatte. »Das ist der Blinde Fleck«, sagte sie. Roxanny war für diesen Fall ausgebildet worden: Sie schaute zu ihren Füßen hinab. Ja, sie waren noch da. »Futz, ich glaub’s einfach nicht! Wir fahren allen Ernstes unter einem Hyperantrieb, verfutzt noch mal! Schau nach unten! Du musst deinen Blick …« Wembleth lief immer noch umher, immer noch völlig blind. Roxanny folgte ihm, ertastete sich, immer noch, ohne den Blick gen Himmel zu richten, ihren Weg zu ihm und neigte sanft seinen Kopf zu Boden.
»Komm, wir gehen ins Zelt!«, sagte sie.
Zwei Tage lang lebten sie im Druckzelt. Als sie schließlich wieder einen Himmel über sich hatten, bestand er aus Sternen vor einem schwarzen Hintergrund. »Das wird viele aus deinem Volk in den Wahnsinn treiben«, meinte Roxanny. »Auf der Ringwelt war es noch nie so dunkel. Die Scheinwerfer des Flugrades werden schlichtweg unbezahlbar sein.«
»Ich habe noch nie so helle Sterne gesehen«, sagte Wembleth. »Ein völlig neues Zeitalter ist angebrochen, Roxanny! Hast du nicht gesagt, es würde um die meisten Sterne herum Kugelwelten geben? Die könnten das Erbe unserer Kinder sein.«
Ein Stern oberhalb des Randwalls begann etwas heller zu leuchten.
Der Himmel war wieder auf das Wand-Display des Meteoriten-Abwehr-Raums zurückgekehrt.
»Wir werden uns eine Sonne suchen müssen, stet?«, fragte Proserpina. »Und dann die ganze Ringwelt seitwärts bewegen, um sie zu erreichen. Die Magnetfelder sind nutzlos, solange es nichts gibt, wovon sie sich würden abstoßen können, also werden wir nur die Korrekturtriebwerke einsetzen können. Sich vor einer Sonne positionieren, sich dann auf diese zufallen lassen und anschließend die Ringwelt mit Hilfe der Magnetfelder abbremsen. Aber dann werden alle Gewässer sich verschieben, Tonschmied!«
»Ich weiß. Ich habe einen gelbweißen Stern gefunden, der fast unsere eigene Geschwindigkeit aufweist. Da, der eine helle, siehst du den?«
»Ja.«
»Die Gezeiten machen mir größere Sorgen.«
»Ja, das wird sowohl die Seen als auch die Meere stark belasten.«
»Ich hatte schon daran gedacht, sie gefrieren zu lassen, aber das geht nicht. Wir …«
»Natürlich nicht, aber wir können die Magnetwirkung auf die Sonne selbst wirken lassen. Schau, ich habe eine Möglichkeit gefunden, unsere Flugbahn so abzuändern, dass der Stern dort genau auf unsere Achse treffen wird! Dann werden wir einen Ring um diese Sonne bilden. Ein paar Mal werden wir auf und ab sacken, solange die Welt sich noch nicht völlig stabilisiert hat, und dabei werden die Meere ein wenig hin und her schwappen – aber nicht immer in die gleiche Richtung, denn das wäre ja wirklich katastrophal.«
Weiße Hieroglyphen tanzten über die Sternenlandschaft. »Das könnte funktionieren«, bekräftigte Proserpina. »Wir werden einen großen Teil unserer Bevölkerung verlieren – sogar mehrere ganze Spezies.«
»Ich weiß.«
»Ich hätte eine Bitte: Sag mir, ob sie sich erfüllen lässt!«
»Versuch doch mal, mir zu beschreiben, was du da vorhast!«
»Sorg dafür, dass die Sonne sich entlang der Achse der Ringwelt auf und ab bewegt! Dann bekämen wir Gezeiten. Wir bekämen Jahreszeiten und unterschiedliches Wetter.«
»Was denn, wie auf einer Kugelwelt?« Tonschmied lachte. »Wie auf deiner Heimatwelt, der Welt der Pak? Was ist mit den Brütern? Werden die denn dann nicht noch verrückter werden, als sie ohnehin schon sind?«
»Jeder, der während der Ereignisse der letzten zwei Tage seinen Verstand nicht verloren hat, der wird sich an alles gewöhnen können«, entschied Proserpina.
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
BRÜTER
Geradezu sprühend vor neuer Lebenskraft, erwachte Louis Wu. Da sie sich im freien Fall befanden, wartete er geduldig ab, bis der Sargdeckel sich vollständig zur Seite geschoben hatte. In Hologrammform blickte der Hinterste auf Louis herab.
Der wand sich aus dem Sarg heraus. »Mir tut gar nichts weh!«
»Gut.«
»Ich hatte mich schon daran gewöhnt. Oh verfutzt, ich habe meinen Verstand
Weitere Kostenlose Bücher