Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
heißt Mme. Annette. Du brauchst sie nur zu bitten, sie macht dir gern alles.«
»Nein, danke schön.« Bernards Tasse klirrte deutlich dreimal gegen die Untertasse, als er sie hinsetzte.
Hatten Jeff und Ed vielleicht Bernard so viel Beruhigungsmittel verabfolgt, daß sie ihm jetzt fehlten? Bernard hatte seinen Tee ausgetrunken, und Tom brachte ihn nach oben und zeigte ihm sein Zimmer.
»Das Bad mußt du mit Chris teilen«, sagte er. »Hier – du gehst einfach über den Flur und durch das Zimmer meiner Frau, da ist es.« Tom ließ die Türen offenstehen. »Heloise ist nicht hier, sie ist in Griechenland. Hoffentlich ruhst du dich hier ein bißchen aus, Bernard. Kann ich dir helfen, fehlt dir etwas? Was ist los?«
Sie standen in Bernards ›kleinem Zimmer‹; die Tür war geschlossen.
Bernard schüttelte den Kopf. »Mir ist, als wäre ich am Ende. Das ist alles. Die Ausstellung – das war das Ende. Für mich war das die letzte. Das letzte Bild, ›Die Wanne‹. Und nun wollen sie – wollen sie ihn ins Leben zurückbringen, du weißt ja.«
Es ist mir sogar gelungen, schoß es Tom durch den Kopf, doch sein Gesicht blieb ebenso ernst wie Bernards. »Na ja – soviel man weiß, ist er doch sogar seit fünf Jahren wieder am Leben. Aber sie werden dich ganz gewiß nicht zum Weitermalen zwingen, wenn du nicht willst, Bernard. Ganz sicher nicht.«
»Oh, versuchen werden sie es, Jeff und Ed. Aber mir langt´s jetzt, Tom. Reichlich.«
»Ich glaube, das wissen sie auch. Mach dir doch darum keine Gedanken. Wir können – also hör zu, Derwatt kann ja jetzt zurückgehen in die Einsamkeit! Nach Mexiko. Wir sagen einfach in den nächsten Jahren, er malt, will aber nichts zeigen oder ausstellen.« Tom ging beim Sprechen im Zimmer auf und ab, »Darüber können Jahre vergehen. Wenn Derwatt dann stirbt – dann sorgen wir dafür, daß er sämtliche Bilder der letzten Zeit verbrennt oder so was, damit keiner sie zu sehen kriegt.« Tom lächelte.
Bernards düstere Augen fuhren fort, auf den Boden zu starren. Tom hatte das Gefühl, als habe er einen Scherz gemacht, der bei den Zuhörern nicht angekommen war. Oder noch schlimmer: ein Sakrileg verübt, in einer Kirche einen unsauberen Witz erzählt.
»Bernard, du brauchst Ruhe. Soll ich dir ein Schlafmittel geben? Ganz schwach, ein Viertel Gran.«
»Danke, nein.«
»Möchtest du dich frisch machen? Um Chris und mich brauchst du dich gar nicht zu kümmern, wir lassen dich ganz in Ruhe. Um acht essen wir, wenn du runterkommen willst. Du kannst natürlich gern auch früher runterkommen, dann trinken wir ein Glas zusammen.«
Draußen heulte in diesem Moment der Wind laut auf, ein mächtiger Baum bog sich tief – beide blickten aus dem Fenster und sahen es, der Baum stand in Toms Hintergarten. Tom kam es vor, als neige sich auch das Haus, und instinktiv spreizte er die Beine. Wie konnte jemand bei diesem Wetter ruhigbleiben?
»Soll ich die Vorhänge zuziehen?« fragte Tom.
»Wie du willst.« Bernard sah Tom an. »Was hat Murchison gesagt, als er den ›Mann im Sessel‹ sah?«
»Er hielt es für eine Fälschung – zuerst. Dann habe ich ihm eingeredet, es sei echt.«
»Wieso denn –? Murchison hat mir das von der Lavendelfarbe gesagt – was er davon hält. Er hat ganz recht. Ich habe drei Fehler gemacht. ›Mann im Sessel‹, ›Die Uhr‹ und jetzt ›Die Wanne‹. Wie das geschehen konnte, weiß ich nicht. Ich weiß es wirklich nicht – ich habe einfach nicht nachgedacht. Murchison hat recht.«
Tom schwieg eine Weile; dann sagte er: »Natürlich hat es uns allen erstmal einen Schrecken eingejagt. Wenn Derwatt am Leben wäre – der wäre wohl damit fertig geworden. Bei uns war es eben die Gefahr – die Gefahr, daß es rauskam, daß er gar nicht existierte. Aber die Hürde haben wir ja nun genommen, Bernard.«
Es war nicht sicher, daß Bernard Tom zugehört hatte. Er fragte: »Hast du ihm angeboten, ihm ›Die Uhr‹ abzukaufen oder so was?«
»Nein. Ich habe ihm eingeredet, Derwatt habe das alte Lavendelblau wieder aufgenommen, das er früher benutzte – jedenfalls bei zwei oder drei Bildern.«
»Er hat sogar über die Qualität des Bildes mit mir gesprochen. Herrgott!« Bernard setzte sich auf das Bett und ließ sich zurückfallen. »Was hat er jetzt in London vor?«
»Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, die Idee mit dem Experten hatte er aufgegeben. Er wird gar nichts mehr tun, Bernard, weil ich ihn überzeugt habe«, sagte Tom beschwichtigend.
»Weil du ihn überzeugt hast –

Weitere Kostenlose Bücher