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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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wollen ein paar neue Medikamente an mir ausprobieren. Sie werden sich wieder melden.« Im Flugzeug hatte Jonathan sich diese Version für Simone zurechtgelegt. Damit ließ er sich die Möglichkeit offen, noch einmal nach Deutschland zu reisen. Was nützte es schon, wenn er ihr beichtete, daß es ihm zumindest dem Anschein nach ein klein bißchen schlechter ging? Was konnte sie schon tun, außer sich noch mehr Sorgen zu machen? Jonathans Zuversicht war während des Fluges gewachsen: Wenn er das erste Mal heil überstanden hatte, warum dann nicht auch ein zweites?
    »Heißt das, du mußt da noch mal hin?« fragte sie.
    »Schon möglich.« Jonathan sah zu, wie sie ihnen großzügig einschenkte. »Aber sie wollen mich dafür bezahlen. Sie melden sich bei mir.«
    »Wirklich?« fragte Simone erstaunt.
    [122]  »Ist das Scotch? Und was krieg ich ?« fragte Georges in so korrektem Englisch, daß Jonathan lachen mußte.
    »Willst du auch was? Aber nur einen winzigen Schluck.« Jonathan hielt ihm sein Glas hin.
    Simone fiel ihm in den Arm. »Hier, Georgie, Orangensaft!« Sie schenkte dem Kleinen ein Glas ein. »Du meinst, sie probieren eine bestimmte Therapie bei dir aus, die dich wieder gesund macht?«
    Jonathan runzelte die Stirn, innerlich immer noch Herr der Lage. »Schatz, ein wirkliches Heilmittel gibt es nicht. Sie… sie werden eine Menge neuer Tabletten ausprobieren. Viel mehr weiß ich auch nicht. Santé! « Jonathan spürte einen Anflug von Euphorie: Innen in seiner Jackentasche steckten die fünftausend Franc; er war, jedenfalls vorerst, sicher im Schoß seiner Familie, und wenn alles gutging, waren die Fünftausend nur ein Taschengeld, genau wie Reeves Minot gesagt hatte.
    Simone lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Sie geben dir Geld dafür, daß du zurückgehst? Das heißt, es ist nicht ungefährlich, stimmt’s?«
    »Nein. Ich glaube, ein paar Unannehmlichkeiten sind damit schon verbunden, wie zum Beispiel, daß ich noch einmal nach Deutschland fahren muß. Sie übernehmen die Reisekosten, das wollte ich damit nur sagen.« So weit hatte Jonathan noch nicht gedacht. Er konnte behaupten, Dr.   Perrier werde die Spritzen setzen und die Tabletten verabreichen. Doch fürs erste hatte er wohl das Richtige gesagt.
    »Du meinst, Sie halten dich für einen besonderen Fall?«
    »Gewissermaßen schon, ja. Was ich natürlich nicht [123]  bin.« Jonathan lächelte. Er war tatsächlich keiner, und Simone wußte das. »Doch es könnte sein, daß sie ein paar Tests an mir durchführen wollen. Ich weiß es noch nicht, mein Schatz.«
    »Jedenfalls scheinst du richtig glücklich darüber. Das freut mich, chéri. «
    »Laß uns heute abend essen gehen. Im Restaurant gleich um die Ecke. Nein, Georges nehmen wir mit«, beharrte er. »Na komm, wir können es uns leisten.«

[124]  8
    Jonathan steckte vier- von den fünftausend Franc in einen Umschlag und legte ihn in eine der acht gleichen Schubladen der Kommode hinten im Laden. Diese Schublade, die zweite von unten, enthielt nur Drahtenden, Schnurreste und Anhänger mit verstärkten Löchern: Krimskrams, wie ihn nur ein sparsamer oder verschrobener Mensch aufbewahren würde, dachte er. Sie und die Schublade darunter (von der Jonathan nicht einmal ahnte, was sie enthielt) öffnete er normalerweise nie, also würde Simone das auch nicht tun, wenn sie im Laden aushalf, was sowieso nur selten vorkam. Jonathans eigentliche Geldschublade war die oberste rechts unter dem Ladentisch. Die restlichen tausend Franc zahlte Jonathan am Freitag morgen auf ihr gemeinsames Konto bei der Société Générale ein. Gut möglich, daß Simone diese zusätzlichen Franc erst in ein paar Wochen bemerken würde; und etwas dazu sagen würde sie auch nicht unbedingt, selbst wenn die Summe in einem Kontoauszug auftauchte. Und falls sie doch fragte, konnte er immer noch sagen, mehrere Kunden hätten endlich ihre Ausstände beglichen. Jonathan zahlte alle ihre Rechnungen gewöhnlich per Scheck; das Scheckbuch lag immer in der Schublade des écritoire im Wohnzimmer, außer wenn einer von ihnen es [125]  mitgenommen hatte, um etwas zu bezahlen, was aber höchstens einmal im Monat vorkam.
    Schon am Freitag nachmittag hatte Jonathan eine Verwendung für einen Teil der tausend gefunden. In einem Geschäft in der Rue de France kaufte er für 395   Franc ein senffarbenes Tweedkostüm für Simone. Schon vor Tagen, noch vor Hamburg, hatte er das Kostüm gesehen und gleich an Simone gedacht, weil es wie für sie

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