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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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ich sollte lieber erst im Laden die Kanone loswerden. Setzen Sie mich doch hier irgendwo ab.«
    Tom fuhr rechts heran und hielt. »Kopf hoch. Sollte Sie irgendwas ernsthaft beunruhigen, dann rufen Sie ruhig an. Das meine ich ernst.«
    Jonathan rang sich ein Lächeln ab. Er hatte Angst. »Und umgekehrt… wenn ich helfen kann.«
    Tom fuhr weiter.
    [253]  Jonathan ging zum Laden; die Hand in der Tasche hielt die schwere Pistole. Er legte sie in die Kassenschublade unter der dicken Tresenplatte. Ripley hatte recht, die Waffe war besser als nichts. Und er hatte noch einen Trumpf: Er machte sich nicht viel aus seinem Leben. Anders wäre es, wenn Ripley erschossen oder sonstwie umgebracht würde, bei bester Gesundheit sein Leben verlöre, und das wirklich für nichts und wieder nichts.
    Sollte ein Mann im Laden erscheinen, um ihn zu erschießen, und er zufällig schneller sein, dann wäre das Spiel sowieso aus. Das brauchte Ripley ihm nicht zu sagen. Der Schuß würde Passanten alarmieren, dann die Polizei; die würde den Toten identifizieren und sich fragen, warum ein Mitglied der Mafia Jonathan Trevanny erschießen sollte. Dann käme als nächstes die Zugfahrt ans Licht, denn die Polizei würde wissen wollen, wo er in den letzten Wochen gewesen sei, und seinen Paß sehen wollen. Er wäre erledigt.
    Jonathan schloß ab und ging weiter zur Rue SaintMerry. Er dachte an Minots ausgebombte Wohnung, an all die Bücher, Platten und Bilder. Und an Fritz, der ihn zu einem Mafiamann namens Salvatore Bianca geführt hatte, zusammengeschlagen worden war und ihn doch nicht verraten hatte.
    Fast halb acht, Simone war in der Küche. »Bonsoir!« sagte Jonathan mit einem Lächeln.
    »Bonsoir«, erwiderte Simone. Sie drehte das Gas kleiner, richtete sich auf und nahm die Schürze ab. »Und was hattest du vorhin mit Monsieur Ripley zu besprechen?«
    Jonathan brannten die Wangen. Wann hatte Simone sie [254]  gesehen? Als er aus Toms Auto stieg? »Er kam wegen ein paar Rahmen vorbei«, sagte Jonathan. »Also haben wir ein Bier getrunken. Ich wollte sowieso bald schließen.«
    »Ach ja?« Sie musterte ihn ungerührt. »Soso.«
    Er hängte seine Jacke im Flur auf. Georges kam die Treppe herunter, ihn zu begrüßen, und erzählte von seinem neuen Luftkissenboot – er setzte gerade ein Modell zusammen, das Jonathan ihm gekauft hatte und das ein bißchen zu schwer für ihn war. Jonathan hob ihn sich schwungvoll auf die Schultern. »Nach dem Essen schauen wir’s uns mal an, ja?«
    Die Stimmung blieb schlecht. Zum Essen gab es eine köstliche Gemüsecremesuppe, püriert in dem Mixer, den Jonathan gerade erst für sechshundert Franc gekauft hatte: Das Gerät konnte Früchte entsaften und fast alles zermahlen, sogar Hühnerknochen. Jonathan hatte vergeblich versucht, eine Unterhaltung in Gang zu bringen. Simone konnte jedes Gespräch im Keim ersticken. Dabei war es durchaus möglich, dachte Jonathan, daß Tom Ripley von ihm ein paar Bilder gerahmt haben wollte. Schließlich hatte Tom erzählt, er male ein bißchen. Jonathan sagte:
    »Ripley möchte ein paar Sachen gerahmt haben. Vielleicht muß ich ihn mal besuchen und sie mir anschauen.«
    »Aha.« Derselbe Ton. Dann ein paar freundliche Worte zu Georges.
    Jonathan konnte Simone nicht leiden, wenn sie so war, und haßte sich dafür. Eigentlich hatte er ihr an diesem Abend die Erklärung für das viele Geld auf dem Schweizer Konto liefern wollen, die Erklärung mit der Wette. Doch er brachte es einfach nicht fertig.

[255]  17
    Nachdem er Jonathan abgesetzt hatte, hielt Tom spontan an einer Bar und rief zu Hause an. Er wollte wissen, ob alles in Ordnung und Héloïse schon zurück sei. Zu seiner großen Erleichterung hob sie selbst ab.
    » Oui, chéri. Bin gerade erst nach Haus gekommen. Wo bist du? Nein, Noëlle und ich hatten nur einen Aperitif.«
    »Héloïse, mein Liebling, laß uns heute abend etwas unternehmen. Vielleicht haben ja die Grais oder die Berthelins Zeit… Ich weiß, es ist zu spät, jemanden zum Abendessen zu bitten, aber für danach? Die Cleggs vielleicht? … Ja, mir ist nach Gesellschaft.« Er sagte noch, er sei in einer Viertelstunde zu Hause.
    Tom fuhr schnell, aber umsichtig. Wenn er an den Abend dachte, wurde ihm mulmig. Ob Madame Annette in seiner Abwesenheit irgendwelche Anrufe entgegengenommen hatte?
    Héloïse oder Madame Annette hatte an der Vorderfront von Belle Ombre das Licht eingeschaltet, obwohl es noch hell war. Ein großer Citroën rollte langsam vorbei,

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