Ripley Under Ground
mit Sicherheit die Platte besaß.
»Kannst du nicht runtergehen und sie besorgen, Jeff? Gibt es keinen Plattenladen von hier bis St. John´s Wood Road?«
Jeff lief hinunter.
»Du hast wohl noch nicht mit Mrs. Murchison gesprochen, nein?« Tom benutzte die kleine Pause, um sich mit einer Gauloise zu entspannen. »Ich muß mir noch ein paar englische Zigaretten besorgen. Zu viel möchte ich lieber nicht riskieren mit diesen französischen Zigaretten.«
»Hier, nimm diese. Wenn sie alle sind, werden die andern Leute dir welche anbieten«, sagte Ed eilig und schob Tom ein Päckchen in die Tasche. »Nein, ich hab sie nicht gesprochen. Wenigstens hat sie keinen amerikanischen Detektiv herübergeschickt. Das könnte sonst übel ausgehen.«
Vielleicht bringt sie einen mit, dachte Tom. Er nahm seine beiden Ringe ab. Den mexikanischen trug er jetzt natürlich nicht. Mit einem Kugelschreiber versuchte er, die schwungvolle Derwatt-Unterschrift nachzuahmen, die er auf einem Gummi auf dem Schreibtisch vor sich hatte. Dreimal schrieb er sie hin, dann knüllte er den Zettel zusammen und ließ ihn in den Papierkorb fallen.
Jetzt kam Jeff zurück, keuchend, als sei er den ganzen Weg gelaufen.
»Stell es ganz laut an, wenn es geht«, sagte Tom.
Die Musik setzte ein, mit ziemlicher Lautstärke, und Tom lächelte froh. Das war seine Musik. Ein kühner Gedanke, aber jetzt war der Augenblick für Kühnheit. Er war froh und beschwingt und reckte sich hoch auf, bis ihm einfiel, daß Derwatt gar nicht so groß war. »Jeff – ob du mir wohl noch einen Gefallen tun würdest? Ruf ein Blumengeschäft an und laß ein paar Blumen an Cynthia schicken. Auf meine Rechnung.«
»Wieso Rechnung –? Blumen – an Cynthia. Schön. Was für welche?«
»Ach – Gladiolen, wenn sie die haben. Sonst zwei Dutzend Rosen.«
»Blumen – Blumenhandlung –« Jeff suchte im Telefonbuch. »Von wem sollen sie kommen? Einfach ›Tom‹ als Unterschrift?«
»Liebe Grüße von Tom«, sagte Tom und hielt ganz still, als Ed jetzt noch einmal mit dem blaßrosa Lippenstift über seine Oberlippe fuhr. Derwatts Oberlippe war voller gewesen.
Sie verließen das Atelier, als die erste Hälfte der Platte noch nicht zu Ende war. Sie stellte sich automatisch ab, sagte Jeff. Das erste Taxi nahm Jeff allein. Tom fühlte sich jetzt so sicher, daß er es auch gewagt hätte, ein Taxi für sich zu nehmen, aber er merkte, daß Ed das nicht riskieren oder ihn jedenfalls nicht alleinlassen wollte. Sie fuhren also gemeinsam und stiegen eine Straße vor der Bond Street aus.
»Wenn uns jemand jetzt anredet, habe ich dich zufällig auf dem Weg zur Galerie getroffen«, sagte Ed.
»Beruhige dich. Wir werden´s schon schaffen.«
Auch diesmal betrat Tom die Galerie durch die rotgestrichene Hintertür. Das Büro war leer, bis auf Jeff, der gerade telefonierte. Er winkte ihnen, sich zu setzen.
»Würden Sie das wohl bitte so schnell wie möglich weitergeben?« sagte Jeff und wandte sich dann um, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte. »Dies ist nur eine Gefälligkeit – ich will die Polizei in Melun anrufen, in Frankreich. Damit sie wissen, daß Derwatt wieder da ist. Sie haben uns nämlich angerufen, Derwatt. Ich habe ihnen versprochen, gleich Bescheid zu geben, wenn wir von dir hören.«
»Aha«, sagte Tom ruhig. »Aber der Presse habt ihr doch nichts gesagt, nein?«
»Nein, ich wüßte nicht warum. Was meinst du?«
»Nein, nein, laß es bleiben.«
Leonard, der vergnügte Manager der Galerie, steckte den Kopf zur Tür herein. »Hallo – darf ich rein?«
»Nein!« flüsterte Jeff beschwörend, aber er meinte es nicht ernst.
Leonard kam herein und machte die Tür hinter sich zu. Beim Anblick der zweiten Auferstehung Derwatts strahlte er über das ganze Gesicht. »Ich würd´s ja nicht glauben, wenn ich´s nicht mit eigenen Augen sähe! Wer kommt eigentlich heute vormittag?«
»Zunächst mal Inspektor Webster von der Kriminalpolizei«, erwiderte Ed.
»Soll ich denn jeden rein –«
»Nein, jeden nicht«, sagte Jeff. »Klopf erstmal an, dann öffne ich die Tür, aber zuschließen werde ich sie heute nicht. So, und nun raus.«
Leonard ging hinaus.
Tom war im Sessel versunken, als Inspektor Webster kam. Webster lächelte wie ein fröhliches Kaninchen mit großen verfärbten Vorderzähnen.
»Guten Tag, Mr. Derwatt! Das ist aber eine Überraschung. Nie hätte ich gedacht, daß ich Sie noch einmal kennenlernen würde!«
»Guten Tag, Inspektor.« Tom erhob sich nur halb. Vergiß nicht, ermahnte er sich,
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