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Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Titel: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Gigerenzer
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darin, dass die Methode oft gelehrt wird, als wäre sie für alle Entscheidungen geeignet. Doch in den meisten Fällen hat die Partnerwahl eine andere Basis. Nicht Berechnungen, sondern ein Bauchgefühl. Und manchmal beruht dieses Gefühl auf unbewussten Faustregeln. Hier ist eine Intuition von Männern:
    Versuche die Frau zu bekommen, die deine Freunde begehren.
    Auch manche Frauen lassen sich so leiten. Für diese einfache Strategie ist keine Analyse von Pro und Contra erforderlich. Es handelt sich abermals um soziale Nachahmung. Sie kann vorteilhaft sein, und sei es nur infolge eines sozialen Dominoeffekts: Sie garantiert mehr oder weniger, dass Ihre Freunde diese Person ebenfalls mögen und Sie wegen Ihres Erfolgs bewundern. Diese Regel erklärt auch, warum so viele Männer so wenig über ihre Frau wissen, manchmal nicht einmal die Augenfarbe.
    In jungen Jahren schlug Benjamin Franklin für die Wahl einer Geliebten eine Faustregel vor, die er als »paradox« bezeichnete 140 :
    Bei Liebesaffären sollte man sich lieber an ältere als an jüngere Frauen halten.
    Um Gründe zur Rechtfertigung war Franklin nicht verlegen: Ältere Frauen seien erfahrener und verschwiegener, ihre Gespräche seien erbaulicher, man brauche keine Schwangerschaften zu befürchten, und nicht zuletzt könne man mit Dankbarkeit rechnen.
    Partnerwahl
    Franklins Bilanzmethode setzt voraus, dass alle Kandidaten bekannt sind. Von geschlossenen, kleinen Gemeinschaften abgesehen, ist das selten der Fall; normalerweise finden neue Begegnungen in zeitlicher Abfolge statt. Aus diesem Grund können wir unmöglich wissen, wer uns noch über den Weg läuft, nachdem wir uns für einen Partner entschieden haben. Doch wenn wir ewig warten, verprellen wir vielleicht andere, die jemand anderen heiraten, bevor wir sie erneut in Betracht ziehen können. So stellt sich die Frage, wann man einen Antrag machen soll. Die klassische Version dieser Frage ist das sogenannte Mitgiftproblem:
    Sultan Saladin sucht nach einem Weisen als Berater. Um einen Kandidaten zu testen, verspricht der Sultan ihm die Frau mit der größten Mitgift in seinem Sultanat zur Frau, vorausgesetzt, er kann sie in einer Gruppe von 100 schönen Frauen herausfinden. Wenn nicht, wird er den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen. Nacheinander betreten die Frauen den Raum, in zufälliger Reihenfolge. Der Weise fragt die erste nach ihrer Mitgift und muss augenblicklich entscheiden, ob er sie wählt oder nicht. Wenn nicht, betritt die nächste Frau den Raum, und so fort, bis er eine wählt. Der Weise kennt die Größenordnung der Mitgiften nicht und kann nicht auf eine Frau zurückkommen, die er bereits abgelehnt hat. Welche Strategie verspricht die beste Aussicht, die Frau mit der größten Mitgift auszuwählen?
    Man möchte den Weisen bedauern, weil all seine Hoffnungen auf Ruhm und Reichtum vergebens sind. Schließlich scheinen doch die Chancen, die Beste auszuwählen, nur 1/100 zu stehen. Doch wenn er intelligent ist, kann er mit der folgenden Strategie weitaus besser fahren:
    37-Prozent-Regel : Lass die ersten 37 Frauen passieren und merke dir die bis dahin höchste Mitgift. Dann wähle die erste Frau, die eine noch höhere Mitgift hat.
    Diese Regel erhört die Gewinnchance von 1/100 auf rund 1/3. Das ist keine Gewissheit, aber der Weise hat nun doch bessere Aussichten, eine Frau und eine Stellung zu bekommen.
    Satisficing
    Die 37-Prozent-Regel ist mathematisch elegant, weil die Zahl der Optionen, die man passieren lässt, gleich N/ e ist, wobei N die Zahl der Alternativen (in unserem Beispiel 100) und e (~ 2,718) die Basis des natürlichen Logarithmensystems ist. Als man jedoch in Versuchen das Mitgiftproblem (auch als Sekretärinnenproblem oder Heiratsproblem bezeichnet) lösen ließ, trafen die meisten Teilnehmer ihre Wahl, lange bevor Kandidatin 37 erschien. 141 Ist daraus zu schließen, dass die Menschen ungeduldig sind und ihren Ehepartner zu früh wählen?
    Ich glaube nicht. Unser Denken wird von der Partnerwahl in der Wirklichkeit geprägt, die sich in wichtigen Punkten vom Mitgiftproblem unterscheidet. Wir können nicht jede Person einfach nach ihrem »Partnerwert« fragen; der »Wert« ist durch hohe Ungewissheit geprägt – wie hoch, finden Sie unter Umständen erst Jahre später heraus. Die einen suchen nach charakterlichen Vorzügen wie Intelligenz und Humor, die anderen nach körperlichen wie der Kiefergröße beim Mann oder dem Taille-Hüfte-Verhältnis bei der Frau. 142 Letztlich

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