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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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würde – es mußte gelingen. Er begann sich auszumalen, was geschehen werde, wenn der Nachmittag mißlang; und die Gedanken stockten, als er an Heloise und ihre Familie dachte. Es wäre das Ende. Das Ende von allem, von Belle Ombre, von Mme. Annettes freundlicher Dienstbereitschaft. Kurz gesagt, er würde im Gefängnis landen, denn es lag dann auf der Hand, daß er Murchison beiseite geschafft hatte. Der Gedanke ans Gefängnis machte ihn schaudern.
Tom stieß fast zusammen mit dem alten Sandwichmann, der auf seinen Plakaten sofortige Paßbilder anpries. Der Alte, fast blind, trat nicht zur Seite. Tom wich aus, holte ihn dann wieder ein und fragte: »Kennen Sie mich noch? Wie geht´s denn?«
»Eh – hmum –?« Wieder hing ihm eine unangezündete halbe Zigarette im Mundwinkel.
»Hier, nehmen Sie – viel Glück!« sagte Tom und stopfte ihm den Rest seines Zigarettenpäckchens in die Tasche des alten Tweedmantels. Dann eilte er weiter – halb gebückt, wie es sein mußte.
Mit ruhigen Schritten betrat er die Galerie. Alle Derwattschen Bilder – außer den Leihgaben – trugen einen kleinen roten Stern. Leonard lächelte und nickte ihm zu; das Nicken war fast eine Verbeugung. Außer ihm waren noch fünf Leute im Raum: ein junges Paar (das Mädchen stand barfuß auf dem gelben Teppich), ein älterer Herr und zwei Männer. Auf seinem Weg zu der roten Tür hinten im Raum fühlte er, wie alle Augen sich nach ihm umwandten und ihm nachblickten, bis er außer Sicht war.
Jeff öffnete die Tür. »Hallo, Derwatt – kommen Sie rein. Dies ist Mrs. Murchison – Philip Derwatt.«
Tom verneigte sich leicht vor der Dame, die dort im Sessel saß. »Guten Tag, Mrs. Murchison.« Auf einem Stuhl saß Inspektor Webster; auch ihm nickte Tom zu.
Mrs. Murchison mochte etwa fünfzig sein. Sie hatte knappgeschnittene rotblonde Haare, helle Augen und einen ziemlich großen Mund: es war ein Gesicht, das unter anderen Umständen wohl fröhlich ausgesehen hätte. Sie trug ein gutgeschnittenes Tweedkostüm mit blaßgrünem Pullover und jadegrüner Halskette.
Jeff hatte sich hinter den Schreibtisch begeben, aber nicht hingesetzt. Mrs. Murchison sagte zu Tom:
»Sie haben meinen Mann in London gesprochen, nicht wahr? Hier.«
»Ja, ein paar Minuten nur. Ja – vielleicht zehn Minuten.« Tom ging auf den Stuhl zu, den Ed ihm anbot. Er spürte Mrs. Murchisons Augen auf seinen Schuhen; es waren die fast aufgesprungenen Schuhe, die früher tatsächlich Derwatt gehört hatten. Tom nahm etwas behutsam Platz, so als habe er Rheumatismus oder noch Schlimmeres. Jetzt saß er ungefähr fünf Fuß entfernt von Mrs. Murchison; sie mußte den Kopf leicht drehen, wenn sie ihn ansehen wollte.
»Er wollte in Frankreich einen Mr. Ripley aufsuchen, das hat er mir geschrieben«, sagte Mrs. Murchison. »Hat er sich mit Ihnen noch für später verabredet?«
»Nein«, sagte Tom.
»Kennen Sie diesen Mr. Ripley? Er besitzt einige Bilder von Ihnen, soviel ich weiß.«
»Ich kenne ihn nur dem Namen nach, gesehen habe ich ihn nie«, erwiderte Tom.
»Ich werde versuchen, ihn zu treffen. Es ist ja immerhin möglich, daß mein Mann noch in Frankreich ist. Ich möchte Sie gern etwas fragen, Mr. Derwatt. Glauben Sie, daß es von Ihren Bildern eine Art Ring gibt, ein Komplott? – ich kann es schlecht ausdrücken. Ich meine Leute, für die es sich lohnen würde, meinen Mann aus dem Wege zu räumen, um die Enthüllung einer Fälschung – vielleicht auch mehrerer – zu verhindern?«
Langsam schüttelte Tom den Kopf. »Nein. Soviel ich weiß nicht.«
»Ja – aber Sie waren in Mexiko.«
»Ich habe aber mit –« Tom blickte zuerst zu Jeff und dann zu Ed hinüber, der an den Schreibtisch gelehnt stand. »Die Galerie weiß nichts von irgendeinem Komplott oder einem Ring, und vor allem hat sie bisher keinerlei Fälschungen zu Gesicht bekommen. Ich habe das Bild gesehen, das Ihr Mann mitgebracht hatte. ›Die Uhr‹ meine ich.«
»Und das ist jetzt gestohlen.«
»Ja, das habe ich gehört. Aber worauf es ankommt, ist: das Bild stammt von mir.«
»Das wollte mein Mann Mr. Ripley zeigen.«
»Ja, das hat er auch getan«, warf Webster hier ein. »Mr. Ripley hat mir von der Unterhaltung erzählt.«
»Ja, ich weiß, ich weiß. Mein Mann hatte da eine bestimmte Theorie«, sagte Mrs. Murchison mutig. »Er kann sich geirrt haben – ich bin da kein solcher Kenner wie er. Aber nehmen wir mal an, er hatte recht.« Sie wartete auf eine Antwort von irgendwoher.
Hoffentlich kannte sie die Theorie

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