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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Geschrei, Chris.«
»Oh, ich habe immer gehört, das Telefon in Frankreich sei schundig«, sagte Chris. »War es denn was Wichtiges? Heloise?«
»Nein, nein.«
Chris stand auf. »Ich würde Ihnen gern mal meine Reiseführer zeigen – kann ich?« Er lief nach oben.
Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die französische oder die englische – vielleicht sogar die amerikanische – Polizei sich bei ihm nach Murchison erkundigte, dachte Tom. Hoffentlich war Chris dann nicht mehr hier.
Chris kam herunter mit drei Büchern in der Hand: den Guide bleu für Frankreich, einen Kunstführer durch die französischen Schlösser und einen großen Band über das Rheinland, wo er mit Gerald Hayman hinfahren wollte, wenn Gerald aus Straßburg zurück war.
Christopher hatte einen Kognak vor sich und nippte genießerisch in kleinen Schlucken. »Wissen Sie, ich habe doch ernsthafte Zweifel, was den Wert der Demokratie angeht. Das hört sich schlimm an für einen Amerikaner, was? Demokratie setzt ein bestimmtes Minimalniveau an Erziehung für jeden voraus, das Amerika auch jedem zu geben versucht, aber wir haben es nicht, wirklich nicht. Es stimmt auch nicht mal, daß jeder es haben möchte . . .«
Tom hörte nur halb zu. Aber Chris schien ganz zufrieden mit den gelegentlich eingeworfenen Worten, zumindest heute abend.
Wieder klingelte das Telefon. Tom sah, daß die kleine silberne Uhr auf dem Telefontischchen auf fünf Minuten vor elf zeigte.
Eine Männerstimme sagte auf Französisch, er – der Sprechende – sei Polizeibeamter und bitte um Entschuldigung wegen der späten Störung, aber war M. Ripley wohl da? »Guten Abend, M´sieur. Kennen Sie vielleicht einen Amerikaner namens Thomas Murchison?«
»Ja«, sagte Tom.
»Hat er Sie vielleicht kürzlich aufgesucht? Mittwoch oder Donnerstag?«
»Ja, das hat er.«
»Ah, bon ! Ist er noch bei Ihnen?«
»Nein, er ist Donnerstag wieder nach London gefahren.«
»Ja – nein, das ist er nicht. Sein Koffer wurde in Orly gefunden. Aber er ist nicht mit der Vier-Uhr-Maschine geflogen, für die er gebucht hatte.«
»Nein –?«
»Sie sind ein Freund von M. Murchison, M. Ripley?«
»Nein, ein Freund nicht. Ich kenne ihn erst seit kurzem.«
»Wie ist er von Ihnen aus nach Orly gekommen?«
»Ich habe ihn mit dem Wagen hingebracht – ungefähr um halb vier am Donnerstag nachmittag.«
»Kennen Sie vielleicht irgendwelche Bekannten von ihm in Paris, wo er sich aufhalten könnte? In einem Hotel ist er nämlich nicht.«
Tom zögerte und dachte nach. »Nein, er hat niemand erwähnt.«
Der Beamte schien enttäuscht. »Sind Sie in den nächsten Tagen zu Hause, M. Ripley? Es könnte sein, daß wir Sie sprechen möchten . . .«
Diesmal war Christopher neugierig geworden. »Worum geht´s denn?«
»Ach – jemand fragte mich nach einem Freund – wo der ist. Ich weiß es nicht.«
Wer das wohl sein mochte, der den Stein ins Rollen gebracht hatte, dadite Tom. Der Mann von der Tate Galerie? Die französische Polizei in Orly? Oder vielleidit Murchisons Frau in Amerika?
»Erzählen Sie mir doch von Heloise«, sagte Christopher.
9
    Als Tom am nächsten Morgen herunterkam, teilte ihm Mme. Annette mit, M. Christophe sei spazierengegangen. Hoffentlich nicht in den Wald hinterm Haus, dachte Tom; aber es war wohl wahrscheinlicher, daß Chris sich das Dorf ansah. Tom nahm die Londoner Sonntagszeitungen auf, die er gestern nur flüchtig angesehen hatte, und suchte unter den Nachrichten nach einer noch so kleinen Meldung über Murchison oder über jemand, der in Orly vermißt wurde. Er fand nichts.
    Rosig und strahlend kam Chris von seinem Gang zurück. Er hatte in der Drogerie im Dorf einen kleinen Schneebesen, mit dem man in Frankreich Eiweiß schlägt, gekauft. »Mitbringsel für meine Schwester«, sagte er. »Wiegt nicht viel. Ich werd ihr erzählen, daß er aus Ihrem Dorf hier kommt.«
    Tom fragte ihn, ob er gern eine Fahrt machen und in einer anderen Stadt zu Mittag essen würde. »Nehmen Sie Ihren Guide bleu mit. Wir fahren an der Seine entlang.« Nur die Post wollte er noch abwarten.
    Als der Postbote kam, brachte er nur einen Brief in großer eckiger Handschrift mit schwarzer Tinte. Tom kannte Bernards Schrift nicht, aber er wußte sofort: der Brief kam von ihm. Er öffnete ihn und sah an der Unterschrift, daß er recht gehabt hatte.
    127, Copperfield Street S.E. 1 Lieber Tom, entschuldige diesen plötzlichen Brief. Ich würde Dich sehr gern sprechen. Kann ich zu Dir kommen? Du brauchst mich nicht in Deinem

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