Ripley Under Ground
Murchison bezweifelte?«
»Ja, zuerst. Er ist ein besserer Kenner als ich«, erwiderte Tom. »Mich hat es interessiert, was er dazu zu sagen hatte, weil ich selbst zwei Derwatts besitze. Deshalb lud ich ihn ein, mit herzukommen und sie anzusehen.«
»Ja, und –«, der commissaire zog die Brauen hoch; er sah da offenbar noch nicht ganz durch. »Was hat er denn nun über Ihre Bilder gesagt?« Vielleicht fragte er auch nur aus Neugier.
»Selbstverständlich hält er meine für echt, genau wie ich es tue«, antwortete Tom. »Ich glaube, er hielt allmählich auch seins für echt, den Eindruck hatte ich jedenfalls. Er sagte, er werde vielleicht eine Verabredung mit M. Riemer absagen.«
»Ah-ahh.« Der commissaire blickte auf das Telefon; vielleicht überlegte er, ob er Melun anrufen sollte, aber er bat nicht, den Apparat benutzen zu dürfen.
»Kann ich Ihnen ein Glas Wein anbieten?« fragte Tom die beiden Beamten. Das lehnten sie ab, aber seine Bilder wollten sie gern sehen; das freute Tom. Sie gingen im Zimmer umher und gaben halblaut fachmännische Kommentare von sich, die von den faszinierten Mienen und den lebhaften Gesten beim Betrachten der Bilder bestätigt wurden. Sie wirkten wie Männer, die in ihrer freien Zeit eine Kunstgalerie besuchten.
»Ein berühmter Maler ist dieser Derwatt, in England«, sagte der jüngere Beamte.
»Ja«, erwiderte Tom.
Das Gespräch war zu Ende. Sie bedankten sich bei Tom und verließen das Haus.
Tom war froh, daß Mme. Annette auf ihrer allmorgendlichen Einkaufstour gewesen war.
Christopher lachte leise, als Tom die Tür geschlossen hatte. »Na – worum ging denn das alles? Ich habe nichts verstanden als ›Orly‹ und ›Murchison‹.«
»Ja – offenbar ist dieser Thomas Murchison verschwunden, der Amerikaner, der mich letzte Woche hier besucht hat. Er hat jedenfalls in Orly die Maschine nach London nicht genommen. Und sie haben seinen Koffer auf der Straße gefunden. Ich hatte ihn Donnerstag nach Orly gebracht.«
»Verschwunden ist er? Na so was. Das ist ja schon vier Tage her.«
»Ich hatte keine Ahnung davon, bis gestern abend. Das war der Anruf gestern abend, von der Polizei.«
»Merkwürdig.« Chris stellte noch ein paar Fragen, die Tom beantwortete, wie er die Fragen der Polizeibeamten beantwortet hatte. »Komisch – klingt, als ob er irgendwo bewußtlos umgefallen ist. Sein Gepäck auf der Straße zu lassen! War er nüchtern?«
Tom lachte. »Oh, völlig nüchtern. Ich verstehe es auch nicht.«
Sie nahmen den Alfa Romeo und fuhren in langsamem Tempo an der Seine entlang. Kurz vor Samois zeigte Tom Chris die Brücke, wo 1944 General Patton mit seinen Soldaten die Seine auf dem Weg nach Paris überschritten hatte. Chris stieg aus und las die Inschrift auf dem kleinen grauen Pfeiler und kam mit ebenso feuchten Augen zurück, wie Tom sie am Grabe von Keats gehabt hatte. Zu Mittag aßen sie in Fontainebleau, weil Tom das größte Restaurant in Bas Samois nicht mochte; es hieß ›Chez Bertrand‹ oder so ähnlich, und er und Heloise hatte dort noch nie eine ehrliche und einwandfreie addition vorgelegt bekommen; außerdem hatten die Leute, die es führten, die Angewohnheit, den Boden zu scheuern, während die Gäste noch beim Essen saßen, wobei sie die Metallbeine der Stühle über die Fliesen schleiften, ohne die geringste Rücksicht auf die Ohren der Gäste.
Später vergaß Tom auch nicht die kleinen Besorgungen für Mme. Annette: champignons à la grecque, céleri rémoulade, und dann noch Würstchen, deren Namen er nie behalten konnte, weil er sie nicht mochte. Lauter Dinge, die man in Villeperce nicht bekam. Er kaufte alles in Fontainebleau ein, auch Batterien für seinen Transistor.
Auf dem Heimweg brach Chris plötzlich in Lachen aus und sagte: »Heute morgen im Wald, da habe ich etwas gesehen, das sah genau aus wie ein frisches Grab – richtig ganz frisch. Komisch, nicht? – Weil die Polizei doch heute morgen da war. Die suchen nun einen Mann, der bei Ihnen im Hause war, und ich dachte, wenn sie dieses Grab da im Walde fänden –« Er lachte laut.
Ja, es war wirklich komisch, dachte Tom. Wahnsinnig komisch. Tom lachte – aber er sagte nichts.
10
Am nächsten Morgen war trübes Wetter, und gegen neun Uhr begann es zu regnen. Mme. Annette ging nach draußen, um einen Fensterladen festzumachen, der irgendwo gegen die Hauswand klapperte. Sie hatte im Rundfunk schlechte Wetterprognosen gehört und berichtete warnend, es werde ein Gewitter geben.
Wind machte Tom leicht
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