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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Flasche Whisky, die er der Bande mitnehmen wollte. Im Koffer hatte er schon eine große Flasche Pernod (er durfte nach London nur eine Flasche mitnehmen); er wußte aus Erfahrung, wenn er durch den grünen Ausgang ging und die sichtbare Flasche vorzeigte, ließ ihn kein Zollbeamter den Koffer öffnen. Auf dem Flug kaufte er auch noch die in London immer begehrten ›Gauloises ohne Filter‹.
Es regnete etwas, als er in England ankam. Der Bus kroch die linke Straßenseite entlang, an den Einzelhäusern vorbei, die Tom alle kannte und die ihn immer amüsierten, obgleich er heute bei dem Nieselregen die Namen kaum lesen konnte. Haus Bide-a-wee. Unbelievable. Milford Haven. Dun Wandering. Die Namen standen auf kleinen Schildern. Inglenook. Sit-Ye-Doon. – Himmel, was es alles gab. Jetzt kam die Reihe zusammengepferchter viktorianischer Häuser, die in bescheidene Hotels umgebaut waren: klein, aber mit großartigen Namen, die im Neonlicht zwischen dorischen Säulen glänzten: Manchester Arms, King Alfred, Cheshire House. Tom wußte: hinter der soliden Wohlanständigkeit der schmalen Eingangsdielen nahmen zuweilen einige der erfolgreichsten Schwindler der Gegenwart Unterschlupf, die genauso bieder aussahen wie ihre Umgebung. England war immer noch England, gottlob.
Das nächste, was Tom bemerkte, war ein Plakat an einem Laternenpfahl auf der linken Straßenseite. Schräg abwärts war darauf »DERWATT« in großen schwarzen Buchstaben – Derwatts eigener Schrift – geschrieben; und die farbige Reproduktion des Bildes sah in dem trüben Licht dunkelrot oder fast schwarz aus und ähnelte dem hochgestellten Deckel eines Konzertflügels. Sicher eine neue Fälschung von Bernard Tufts. Ein paar Meter weiter kam noch einmal das gleiche Plakat. Komisch, wenn man in ganz London so ›angekündigt‹ wurde und so ruhig und unauffällig eintraf, dachte Tom, als er an der Busendstation in West Kensington ausstieg, ohne daß jemand Notiz von ihm nahm.
Von der Endstation aus rief er Jeff Constant in seinem Fotoatelier an. Ed Banbury war am Apparat.
»Nimm dir schnell ein Taxi und komm her«, sagte Ed aufgeregt glücklich.
Jeffs Atelier war in St. John´s Wood im Westen, in einem sehr netten kleinen Haus, weder pompös noch schäbig, im zweiten Stock – der in England erster Stock hieß – links.
Ed riß die Tür auf. »Mensch, Tom – wunderbar, daß du da bist!«
Ein fester Händedruck. Ed war größer als Tom und hatte blondes, strähniges Haar, das ihm immer wieder über die Ohren fiel und das er deshalb dauernd beiseite schob. Er war etwa fünfunddreißig.
»Wo ist Jeff?« Tom holte die Gauloises und den Whisky aus der roten Zolltüte und den geschmuggelten Pernod aus dem Koffer: »Hier – für alle.«
»Oh, wie prima! Jeff ist in der Galerie. Hör mal zu, Tom: du machst es doch, ja? Ich hab den Kram nämlich hier, und allzuviel Zeit haben wir nicht.«
»Ja, ich werd´s versuchen.«
»Bernard muß gleich kommen. Er will uns helfen. Paar Informationen noch.« Ed warf einen gehetzten Blick auf seine Armbanduhr.
Tom hatte Mantel und Jackett ausgezogen. »Wieso denn – kann Derwatt nicht etwas später kommen? Die Eröffnung ist doch um fünf, oder?«
»Ja, natürlich. Vor sechs brauchst du nicht da zu sein, aber ich will das Make-up noch ausprobieren. Jeff sagt, du sollst nicht vergessen, daß Derwatt kaum größer war als du – und wer behält schon solche Maße im Kopf, selbst wenn ich sie jemals angegeben habe. Er hatte blaugraue Augen, aber das geht auch mit deinen.« Ed lachte. »Wie ist es – möchtest du Tee?«
»Nein, danke.« Tom betrachtete den dunkelblauen Anzug, der auf der Couch lag. Er sah reichlich groß aus und war auch nicht gebügelt. Daneben stand ein Paar scheußliche schwarze Schuhe.
»Willst du nicht was trinken?« fragte Tom, denn Ed schien ihm fahrig und nervös. Tom war die Gelassenheit selber, wie immer, wenn jemand anders unruhig war.
Es klingelte, und Ed führte Bernard Tufts herein.
Tom streckte die Hand aus. »Tag, Bernard. Wie geht´s?«
»Danke, ganz gut«, sagte Bernard, aber es klang melancholisch. Bernard war schmal und hatte glattes schwarzes Haar, sanfte dunkle Augen und olivenfarbene Haut.
Es war wohl besser, dachte Tom, wenn man jetzt keine Unterhaltung mit Bernard versuchte, sondern einfach an die Arbeit ging.
Ed holte aus Jeffs kleinem modernem Badezimmer eine Schüssel mit Wasser. Eine Haartönung sollte Toms Haar dunkler machen. – Schließlich begann Bernard zu reden, nach einigen

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