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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Glauben, das wußte Jonathan schon jetzt, durch nichts erschüttern lassen, weil ihm so leicht niemand einfallen würde, der das Gerücht in die Welt gesetzt haben könnte, zumal Gauthier nun tot war und Jonathans neue Quelle nicht mehr bestätigen konnte.
    In seinem roten Alfa Romeo nahm Tom den schwarzen Schal ab und fuhr Richtung Süden, nach Moret, nach Hause. Schade, daß Simone so feindselig war, daß sie ihn verdächtigte, er habe Gauthier ermorden lassen. An dem Anzünder des Armaturenbretts steckte er sich eine Zigarette an. In dem Sportwagen war er versucht, schneller zu fahren, hielt sich jedoch wohlweislich zurück.
    Gauthiers Tod war sicher ein Unfall gewesen. Üble Sache, sehr bedauerlich, aber eben nur das, es sei denn, Gauthier war in seltsame Geschäfte verwickelt gewesen, von denen Tom nichts geahnt hatte.
    Eine große Elster strich quer über die Straße und hob sich dabei wunderschön gegen die blaßgrüne Trauerweide ab. Allmählich setzte sich die Sonne durch. Ob er in Moret halten und etwas einkaufen sollte? Es gab immer etwas, das Madame Annette brauchte oder gerne hätte, heute aber [233]  wollte Tom nichts einfallen, außerdem hatte er eigentlich keine Lust anzuhalten. Der Mann in Moret, der sonst seine Bilder rahmte, hatte ihm gestern am Telefon das mit Gauthier erzählt. Irgendwann mußte Tom einmal erwähnt haben, daß er bei Gauthier in Fontainebleau seine Farben kaufte. Tom gab Gas, überholte erst einen Lastwagen, dann zwei zu schnell fahrende Citroëns und hatte bald die Abzweigung nach Villeperce erreicht.
    »Ach, Tomme, da war ein Ferngespräch für dich«, sagte Héloïse, als er ins Wohnzimmer trat.
    »Von wo?« Doch das wußte er schon. Reeves wahrscheinlich.
    »Aus Deutschland, glaube ich.« Héloïse setzte sich wieder an das Cembalo, das vor der Flügeltür einen Ehrenplatz erhalten hatte.
    Tom erkannte, was sie spielte: die Oberstimme einer Chaconne von Bach. »Rufen sie wieder an?« fragte er.
    Héloïse wandte den Kopf, ihr langes blondes Haar schwang mit. »Ich weiß nicht, chéri. Habe nur mit der Vermittlung gesprochen, es war ein Gespräch mit Voranmeldung. Da ist es wieder!« In ihre letzten Worte hinein klingelte das Telefon.
    Tom lief nach oben auf sein Zimmer. Die Vermittlung fragte, ob er Monsieur Ripley sei; gleich darauf hörte er Reeves sagen: »Hallo Tom. Können Sie sprechen?« Reeves klang ruhiger als zuletzt.
    »Ja. Sie sind in Amsterdam?«
    »Ja, und ich weiß etwas, das Sie freuen dürfte und nicht in der Zeitung steht: Dieser Leibwächter ist tot. Sie wissen schon, der Kerl, den sie nach Mailand verlegt haben.«
    [234]  »Wer sagt das?«
    »Einer meiner Hamburger Freunde. Ein zuverlässiger Mann.«
    Genau die Art von Geschichte, wie sie die Mafia verbreiten könnte. Tom würde sie erst glauben, wenn er die Leiche sähe. »Noch etwas?«
    »Ich dachte, das wäre vielleicht eine gute Nachricht für unseren Freund. Daß der Kerl tot ist, meine ich.«
    »Klar, ich verstehe, Reeves. Und wie geht’s Ihnen?«
    »Ach, ich lebe noch.« Reeves lachte gezwungen. »Bin gerade dabei, mir meine Sachen nach Amsterdam schicken zu lassen. Mir gefällt’s hier, ich fühle mich viel sicherer als in Hamburg, soviel steht fest. Da ist noch etwas. Mein Freund Fritz. Er rief mich an, meine Nummer hatte er von Gaby. Jetzt ist er bei seinem Cousin in irgendeinem Kaff bei Hamburg. Aber die haben ihn zusammengeschlagen, diese Schweine, er hat ein paar Zähne verloren, der Arme. Die haben soviel aus ihm herausgeprügelt, wie sie nur konnten…«
    Das war knapp. Einen Moment lang tat Tom dieser ihm unbekannte Fritz leid, der Minots Fahrer oder Laufbursche war.
    »Fritz kannte unsern Freund nur als ›Paul‹«, fuhr Reeves fort. »Außerdem hat er ihn genau falsch beschrieben, als klein, dick und schwarzhaarig, aber ich fürchte, das kaufen sie ihm womöglich nicht ab. Fritz hat sich nicht schlecht gehalten – die haben ihn sich gründlich vorgenommen. Er sagt, er wäre dabei geblieben, daß unser Freund genau so aussieht. Mehr als sein Aussehen kennt er ja auch nicht. Aber ich stecke jetzt im Schlamassel, glaube ich.«
    [235]  Das glaubte Tom auch, denn wie Reeves aussah, wußten die Italiener sehr wohl. »Sehr interessant, diese Neuigkeiten. Doch wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, mein Freund. Was macht Ihnen wirklich Sorgen?«
    Reeves seufzte hörbar. »Meine Sachen hierher zu schaffen. Aber ich habe Gaby Geld gesandt, sie wird mir einiges schicken. Dann hab ich meiner Bank

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