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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Möglichkeit, daß die Polizei noch einmal erschien. Wie gründlich würden sie dann hier nach Spuren suchen? Ob sie auch in den Wald gingen? Tom Ripleys Ruf war seit der Sache mit Dickie Greenleaf nicht mehr ganz – nun, blütenweiß. Es war zwar kein Verdacht nachgeblieben, er hatte aber noch eine Zeitlang unter Verdacht gestanden, es war etwas vorgefallen, auch wenn es mit einem Happy-End für ihn ausgegangen war. Warum bloß hatte er Murchison nicht in den Kombiwagen gepackt und ihn meilenweit fortgeschafft und irgendwo vergraben, im Wald von Fontainebleau oder sonstwo? Er hätte ja schlimmstenfalls die Nacht im Wald verbringen können, wenn die Sache damit abgetan gewesen wäre. »Können wir morgen noch mal darüber reden, Bernard?« fragte er. »Dann siehst du die Dinge vielleicht doch anders an.«
»Natürlich, wir können jederzeit darüber reden. Aber ich sehe die Sache morgen genauso an wie heute. Ich wollte mit dir zuerst reden, weil du damals die ganze Sache ausgedacht hast – mit dem Wiederaufleben von Derwatt. Ich wollte am Anfang anfangen, weißt du. Ich bin ganz logisch.« Es lag eine Spur von Irrsinn in seiner dogmatischen Diktion. Wieder fühlte sich Tom ausgesprochen unbehaglich.
Das Telefon klingelte. Ein Apparat stand in Toms Schlafzimmer, man hörte die Glocke deutlich durch den Flur.
Tom sprang auf. »Du darfst die andern nicht vergessen, die –«
»Ich werde dich nicht hineinziehen, Tom.«
»Telefon – Gute Nacht, Bernard«, sagte Tom eilig und lief über den Flur in sein Zimmer. Er wollte nicht, daß Chris unten den Hörer aufnahm.
Es war noch einmal die Polizei. Man entschuldigte sich für die späte Störung, aber – Tom sagte: »Verzeihen Sie, M´sieur, aber könnten Sie vielleicht in fünf Minuten wieder anrufen. Ich bin gerade – «
»Selbstverständlich«, sagte die höfliche Stimme. »In fünf Minuten also.«
Tom legte auf und ließ das Gesicht in die Hände fallen. Er saß auf dem Bettrand und stand jetzt auf, um die Tür zu schließen. Die Sache begann ihm über den Kopf zu wachsen. Er hatte es so eilig gehabt mit dem Vergraben der Leiche, weil der verdammte Bertolozzi ihm ins Haus stand. Das war ein schwerer Fehler gewesen. Wo doch die Seine, die Loing sich überall durch die Gegend wanden, wo es so viele kleine Brücken gab, still und unauffällig, besonders still nach ein Uhr morgens. Dieser Anruf von der Polizei konnte nur Schlimmes bringen. Vielleicht hatte Mrs. Murchison – hieß sie nicht Harriet? – einen amerikanischen oder englischen Detektiv genommen, der ihren Mann finden sollte. Sie wußte, zu welchem Zweck ihr Mann diese Reise unternommen hatte: er wollte feststellen, ob das Bild eines berühmten Malers eine Fälschung war oder nicht. Mußte sie nicht Verdacht schöpfen? Wenn Mme. Annette vernommen wurde: würde sie nicht sagen, daß sie nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, wie M. Murchison am Donnerstag nachmittag das Haus verließ?
Wenn die Polizei ihn heute abend noch sprechen wollte, dann kam womöglich Chris mit der Sache von der grabähnlichen Stelle im Wald heraus. Tom hörte ihn im Geist auf Englisch sagen: ›Tom, warum sagen Sie den Leuten nichts von . . .‹, und Tom konnte dann nicht mehr ablenken und den Beamten etwas anderes auf Französisch sagen, denn Chris wollte sicher dabei sein, wenn sie dort anfingen zu graben.
Wieder klingelte das Telefon. Tom nahm ruhig den Hörer auf.
»Hallo, M. Ripley, hier ist die Polizeistation von Melun. Wir hatten einen Anruf aus London wegen der Sache des M. Murchison. Mme. Murchison hat sich mit der Metropolitan Police in London in Verbindung gesetzt, und die möchten heute abend noch so viele Informationen wie möglich von uns haben. Der englische Inspektor kommt morgen früh hier an. Wir möchten jetzt gern wissen, ob M. Murchison von Ihnen aus irgendwelche Telefongespräche geführt hat? Dann möchten wir die Nummern feststellen.«
»Ich wüßte nicht, daß er ein einziges Gespräch geführt hat. Aber ich war auch nicht die ganze Zeit im Hause.« Sie konnten sich ja von der Post die Aufstellung seiner Gespräche geben lassen, dachte Tom, aber daran mochten sie selber denken.
Gleich darauf war das Gespräch beendet.
Es war unfreundlich oder eigentlich schon geradezu befremdend, daß die Londoner Polizei Tom nicht direkt angerufen und befragt hatte. Er hatte das Gefühl, sie behandelten ihn bereits als Verdächtigen und wollten daher ihre Informationen lieber von offiziellen Stellen einholen. Tom hatte aus

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