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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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gemacht schien: der runde Kragen, der dunkelgelbe, braunkarierte Tweed und die vier braunen, im Quadrat gesetzten Jackenknöpfe. Der Preis war ihm zuerst horrend vorgekommen – richtig happig, hatte er gedacht, während er es jetzt plötzlich fast günstig fand und voller Vorfreude zusah, wie der neue Stoff vorsichtig gefaltet und in Lagen schneeweißen Seidenpapiers verpackt wurde. Daß es dann Simone so gefiel, freute ihn doppelt. Seit Jahren ihr erstes schönes Stück, denn die Kleider vom Markt oder vom Prisunic zählten nicht.
    »Aber war das nicht schrecklich teuer, Jon?«
    »Nein, gar nicht. Die Ärzte in Hamburg haben mir einen Vorschuß gegeben, für den Fall, daß ich wiederkommen muß. Sie waren ziemlich großzügig. Mach dir darüber keine Gedanken.«
    Das wollte sie auch nicht, er sah es ihr an. Jedenfalls nicht jetzt. Lächelnd sagte sie: »Ich nehme es als Geburtstagsgeschenk.«
    Auch Jonathan mußte lächeln: Ihr Geburtstag lag fast zwei Monate zurück.
    Am Samstag vormittag klingelte in Jonathans Laden das Telefon. Nicht zum ersten Mal an diesem Morgen, diesmal aber anders, wie bei einem Ferngespräch.
    [126]  »Hier ist Reeves… Wie geht es Ihnen?«
    »Danke, gut.« Mit einem Mal war Jonathan hellwach und angespannt. Er hatte gerade Kundschaft, einen Mann, der eingehend die Musterstücke für Rahmenholz an der Wand betrachtete. Aber Jonathan sprach englisch.
    Reeves sagte: »Ich komme morgen nach Paris und würde Sie gern treffen. Ich habe etwas für Sie – Sie wissen schon.« Er klang so ruhig wie immer.
    Simone wollte, daß sie am Sonntag gemeinsam ihre Eltern in Nemours besuchten. »Geht es auch abends? Sagen wir, gegen sechs? Das Mittagessen morgen wird länger dauern.«
    »Sicher, verstehe. Diese Sonntagsessen in Frankreich! Klar, gegen sechs. Sie finden mich im Hotel Cayré am Boulevard Raspail.«
    Von dem Hotel hatte Jonathan schon gehört. Er sagte, er werde versuchen, zwischen sechs und sieben dort zu sein. »Sonntags fahren weniger Züge.«
    Reeves sagte: »Kein Problem. Bis morgen dann.«
    Offenbar brachte Reeves Geld mit. Jonathan wandte sich wieder seinem Kunden zu, der einen Rahmen brauchte.
    Simone sah phantastisch aus in ihrem neuen Kostüm, als sie sich am Sonntag auf den Weg zu den Foussadiers machten. Jonathan hatte sie gebeten, nicht zu erwähnen, daß er von den deutschen Ärzten bezahlt werde.
    »Ich bin doch nicht blöd!« verkündete Simone. Ihre bereitwillige Scheinheiligkeit amüsierte ihn. Dann stand Simone doch mehr auf seiner Seite als auf der ihrer Eltern. Oft hatte er es umgekehrt empfunden.
    »Sogar heute«, bemerkte Simone bei seinen [127]  Schwiegereltern, »muß Jon nach Paris und mit einem Kollegen der Deutschen sprechen.«
    Es wurde ein besonders vergnügtes Sonntagsessen. Jonathan und Simone hatten eine Flasche Johnny Walker mitgebracht.
    Er nahm den 16   :   49-Uhr-Zug von Fontainebleau, weil von Saint Pierre-Nemours kein passender Zug fuhr, und traf gegen halb sechs in Paris ein. Am Bahnhof stieg er in die Métro um; das Hotel lag ganz in der Nähe einer Station.
    Reeves hatte am Empfang hinterlassen, man solle Jonathan auf sein Zimmer schicken. Er war in Hemdsärmeln, hatte anscheinend auf dem Bett gelegen und Zeitungen gelesen. »Hallo Jonathan! Wie geht’s so? – Setzen Sie sich doch! Ich muß Ihnen etwas zeigen.« Er ging zu seinem Koffer. »Zunächst einmal das hier.« Er hielt einen weißen Umschlag hoch, entnahm ihm ein maschinegeschriebenes Blatt und reichte es Jonathan.
    Der Brief war auf englisch an den Schweizerischen Bankverein gerichtet und von einem Ernst Hildesheim unterzeichnet, der um die Eröffnung eines Bankkontos auf den Namen Jonathan Trevanny ersuchte, Rue des Sablons (die Geschäftsadresse) in Fontainebleau; ein Scheck über achtzigtausend Mark liege bei. Der Brief war ein Durchschlag, jedoch eigenhändig unterzeichnet.
    »Wer ist Hildesheim?« fragte Jonathan, während er schon nachrechnete: Die deutsche Mark war ungefähr einen Franc und sechzig Centimes wert, also entsprachen achtzigtausend D-Mark fast einhundertdreißigtausend französischen Franc.
    [128]  »Ein Geschäftsmann aus Hamburg, dem ich gelegentlich einen Gefallen getan habe. Hildesheim wird nicht überwacht, die Summe taucht auch nicht in den Geschäftsbüchern seiner Firma auf, also braucht er sich keine Sorgen zu machen. Er hat einen Barscheck geschickt. Jonathan, für Sie zählt nur, daß das Geld gestern von Hamburg auf Ihr Schweizer Konto überwiesen wurde.

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