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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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– eher ein vager Verdacht, weil er selbst überhaupt nicht feilschen konnte. Reeves mußte in einer schwachen Verhandlungsposition sein, wenn er die anderen erst nach vollbrachter Tat um ihren Beitrag anging. Hätten seine Freunde nicht vorher das ganze Geld aufbringen können, mindestens aber eine größere Summe, mit ihm gewissermaßen als Treuhänder? »Danke, aber ich möchte keine Mark«, sagte er.
    »Selbstverständlich nicht, ich verstehe. Da ist noch etwas: Ihr Geld sollte in der Schweiz auf einem Geheimkonto liegen, meinen Sie nicht? Sie wollen doch bestimmt nicht, daß es auf Ihrem französischen Konto auftaucht. [119]  Und es in einen Strumpf stecken wie die Franzosen wollen Sie sicher auch nicht, oder?«
    »Das nicht gerade… Wie schnell können Sie die Hälfte beschaffen?« fragte Jonathan, als sei er sicher, das Geld zu bekommen.
    »Binnen einer Woche. Denken Sie daran, es kann sein, daß Sie noch einen Auftrag erledigen müssen, damit der erste richtig Wirkung zeigt. Wir müssen abwarten.«
    Jonathan versuchte, seine Gereiztheit zu verbergen. »Wann wissen Sie das?«
    »Ebenfalls binnen einer Woche. Vielleicht schon in vier Tagen. Ich melde mich.«
    »Offen gestanden finde ich, mehr als die fünftausend wären nur fair. Sofort, meine ich.« Jonathan spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoß.
    »Das finde ich auch. Deshalb habe ich mich ja für diese armselige Summe entschuldigt. Ich verspreche Ihnen, ich tue, was ich kann, und als nächstes werden Sie von mir – oder über mich – die angenehme Nachricht von der Eröffnung eines Schweizer Kontos sowie einen Kontoauszug erhalten.«
    Das klang schon besser. »Wann?« fragte Jonathan.
    »Innerhalb einer Woche. Ehrenwort.«
    »Das heißt, die Hälfte?«
    »Ich weiß nicht, ob ich die Hälfte des Geldes beschaffen kann, bevor… Ich habe es Ihnen doch erklärt, Jonathan: Dies ist ein zweischneidiges Geschäft. Wer so viel Geld zahlt, will ein bestimmtes Ergebnis.« Reeves sah ihn an.
    Jonathan las die stumme Frage in seinem Blick: Erschießen Sie den zweiten Mann oder nicht? Wenn nicht, sagen [120]  Sie es jetzt. »Ich verstehe«, sagte er. Ein bißchen mehr von dem Geld, selbst nur ein Drittel, wäre schon nicht schlecht. Ungefähr vierzehntausend Pfund. Ein hübsches Sümmchen für die Arbeit, die er geleistet hatte. Jonathan beschloß, fest zu bleiben und sich an diesem Abend auf keine Verhandlungen mehr einzulassen.
    Tags darauf flog er mit der Mittagsmaschine zurück nach Paris. Minot hatte gesagt, er werde den Termin bei Dr.   Wentzel absagen, also hatte Jonathan das ihm überlassen. Minot hatte auch gesagt, er werde ihn übermorgen, Samstag, im Laden anrufen. Er hatte Jonathan zum Flugplatz gebracht und ihm die Morgenzeitung gezeigt mit einem Foto von Bianca auf dem Bahnsteig der U-Bahn-Station. In Minots Gesicht las er stillen Triumph: Dem Bericht zufolge fehlte außer der italienischen Pistole jeder Hinweis auf den Täter; man vermutete einen Mafia-Killer. Bianca wurde als Fußsoldat oder Wasserträger der Mafia bezeichnet. Jonathan hatte schon morgens beim Zigarettenholen am Kiosk die Titelseiten gesehen, jedoch keine Tageszeitung kaufen wollen. Jetzt, im Flugzeug, wurde ihm die Zeitung von der lächelnden Stewardess überreicht. Jonathan legte sie noch gefaltet in den Schoß und schloß die Augen.
    Mit Zug und Taxi wurde es fast sieben, bis er zu Hause war. Er schloß selbst auf.
    »Jon!« Simone kam ihm im Flur entgegen.
    Er nahm sie in die Arme. »Hallo, Schatz!«
    »Irgendwie wußte ich, daß du genau jetzt kommen würdest.« Sie lachte. »Was gibt’s Neues? Leg doch ab. Erst heute morgen kam dein Brief, und da stand, daß du gestern abend hier sein wolltest. Bist du nicht ganz bei Trost?«
    [121]  Jonathan warf seinen Mantel über den Haken und hob Georges hoch, der seine Beine umschlungen hielt. »Und wie geht’s meiner kleinen Nervensäge Cailloux?« Er küßte Georges auf die Wange. Er hatte ihm ein Spielzeugauto mitgebracht, einen Kipplader, in derselben Plastiktüte, in der auch der Whisky steckte. Der Lastwagen konnte warten. Er zog die Flasche hervor.
    »Ah, quel luxe!« rief Simone. »Wollen wir sie gleich aufmachen?«
    »Aber sicher!« erwiderte Jonathan.
    Sie gingen in die Küche. Simone trank ihren Scotch gern mit Eis, Jonathan war es egal.
    »Was haben die Ärzte gesagt? Erzähl schon!« Simone holte die Eiswürfelschale heraus und trat an die Spüle.
    »Ach, eigentlich das gleiche wie die Ärzte hier. Aber sie

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