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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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und Mittwoch »aus familiären Gründen« geschlossen, eine gängige Ausrede. Ein gleichlautendes Schild würde er für die nächsten paar Tage vor die Tür hängen müssen. Nicht weiter wichtig, dachte er; die Geschäftsleute der Stadt schlossen oft aus dem einen oder anderen Grund. Einmal hatte er ein Schild gesehen, auf dem stand: »Wegen Katers geschlossen«.
    Er schloß ab und ging nach Hause, packen. Sicher höchstens für zwei Tage, wenn ihn das Hamburger Krankenhaus wegen Untersuchungen nicht länger dabehalten wollte. Er hatte sich schon eine passende Verbindung herausgesucht: erst mit dem Zug nach Paris, dann weiter zum Bahnhof Les Invalides und von dort mit dem Bus nach [80]  Orly. Als Simone mit Georges nach Hause kam, stand Jonathan schon mit dem Koffer im Flur.
    »Heute abend?« fragte Simone.
    »Je eher, desto besser, Schatz. Ganz spontan. Mittwoch bin ich zurück, vielleicht auch schon morgen abend.«
    »Aber wo kann ich dich erreichen? Hast du ein Hotelzimmer?«
    »Nein. Ich schicke dir ein Telegramm. Keine Sorge.«
    »Hast du das alles denn mit dem Arzt dort abgesprochen? Wer ist das überhaupt?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich habe nur von dem Krankenhaus gehört.« Jonathan wollte den Paß in die innere Jackentasche stecken. Er fiel ihm aus den Händen.
    »So hab ich dich noch nie gesehen!« sagte Simone.
    Jonathan lächelte ihr zu. »Na ja, wenigstens stehe ich noch.«
    Simone hätte ihn gerne zum Bahnhof Fontainebleau-Avon begleitet und dann den Bus allein zurückgenommen, doch er wollte davon nichts wissen.
    »Ich schick dir gleich ein Telegramm«, sagte er.
    »Wo ist Hamburg?« fragte Georges schon zum zweitenmal.
    » En Allemagne – in Deutschland!« sagte Jonathan.
    Zum Glück bekam Jonathan ein Taxi auf der Rue de France. Der Zug lief gerade ein, als er den Bahnhof erreichte; er hatte kaum Zeit, die Fahrkarte zu lösen und einzusteigen. An der Gare de Lyon nahm er wiederum ein Taxi bis Les Invalides. Jonathan hatte von den sechshundert Franc noch einiges übrig. Vorerst würde er sich um Geld keine Sorgen machen müssen.
    [81]  Im Flugzeug döste er mit einer Zeitschrift auf dem Schoß vor sich hin. Er stellte sich vor, ein anderer zu sein. Es war, als reiße die Maschine sein neues Ich rasend schnell von dem Mann fort, der in dem dunklen, grauen Haus in der Rue Saint-Merry zurückgeblieben war. Im Geiste sah er einen anderen Jonathan, wie er in diesem Augenblick Simone beim Geschirrspülen half und über langweiliges Zeug redete, etwa die Kosten eines neuen Linoleumbodens für die Küche.
    Das Flugzeug landete. Die Luft draußen war beißend kalt, viel kälter als daheim. Eine lange, beleuchtete Autobahn, dann die Straßen der Stadt, mächtige Häuser, die hinauf in den Nachthimmel ragten, Straßenlampen von anderer Form und Farbe als in Frankreich.
    Und da war Wister. Lächelnd kam er auf ihn zu, die rechte Hand ausgestreckt. »Willkommen, Mr.   Trevanny. Wie war der Flug? Mein Wagen steht gleich draußen. Hoffentlich hat es Ihnen nichts ausgemacht, den Bus in die Stadt zu nehmen. Mein Fahrer – eigentlich ist er das nicht, aber er fährt mich manchmal – hatte bis eben anderweitig zu tun.«
    Sie traten hinaus auf die Straße. Wister redete weiter in seinem eintönigen, amerikanisch gefärbten Englisch. Bis auf die Narbe wies nichts an ihm auf Gewalttätigkeit hin. Jonathan kam er sehr ruhig vor, ein Psychiater fände ihn vielleicht zu ruhig. Oder hatte er nur ein Magengeschwür und mußte sich schonen? Neben einem glänzenden schwarzen Mercedes blieb Wister stehen. Ein älterer Mann ohne Mütze nahm Jonathan den nicht sehr großen Koffer ab und öffnete den Wagenschlag.
    [82]  »Das ist Karl«, sagte Wister.
    »Guten Abend.«
    Karl lächelte und murmelte etwas auf deutsch.
    Sie fuhren ziemlich lange. Wister zeigte Jonathan das Rathaus (»das älteste in Europa, die Bomben haben es verfehlt«) und eine große Kirche oder Kathedrale, deren Namen er nicht mitbekam. Dann fuhren sie durch einen eher ländlich geprägten Stadtteil, überquerten eine weitere Brükke und bogen in eine kaum erleuchtete Straße ein.
    »Da wären wir«, bemerkte Wister. »Mein Zuhause.«
    Der Wagen hielt am Ende einer Auffahrt vor einem großen Wohnhaus. Nur wenige Fenster waren erleuchtet, doch über dem vornehmen Eingang brannte Licht.
    »Ein altes Haus mit vier Wohnungen. Eine davon gehört mir«, erklärte Wister. »In Hamburg gibt es viele solcher umgebauten ehemaligen Einfamilienhäuser. Von meiner

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