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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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sein. Weißt du, jetzt kann ich auch darüber reden, es macht mir nichts mehr aus, ich tue es sogar gern: weil ich es nämlich aufgebe. Ich habe es schon aufgegeben.«
War das eine Beichte, vielleicht – hier am Schreibtisch? Und wem wurde gebeichtet?
Bernard legte den Arm über die Stuhllehne. »Ich will dir was sagen, Tom. Meine ganze Nachahmerei, alle die Fälschungen, die haben sich in diesen vier oder fünf Jahren genau so entwickelt, wie sich vielleicht Derwatts Bilder entwickelt hätten. Komisch, was?«
Tom wußte nicht recht, was er sagen sollte; ihm fehlten die richtigen, vielleicht auch die genügend respektvollen Worte. »Das ist vielleicht gar nicht so komisch. Du hast Derwatt wirklich verstanden. Das haben ja auch die Kritiker gesagt: daß das malerische Werk sich entwickelt hat.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie merkwürdig es ist, so zu malen wie Bernard Tufts. Seine Malerei hat sich nicht so sehr entwickelt. Es kommt mir vor, als ob ich jetzt Tufts fälsche, weil ich dieselben Tufts-Bilder male wie vor fünf Jahren!« Bernard lachte ganz offen. »In gewisser Weise muß ich mich viel mehr anstrengen, ich selbst zu sein, als wenn ich Derwatt zu sein versuche. Versuchte, vielmehr. Es hat mich ganz verrückt gemacht, das kannst du sehen. Ich möchte mir selbst noch eine Chance geben, wenn noch etwas von mir existiert.«
Er wollte Bernard Tufts eine Chance geben, das verstand Tom. »Ganz bestimmt, ich bin sicher, das wird dir gelingen. Du wirst derjenige sein, der den Ton angibt.« Tom nahm seine Gauloises aus der Tasche und bot Bernard eine an.
»Ich möchte reinen Tisch machen und dann neu anfangen. Ich will ein Geständnis ablegen von allem, was ich getan habe, und dann neu anfangen – oder es jedenfalls versuchen.«
»O Bernard – das mußt du dir aus dem Kopf schlagen! Du bist ja nicht der einzige, der da drinsteckt. Denk bloß mal, was das für Jeff und Ed bedeuten würde. All die Bilder, die du gemalt hast – also ernsthaft, Bernard, gehe zu einem Geistlichen, wenn du beichten willst, aber nicht zur Presse. Und auch nicht zur englischen Polizei.«
»Ich weiß, du hältst mich für verrückt, und das bin ich auch manchmal. Aber ich habe nur ein Leben, und das habe ich beinahe ruiniert. Den Rest will ich nicht ruinieren. Das ist doch wohl meine Sache, oder?«
Seine Stimme bebte. War er stark oder schwach, dachte Tom. »Ich versteh dich ja«, sagte er sanft.
»Ich will wirklich nicht dramatisch werden, aber ich muß sehen, ob die Menschen mich akzeptieren – ob sie mir vergeben, wenn du so willst.«
Nein, das werden sie nicht, dachte Tom. Das werden sie ganz zweifellos nicht. Ob es Bernard zerschmettern würde, wenn er das sagte? Wahrscheinlich ja. Vielleicht nahm er sich dann das Leben, anstatt ein Geständnis abzulegen. Tom räusperte sich und versuchte nachzudenken, aber es fiel ihm nichts – nichts ein.
»Und dann – ich glaube, Cynthia wäre dafür, daß ich reinen Tisch machte und alles sagte. Sie liebt mich, und ich liebe sie. Ich weiß, sie wollte mich jetzt nicht sehen, in London. Ed hat es mir gesagt. Das nehme ich ihr nicht übel. Jeff und Ed haben mich doch wie einen Invaliden hingestellt: ›Komm zu Bernard, er braucht dich so!‹«, sagte Bernard mit piepsender Stimme. »Welche Frau würde darauf wohl eingehen!« Er blickte Tom an und breitete lächelnd die Arme aus. »Siehst du wohl, wie gut mir der Regen getan hat? Alles hat er weggespült – bis auf meine Sünden.«
Wieder lachte er. Tom beneidete ihn um seine Sorglosigkeit.
»Cynthia ist die einzige Frau, die ich je geliebt habe. Das soll nicht – na ja, sie hat eine oder zwei Affären gehabt seit unserer Trennung, das weiß ich. Die Trennung ging ja im Grunde von mir aus. Ich war so – so nervös geworden, richtig ängstlich, als ich anfing, Derwatt nachzuahmen.« Er schluckte. »Aber sie liebt mich noch, das weiß ich – wenn ich ich bin. Kannst du das verstehen, Tom?«
»Natürlich kann ich das verstehen, ganz bestimmt. Schreibst du gerade an Cynthia?«
»Nein, ich schreibe – an irgend jemand. Es ist bloß eine Aussage – ein Bericht. Für die Presse oder sonst jemand.«
Und das mußte sofort eingestellt werden. Ruhig sagte Tom: »Du mußt dir das noch ein paar Tage überlegen, Bernard.«
»Habe ich nicht Zeit genug gehabt zum Überlegen?«
Tom suchte nach stärkeren, überzeugenderen Worten, mit denen er Bernard an Weiterem hindern konnte, aber seine Gedanken gingen immer wieder zu Murchison und zu der

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