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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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begannen die Telefonnummern mit 422; die 424 galt für ein Gebiet südlich der Stadt einschließlich Villeperce.
    » Tomme, was hast du?« fragte Héloïse.
    »Nichts, mein Schatz. Was ist eigentlich mit deinen Kreuzfahrtplänen? Hast du etwas Nettes gefunden?«
    »O ja! Nichts Luxuriöses, kein casse-pied, schön schlicht, [259]  mehr nicht. Eine Kreuzfahrt im Mittelmeer von Venedig bis zur türkischen Küste. Fünfzehn Tage, und kein Garderobenzwang. Wie klingt das, Tomme ? Im Mai und Juni fährt das Schiff zum Beispiel alle drei Wochen.«
    »Zur Zeit ist mir nicht danach. Frag Noëlle, ob sie mitkommen will. Würde dir guttun.«
    Tom ging hinauf in sein Zimmer und öffnete die unterste Schublade der großen Kommode. Obenauf lag Héloïses grüne Jacke aus Salzburg, ganz unten und weit hinten eine Luger, die Tom erst vor drei Monaten ausgerechnet von Reeves bekommen hatte, jedoch nicht direkt von ihm, sondern von einem Mann, den Tom in Paris treffen mußte, um eine Lieferung zu übernehmen, die er dann einen Monat zu verwahren hatte, bevor er sie weiterschickte. Daraufhin hatte Tom als Gefälligkeit, oder besser als Entgelt, um eine Luger gebeten und sie auch erhalten, Kaliber 7,65   mm, dazu zwei Schachteln Munition. Tom vergewisserte sich, daß die Pistole geladen war, ging dann zum Schrank und prüfte sein Jagdgewehr, ein französisches Fabrikat: Auch das Gewehr war geladen und gesichert. Sollte es heute abend oder morgen irgendwann Ärger geben, würde er wohl eher die Luger brauchen. Er hielt durch die beiden Fenster seines Zimmers, die nach verschiedenen Richtungen gingen, Ausschau nach Autos, die langsam mit Abblendlicht vorbeifuhren, sah aber nichts. Es war schon dunkel geworden.
    Von links näherte sich zügig ein Wagen: die lieben, harmlosen Cleggs. Geschickt bogen sie durch das Tor in die Einfahrt von Belle Ombre. Tom ging hinunter, um sie zu begrüßen.
    Howard Clegg, um die Fünfzig, und seine Frau [260]  Rosemary, beide Engländer, blieben auf zwei Drinks, später kamen die Grais hinzu. Clegg, ein Rechtsanwalt im Ruhestand, hatte seinen Beruf wegen eines Herzfehlers aufgegeben; dennoch war er der Gesprächigste der kleinen Runde. Mit seinem grauen, korrekt geschnittenen Haar und dem abgetragenen Tweedjackett hatte er die ländliche Noblesse, die Tom jetzt brauchte. Clegg stand mit dem Rücken vor den zugezogenen Vorhängen des Fensters zur Straße, einen Scotch in der Hand, und erzählte eine lustige Geschichte. Was sollte heute abend schon passieren, das diese ländliche Bonhommie zerstören könnte? Tom hatte in seinem Zimmer das Licht angelassen, auch die Nachttischlampe in Héloïses Zimmer brannte. Die beiden Autos der Gäste waren achtlos auf dem Kies geparkt. Alles sollte nach einer Party im Haus aussehen, die größer wirkte, als sie war. Nicht daß er damit die Mafiamänner hindern konnte, eine Bombe zu werfen, wenn sie das wollten. Deshalb brachte er womöglich seine Freunde mit in Gefahr. Aber sein Gefühl sagte ihm, daß die Mafia ihn lieber still und leise beseitigen würde: ihn allein erwischen und dann blitzschnell angreifen, vielleicht sogar ohne Pistolen, und ihn nur mit Füßen und Fäusten töten. Sie könnten hier in Villeperce auf der Straße zuschlagen und wieder weg sein, bevor die Dorfbewohner wußten, was los war.
    Rosemary Clegg, eine schlanke, reife Schönheit, versprach Héloïse gerade eine Pflanze, die sie und ihr Mann kürzlich aus England mitgebracht hatten.
    »Wollen Sie diesen Sommer irgendwo Feuer legen?« fragte Antoine Grais.
    »Das ist eigentlich nicht mein Ding.« Tom lächelte. [261]  »Kommen Sie, ich zeige Ihnen das zukünftige Gewächshaus.«
    Er öffnete die Flügeltür und ging mit Antoine die kleine Treppe hinab auf den Rasen. Tom hatte eine Taschenlampe dabei. Die Arbeiter hatten das Fundament mit Zement ausgegossen, daneben die Stangen des Stahlrahmens gestapelt, was dem Rasen nicht guttat, und waren seit einer Woche nicht mehr erschienen. Einer aus dem Dorf hatte Tom vor diesem Trupp gewarnt – die Männer hatten diesen Sommer so viel zu tun, daß sie von einer Baustelle zur anderen hetzten, um es allen Auftraggebern recht zu machen oder zumindest die meisten bei der Stange zu halten.
    »Ich denke, das wird schon werden«, sagte Antoine schließlich.
    Tom hatte sich von Antoine beraten lassen, welches Gewächshaus das beste sei, und ihn dafür bezahlt. Antoine hatte ihm auch die Baustoffe billig beschaffen können, billiger zumindest, als sie der

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