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Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr

Titel: Rio Reiser - Das alles und noch viel mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hollow Skai
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der klassischen Theatermusik.
    Norbert Krause galt jahrelang – auch in Rios Augen – als Autor des Textes Macht kaputt, was euch kaputt macht , bis das Kammergericht Berlin 2005 in letzter Instanz entschied, dass Rio Reiser ihn verfasst habe. Den Song hatte er noch in Niederroden unter dem Einfluss von Bob Dylans Subterranean Homesick Blues geschrieben. Und von Gert stammte der Text zu Alles verändert sich , der ebenfalls später zum Repertoire von Ton Steine Scherben gehören sollte.
    Erstmals aufgeführt wurde Rita & Paul 1969 im Rahmen der Frankfurter Experimenta . Da darin der Klassenkonflikt thematisiert wurde, weigerte sich Hoffmanns Comic Teater aber, das Stück auf einer städtischen Bühne aufzuführen. Stattdessen spielte man es in den Jugendhäusern in Bonames, im Gallus, im Industriehof und in der Nordweststadt. Als Rio zum Schluss mit blutigen Fingern Macht kaputt, was euch kaputt macht auf der Gitarre gespielt hatte, enterten ein paar der anwesenden Rocker die Bühne und improvisierten Szenen aus ihrem Alltag. Das war nicht geplant, wurde aber künftig in den Ablauf eingebaut: Wenn Rita & Paul zu Ende war, fing die Geschichte eigentlich erst an.
    Dem Report des Bayerischen Rundfunks zuliebe, der die Experimenta -Vorstellungen verpasst hatte, führten sie das Stück noch einmal in der Kreuzberger Naunynstraße auf – mit dem Resultat, dass fünf jugendliche Zuschauer, »allet echte Proleten«, schon bald dem HCT mehr oder minder fest angehörten, weil sie von den unverblümten Texten und Rios aggressiver Stimme beeindruckt waren.
    Rio war Peter Meisel, noch immer auf der Suche nach einem adäquaten Ersatz für Drafi Deutscher, ebenfalls nicht aus dem Kopf gegangen. Im hauseigenen Studio Hansa by the Wall , wo schon Marlene Dietrich Sag mir, wo die Blumen sind gesungen hatte und David Bowie 1977 sein Album Heroes aufnehmen sollte, triezte er den »Tiger von Kreuzberg« so lange, bis sein Gesang nach einem Oberschulstreber klang, »der gerade seinen Einser-Aufsatz vorliest« – um die Aufnahmen dann erneut im Tresor verschwinden zu lassen, weil sie »nicht sendefähig« waren.
    Lutz Kerschowski, der für das Rio-Reiser-Archiv sein »Knöchelverzeichnis« erstellt hat, hält das allerdings für eine Schutzbehauptung. Er glaubt nicht, dass beim Mischen der Charme verloren gegangen sei: »Rio wollte damals Schlagerstar werden und hat deshalb so gesungen.« Das hätte ihn wahrscheinlich schon bald genervt, wenn es funktioniert hätte, die Lyrics seien jedenfalls typische Rio-Texte gewesen: »Ich bin ein armer Mietshausjunge und hab kein Geld …«
    Sendefähig oder nicht – der Traum von einer eigenen Schallplatte nahm langsam Gestalt an.

08 Macht kaputt, was euch kaputt macht
    Als Ton Steine Scherben am 3. September 1970 die Bühne des von Beate Uhse gesponserten Festivals der Liebe betraten, kursierten im Publikum bereits Gerüchte, dass viele der angekündigten Bands wie Taste, Rod Stewart oder Emerson, Lake & Palmer nicht mehr auftreten würden. Die Stimmung war hochexplosiv, und es bedurfte nur mehr eines Funkens, um alles in Brand zu setzen. Der Sänger der Kreuzberger Polit-Rock-Band, die hier auf Fehmarn zum ersten Mal überhaupt auftrat, nutzte die Gunst der Stunde und wiegelte die Fans auf: »Hauen wir die Veranstalter ungespitzt in den Boden!« Dann jagte ihr Gitarrist Lanrue ein Riff durch den Verstärker, und Rio Reiser sang dazu: »Bomber fliegen, Panzer rollen, Polizisten schlagen, Soldaten fallen, die Aktien schützen, die Chefs schützen, das Recht schützen, den Staat schützen – vor uns! Macht kaputt, was euch kaputt macht!« So mancher um sein Eintrittsgeld betrogene Fan ließ sich das nicht zweimal sagen. Kurz nach dem Auftritt der Scherben ging die Bühne in Flammen auf.
    Der Veranstalter war bereits mit den Nerven am Ende gewesen, als die Band auf dem Festivalgelände eingetroffen war. Statt des Telefonhörers hatte er die Kaffeetasse hochgehoben und sich mit zitternden Händen zwei Zigaretten gleichzeitig angezündet, als eine Abordnung der Scherben im Festivalbüro aufgetaucht war. »Wo jibt’s denn hier wat zu pennen?«, war er in Ur-Kreuzberger Dialekt gefragt worden, und als er versucht hatte, die chaotische Truppe abzuwimmeln, hatte ihn ein anderer, der so dünn wie ein Hering war und sich später als Sänger zu erkennen geben sollte, angemacht: »Und wo wohnt der Jimi Hendrix?« Verängstigt und zugleich irritiert, weil er eigentlich eine Theatergruppe, die Roten

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