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Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)

Titel: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Gigerenzer
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und Chipausgaben werden in vielen Kasinos von Papiergutscheinen abgelöst, sodass man sich wohl schon bald neue Tricks einfallen lassen muss, um die subjektive Erfahrung zu manipulieren.
    132 Beilock et al. 2004.
    133 Galesic et al. 2012. Zu Strategien der Essenswahl vgl. Todd und Minard, im Druck.
    134 Schwartz et al. 2002.

Kapitel 8
Von Herzensdingen und Partnerwahl
    Halte die Augen weit offen vor der Heirat und halb geschlossen danach .
    Benjamin Franklin
    Einige Jahre nach seiner historischen Reise auf der »Beagle« beschäftigte sich der 29-jährige Charles Darwin mit etwas häuslicheren Dingen. Sollte er sich verheiraten? Darwin nahm einen Bleistift und schrieb »Das ist die Frage« auf einen Zettel. Dann unterteilte er diesen wie eine Bilanzaufstellung in zwei Spalten, in denen er die Gründe für und gegen eine Eheschließung auflistete (Seite 190).
    Darwin kam zu dem Ergebnis, dass er heiraten sollte, und schrieb unter die linke Spalte: »Heiraten – Heiraten – Heiraten – Q.E.D.« 135 Im Bewusstsein der Konsequenzen für seine persönliche Freiheit notierte er auf der Rückseite die Einsicht: »Es gibt manch glücklichen Sklaven.« Im Jahr darauf heiratete Darwin seine Cousine Emma Wedgwood und hatte schließlich zehn Kinder mit ihr. Wie entschloss sich Darwin auf der Basis der erörterten Gründe – ständige Gefährtin, besser als ein Hund, keine Kinder, fett und faul – zum Heiraten? Er hat es uns nicht gesagt.

    Maximieren oder Faustregel?
    Darwin hätte zwei Möglichkeiten gehabt, zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen: Maximierung oder Faustregel. Maximierung heißt hier: zu schätzen, wie bedeutsam (nützlich) jeder Grund für das Heiraten ist, zu bestimmen, wie wahrscheinlich sein Eintreten ist, jeden Grund mit seiner Wahrscheinlichkeit zu multiplizieren und alle diese Zahlen zu addieren. Dann dieses Verfahren mit den Gegenargumenten der Alternative »nicht heiraten« zu wiederholen. Schließlich die Alternative mit dem höchsten erwarteten Nutzen zu wählen. Diese Methode wird auch als die Maximierung des subjektiv erwarteten Nutzens bezeichnet und weltweit an Universitäten als die Quintessenz rationaler Entscheidungsfindung gelehrt. Sie beruht auf der Idealvorstellung, dass wir die Risiken kennen. Wie wir gleich sehen werden, entwarf auch Benjamin Franklin eine Version dieser Bilanzmethode für Heiratsentscheidungen. Doch in einer ungewissen Welt, in der die Wahrscheinlichkeiten nicht bekannt sind, können alle diese Berechnungen auf Sand gebaut sein. Die Alternative sind Faustregeln, die wahrscheinlich zu einer guten Entscheidung führen. Eine Kategorie von Faustregeln benutzt nur einen guten Grund ( One-Reason-Decision-Making ):
    Finde den wichtigsten Grund und vergiss den Rest.
    Hier beruht die Entscheidung ausschließlich auf einem einzigen Grund – es wird keine Berechnung durchgeführt. Tatsächlich lässt sich der Abschnitt vor Darwins »Q.E.D.« so interpretieren, als gäbe es nur einen einzigen entscheidenden Grund – den, eine ständige Gefährtin zu haben: »Stell dir vor, den ganzen Tag allein in verrauchtem schmutzigen Londoner Haus! – Mal dir nur aus: eine nette, zärtliche Frau auf einem Sofa …« Wie unsere Forschung zeigt, beruhen die Entscheidungen vieler Menschen oft auf einem einzigen triftigen Grund. Zudem können solche Entscheidungen besser sein als der Versuch, alle Gründe zu berücksichtigen. 136 Verschiedene Gründe zu kombinieren würde bedeuten, dass man alle Gründe auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Darwin müsste abschätzen, wie viele Gespräche mit klugen Freunden den gleichen Nutzen wie zehn Kinder haben oder wie viele Stunden Pflichtbesuche bei angeheirateten Verwandten durch zärtliche Momente auf dem Sofa aufgewogen werden. Das Ideal des Verrechnens ( Trade-off ) ist eine Eigenschaft der Zahlen, nicht unbedingt der menschlichen Psyche. Tatsächlich gilt es manchmal als unmoralisch. Wahre Liebe, Freundschaft, militärische Ehrungen und Doktortitel gelten als unbezahlbar und daher als unvergleichbar mit käuflichen Dingen.
    Vielleicht hat sich Darwin auf einen guten Grund verlassen, aber das ist nicht die einzige Möglichkeit. Soziale Regeln sind eine Alternative, etwa in Form sozialer Nachahmung:
    Heirate, wenn die meisten Männer deines Alters heiraten .
    Schließlich war Darwin schon 29, ein Alter, in dem die meisten seiner Altersgenossen bereits eine Frau gefunden haben dürften. Es heißt, die Nachahmung werde vom sozialen Druck zum Heiraten

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