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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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könnte.«
    Tom lachte. »Ein Paket? Das muß ein Witz sein.« Er suchte seine Zigaretten, nahm sich dann eine aus dem Kästchen auf dem Couchtisch und griff nach Héloïse’ Feuerzeug. »Rufen Sie wieder an?«
    Madame Annette, die den Eßtisch auf Hochglanz polierte, unterbrach ihre Arbeit: »Das weiß ich nicht, Monsieur Tomme. «
    »Wer der Amerikaner war, hat sie nicht gesagt?«
    »Non, Monsieur.«
    »Vielleicht sollte ich mich melden«, sagte Tom wie zu sich selbst. Das sollte er bestimmt, dachte er, schon damit ihn die Beamten nicht in Belle Ombre heimsuchten. Doch wurde ihm klar, daß das auch bedeuten würde, aufzufallen und sich in Gefahr zu begeben. Oder eindeutig zu lügen, falls er erklärte, er wisse nichts von einem Paket, solange dieses Gerippe sich noch auf seinem Grund und Boden befand.
    Im Telefonbuch schlug er die Nummer der Kripo in Nemours nach, wählte, nannte seinen Namen und die Adresse. »Meine Haushälterin sagte mir, die Kriminalpolizei hätte heute hier angerufen. War das Ihr Kommissariat?« Tom wurde weiterverbunden, mußte warten und dann sein Sprüchlein noch einmal aufsagen.
    »Ah oui, Monsieur Ripley. Oui.« Eine Männerstimme. Der Beamte fuhr auf französisch fort: »Ein Mann hat uns gemeldet, Sie hätten ein Paket bekommen, das die Polizei interessieren würde. Daher der Anruf bei Ihnen. Etwa um fünfzehn Uhr wird das gewesen sein.«
    »Ich habe heute kein Paket bekommen«, sagte Tom. »Ein paar Briefe schon, aber kein Paket.«
    »Ein großes, meinte der Amerikaner.«
    »Gar kein Paket, Monsieur, das versichere ich Ihnen. Kann mir nicht vorstellen, wieso irgend jemand… Hat der Mann seinen Namen genannt?« fragte Tom beiläufig. Er gab sich weiter unbekümmert.
    » Non, Monsieur – wir haben gefragt, doch er wollte ihn nicht nennen. Wir kennen Ihr Haus. Ein schönes Tor haben Sie da…«
    »Danke. – Der Briefträger kann selbstverständlich klingeln, wenn er ein Paket bringt. Sonst haben wir davor einen Briefkasten.«
    »Ja, c’est normal. «
    »Vielen Dank, daß Sie mich verständigt haben«, sagte Tom. »Aber zufällig bin ich eben gerade einmal ums Haus gegangen, und da liegt nirgends ein Paket, ob groß oder klein.« Ein paar freundliche Worte, dann legten sie auf.
    Tom war froh, daß der Beamte den amerikanisch klingenden Anrufer nicht mit Pritchard (Amerikaner, jetziger Wohnsitz Villeperce) in Verbindung brachte. Was noch kommen konnte, später – falls es ein »später« gäbe. Tom hoffte nicht. Und der Mann, mit dem er gerade gesprochen hatte, dürfte wohl kaum jener sein, der ihn vor Jahren in Belle Ombre aufgesucht hatte, nachdem Murchison verschwunden war. Andererseits stand dieser Besuch natürlich in den Polizeiakten. War der Beamte damals nicht aus Melun gekommen, einer größeren Stadt als Nemours?
    Madame Annette hielt sich diskret in der Nähe.
    Tom erklärte: Ein Paket gab es nicht, Monsieur Banbury und er waren ums ganze Haus gegangen, niemand hatte heute morgen das Tor passiert, nicht einmal der Briefträger (wieder nichts von Héloïse), und er hatte sich geweigert, die Polizei aus Nemours nach einem seltsamen Paket suchen zu lassen.
    »Sehr gut, Monsieur Tomme. Ich bin erleichtert. Ein Paket…« Sie schüttelte den Kopf zum Zeichen, daß sie für solche Lügner und Scherzbolde nichts übrig hatte.
    Tom war ebenfalls erleichtert – darüber, daß nämlich auch sie Pritchard nicht verdächtigte. Sollte sie ihn für den Schuldigen halten, hätte sie es gesagt, denn so etwas behielt sie nicht für sich. Tom sah auf seine Uhr: 16   :   15. Wie schön, daß Ed nach dem anstrengenden Tag heute so tief schlief. Eine Tasse Tee vielleicht? Ob er die Grais’ auf einen Drink vor dem Essen bitten sollte? Warum nicht.
    Er ging in die Küche und sagte: »Eine Kanne Tee, Madame, ja? Unser Gast wird sicher jeden Moment aufwachen. Tee für uns beide… Nein, nicht nötig, kein Kuchen, keine Sandwiches… Ja, Earl Grey wäre genau richtig.«
    Dann kehrte er ins Wohnzimmer zurück, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben. Rechts spürte er Mur-chisons klobigen Ring. Am besten ab in den Fluß damit, dachte Tom, womöglich von der Brücke in Moret, und zwar bald. Oder, wenn es schnell gehen mußte, gleich in den Küchenabfall – in einen Plastikbeutel, der ausschwang, wenn man die kleine Tür unter der Spüle öffnete; die Beutel wurden an die Straße gestellt und mittwochs und samstags vormittags abgeholt. Morgen zum Beispiel.
    Tom ging nach oben. Gerade

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