Ripley Under Ground
man alles berücksichtigte. Tom nahm eine aufrechte Haltung an – um Bernards willen (der, als Freund gesehen, jahrelang Jeff und Ed aus dem Wege gegangen war) – und sagte: »Also Freunde, wollt ihr mir jetzt vielleicht das Nötige wegen morgen mitteilen? Wer kommt sonst noch? Ich muß sagen, ich bin ziemlich müde und würde gern bald ins Bett gehen.«
Ed stand vor ihm. »Gibt es irgendwelche Indizien gegen dich im Falle Murchison?«
»Nicht daß ich wüßte.« Tom lächelte. »Nichts als die Fakten.«
»Und ›Die Uhr‹ – ist die tatsächlich gestohlen worden?«
»Das Bild war für sich eingepackt und stand neben Murchisons Koffer in Orly. Klar, das hat einer geklaut.
Wer das wohl jetzt bei sich aufgehängt hat? Und ob er weiß, was er da hat? Dann hat er es vielleicht gar nicht aufgehängt. So, nun laßt uns mal zur Sache kommen wegen morgen. Können wir ein bißchen Musik dabei hö ren?«
Bei den Klängen von Radio Luxemburg unterzog sich Tom einer kleinen Kostümprobe. Der Bart auf dem Gazestoff war noch in einem Stück, sie probierten ihn an, klebten ihn aber nicht fest. Bernard hatte Derwatts alten dunkelblauen Anzug nicht wieder mitgenommen, und Tom zog probeweise das Jackett an.
»Wißt ihr irgend etwas über Mrs. Murchison?« fragte er.
Viel war es nicht, und das wenige, was sie ihm mitteilten, schilderte sie, soweit Tom sehen konnte, als weder aggressiv noch schüchtern, weder intelligent noch dumm.
Eins hob immer das andere auf. Jeff hatte mit ihr von der Galerie aus telefoniert; dort hatte sie nach telegrafischer Vereinbarung angerufen.
»Ein Wunder, daß sie mich nicht angerufen hat«, meinte Tom.
»Oh, wir haben gesagt, wir wüßten deine Nummer nicht«, sagte Ed, »und da es in Frankreich war, mochte sie es wohl nicht versuchen.«
»Kann ich wohl mal bei mir zu Hause anrufen?« fragte Tom mit Derwatts Stimme. »Ach ja, übrigens, ich habe überhaupt kein Geld bei mir.«
Jeff und Ed überboten sich an Hilfsbereitschaft. Sie hatten reichlich Bargeld im Hause. Tom meldete gleich das Gespräch mit Belle Ombre an. Ed machte ihm eine Tasse starken Kaffee, um den er gebeten hatte. Tom ging ins Bad, duschte und zog einen Schlafanzug an.
Jetzt fühlte er sich besser; Jeff hatte ihm auch ein Paar Slippers gegeben. Tom sollte auf der Couch im Atelier schlafen.
»Ich denke, jetzt ist alles klar«, sagte Tom. »Bernard will also aufhören. Derwatt zieht sich für immer zurück, vielleicht wird er in Mexiko von Ameisen aufgefressen oder von einer Feuersbrunst vernichtet, und sämtliche künftigen Bilder ebenfalls.«
Jeff nickte, begann auf einem Fingernagel zu kauen und riß ihn sich aus dem Mund. »Was hast du deiner Frau gesagt?«
»Nichts. Jedenfalls nichts von Bedeutung.« Das Telefon klingelte. Jeff gab Ed einen Wink, und beide verschwanden im Schlafzimmer.
»Hallo, mein Liebes – ich bin´s!« sagte Tom. »Nein, ich bin in London . . . Na ja, ich hab mich anders besonnen . . .«
Und wann kam er nach Hause? . . . Und Mme. Annettes Zahn machte ihr von neuem zu schaffen.
»Gib ihr doch die Adresse von dem Zahnarzt in Fontainebleau!« sagte Tom.
Erstaunlich, wieviel Trost so ein Anruf bringen konnte in der Lage, in der er sich jetzt befand. Fast konnte man das Telefon liebgewinnen.
19
»Kann ich bitte Inspektor Webster sprechen?« fragte Jeff am Telefon. »Hier ist Jeffrey Constant von der Galerie Buckmaster. Würden Sie Mr. Webster bitte bestellen, daß wir heute morgen einen Anruf von Derwatt hatten. Wir erwarten ihn heute vormittag in der Galerie. Die genaue Zeit weiß ich nicht, aber wohl vor zwölf.«
Jetzt war es Viertel vor zehn. Tom stand wieder vor dem hohen Spiegel und prüfte seinen Bart und die verstärkten Augenbrauen. Ed inspizierte sein Gesicht im Licht einer der stärksten Lampen, die Jeff im Atelier hatte; sie schien Tom in die Augen und blendete ihn. Das Haar war heller als der Bart, aber dunkler als sein eigenes Haar, genau wie vorher. Mit der Wunde am Hinterkopf war Ed sehr behutsam umgegangen, und zum Glück hatte sie aufgehört zu bluten. »Jeff, mein Guter«, sagte Tom mit Derwatts etwas steifer Stimme, »könntest du wohl mit dieser Musik aufhören und was anderes auflegen?«
»Was hättest du denn gern?«
»Den Sommernachtstraum. Hast du eine Platte daraus?«
»Nein.«
»Könntest du sie besorgen? Danach steht mir der Sinn jetzt. Die Musik inspiriert mich, und das brauche ich.« Sich die Töne nur vorzustellen, das war heute morgen nicht genug.
Jeff wußte von niemandem, der
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