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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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– er ist doch in so einem Zustand –, ob ich nicht lieber abreisen sollte. Morgen früh oder vielleicht sogar heute abend.«
    »Heute abend bestimmt nicht, Chris. Bei diesem Wetter! Nein, Sie stören mich wirklich nicht.«
»Aber ihn störe ich vielleicht, dachte ich. Bernard.« Chris deutete mit dem Kopf zur Treppe.
»Was denn – wir haben hier im Haus Platz genug zum Reden, Bernard und ich, wenn er das will. Lassen Sie nur.«
»Na schön, wenn Sie meinen, dann also bis morgen.« Er schob die Hände in die Taschen und trat vor die Glastür.
Jeden Augenblick mußte Mme. Annette hereinkommen und die Vorhänge zuziehen, dachte Tom. Dann hatte man doch etwas Ruhe in all dem Chaos.
»Da!« Chris wies nach draußen, auf den Rasen.
»Was ist?« Vielleicht war ein Baum gestürzt, das war nicht weiter schlimm. Tom brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, was Chris gesehen hatte, denn draußen war es dunkel. Er sah eine Gestalt langsam über den Rasen wandeln. Sein erster Gedanke war: Murchisons Geist, und er fuhr zusammen. Doch Tom glaubte nicht an Geister.
»Das ist Bernard«, sagte Chris.
Ja, natürlich war es Bernard. Tom öffnete die Fenstertür und trat hinaus in den Regen, einen kalten Sprühregen, der in alle Richtungen wehte. »He, Bernard – was machst du da?« Er sah, daß Bernard gar nicht reagierte, sondern mit erhobenem Kopf langsam weiterging. Tom lief auf ihn zu, stolperte auf der obersten Stufe der Steintreppe, fiel um ein Haar die restlichen Stufen hinunter, fing sich unten wieder, wobei er sich den Fuß verdrehte, und hinkte auf Bernard zu, wobei er schrie: »He, Bernard, komm doch rein!«
Chris lief hinunter zu Tom. »Sie werden völlig durchnäßt!« sagte er mit einem Auflachen und wollte Bernards Arm festhalten, wagte es aber offenbar nicht.
Tom packte Bernard fest am Handgelenk. »Bernard – willst du dir eine ganz dramatische Erkältung holen?«
Bernard wandte sich lächelnd ihnen zu; der Regen rann ihm durch das schwarze Haar, das an der Stirn klebte. »Ich hab das gern, wirklich. Mir ist so zumute!« Er hob die Arme hoch, und Toms Hand fiel herunter.
»Aber du kommst doch jetzt herein? Ich bitte dich, Bernard.«
Bernard lächelte Tom zu. »Gut«, sagte er freundlich, als tue er ihm einen Gefallen damit. Alle drei gingen zusammen ins Haus zurück, ganz langsam, denn Bernard schien jeden Wassertropfen in sich aufsaugen zu wollen. Er war guter Laune und machte eine scherzhafte Bemerkung, als er sich, um den Teppich zu schonen, an der Glastür die Schuhe auszog. Auch das Jackett legte er ab.
»Du mußt dich umziehen«, sagte Tom. »Warte, ich hol dir was.« Auch Tom zog die Schuhe aus.
»Schön, ich ziehe mich um«, sagte Bernard in dem gleichen wohlwollenden Ton, und stieg langsam, die Schuhe in der Hand, nach oben.
Chris blickte Tom an und runzelte streng die Stirn – genau wie Dickie. »Der ist durchgedreht«, flüsterte er. »Total durchgedreht.«
Tom nickte. Er war seltsam berührt, wie immer, wenn er mit jemandem zusammen war, der tatsächlich nicht richtig im Kopf zu sein schien. Es war ein Gefühl starker Erschütterung, das diesmal früh einsetzte; gewöhnlich brauchte es vierundzwanzig Stunden. Vorsichtig trat er auf den Fuß und drehte ihn langsam herum. Es sah nicht schlimm aus.
»Ja, vielleicht haben Sie recht«, sagte er zu Chris. »Ich werde mal raufgehen und ein paar trockene Sachen für ihn heraussuchen.«
11
    Später am Abend, gegen zehn Uhr, klopfte Tom an Bernards Tür. »Ich bin´s, Tom.«
    »Komm doch rein, Tom«, sagte Bernards Stimme gelassen. Er saß am Schreibtisch und hielt den Füllhalter in der Hand. »Bitte mach dir keine Gedanken, weil ich vorhin im Regen draußen war. In dem Regen, da war ich ich selbst, und das wird allmählich selten.«
    Tom verstand ihn nur zu gut.
    »Setz dich, Tom. Mach die Tür zu und mach es dir gemütlich.«
Tom setzte sich auf das Bett. Er hatte Bernard beim Essen – in Chris´ Gegenwart – versprochen, noch zu ihm zu kommen. Bernard war beim Essen ganz heiter gewesen. Er trug jetzt den baumwollenen Morgenrock. Auf dem Tisch lagen mehrere Bogen, bedeckt mit seiner Schrift in schwarzer Tinte, doch Tom hatte das Gefühl, ein Brief sei das nicht, was Bernard da schrieb. »Ich nehme an, du hast oft das Gefühl, Derwatt zu sein«, sagte er.
»Ja, manchmal. Aber wer könnte wirklich Derwatt sein? Und wenn ich in London über die Straßen gehe, dann nicht. Nur manchmal, wenn ich male, und nur sekundenlang, dann habe ich das Gefühl, er zu

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