Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Barzuwendungen anzunehmen. In China, wo die meisten Krankenhäuser staatlich und die Gehälter ziemlich niedrig sind, können Ärzte ihr Einkommen erheblich aufbessern, indem sie Arzneimittel und Technik für bildgebende Verfahren verkaufen. Wenn sie es nicht tun, erleiden sie Einbußen. Dieser Zusatzverdienst kann höher sein als das Grundgehalt. 166 Patienten müssen sich klarmachen, dass das SIC -Syndrom zur Überbehandlung führt.
Bei ungefähr zehn Millionen US -amerikanischer Frauen wurden überflüssige PAP -Tests auf Gebärmutterhalskrebs gemacht – überflüssig, weil diese Frauen nach einer Totaloperation gar keinen Gebärmutterhals mehr hatten. 167 Unnütze PAP -Abstriche schaden der Patientin nicht, aber im Gesundheitssystem werden damit Millionen Dollar verschwendet, die für andere Zwecke sinnvoller eingesetzt werden könnten. Außerdem vergeuden Ärzte mit solchen Maßnahmen ihre Zeit und Aufmerksamkeit. Bereits 1996 wies die US -amerikanische Behörde für Präventivmedizin ( Preventive Services Task Force ) darauf hin, dass bei diesen Frauen routinemäßige PAP -Abstriche ungerechtfertigt seien, doch kaum jemand nahm es zur Kenntnis. Fünfzehn Jahre später standen diese sinnlosen PAP -Abstriche noch immer auf der Liste der fünf überflüssigsten medizinischen Maßnahmen. 168 Warum missachten so viele Ärzte die Empfehlungen medizinischer Gesellschaften? Die Antwort liefert das Vergütungssystem, welches Ärzte für jede Einzelleistung, von Tests bis zu Operationen, entlohnt – statt ihnen ein gutes Pauschalgehalt zu zahlen. Verantwortliche Ärzte, die keine überflüssigen Tests durchführen, müssen Einkommenseinbußen hinnehmen – beim SIC -Syndrom das »C«, das durch ein System mit falschen Anreizen hervorgerufen wird.
Weniger ist (oft) mehr
Wie im Finanzwesen ist auch in der Gesundheitspflege komplexe Technik nicht immer besser und sicherer. Ein Grund für ihren exzessiven Einsatz in der Medizin sind Interessenkonflikte – wiederum das »C« im oben beschriebenen SIC -Syndrom. Einkommenssteigernde Maßnahmen wie bildgebende Verfahren und chirurgische Eingriffe werden gefördert. Beispielsweise führen einige Ärzte sehr viel mehr Bypassoperationen durch als andere – sogar an Patienten, bei denen das nicht nötig ist. In einem Fall verteidigten die Kollegen das Verhalten des Chirurgen mit den Worten: »Was wollen Sie, er hat vier Kinder auf dem College.« 169 Wird er mit dem Skalpell weniger schnell zur Hand sein, wenn seine Kinder Examen gemacht haben? In einigen gewinnorientierten Privatkliniken setzt die Geschäftsführung Wochenquoten für Hysterektomien, Knieoperationen und andere Eingriffe fest und erwartet von ihren Chirurgen, dass sie diese auch durchführen, egal, welche Patienten zu ihnen kommen. Hinzu kommen nichtmonetäre Konflikte, die zu Überbehandlungen führen, etwa wenn Ärzte für ihr Facharztexamen eine bestimmte Anzahl von Operationen nachweisen müssen. Es gibt noch einen zweiten Grund für den übermäßigen Einsatz von Technik: Viele Ärzte empfehlen ihren Patienten überflüssige und möglicherweise schädliche Therapien und Tests, um sich gegen Schadenersatzprozesse zu schützen – das »S« im SIC -Syndrom. Sowohl Interessenkonflikte als auch defensive Medizin führen zum gleichen Resultat: Statt zu tun, was am besten für den Patienten ist, vergeuden die Ärzte ihre Zeit mit unnötigen Tests und Behandlungen – auch wenn einfachere und wirksamere zur Verfügung stehen.
Untersuchung am Krankenbett oder MRT?
Schwindelgefühl, Übelkeit und Erbrechen gehören zu den Symptomen des sogenannten akuten Vestibularsyndroms. In seltenen Fällen kann ein gefährlicher Schlaganfall die Ursache sein – ein Hirnstamm- oder Kleinhirninfarkt. Wenn ein Patient mit diesen Symptomen in die Notaufnahme kommt, müssen die Ärzte die richtige Diagnose stellen. Wie können sie herausfinden, ob der Patient einen Schlaganfall hatte? Oft wird bei der Einlieferung eine MRT gemacht – eine Magnetresonanztomografie. Ein MRT -Gerät erzeugt mithilfe eines energiereichen Magnetfelds und von Hochfrequenzimpulsen zwei oder dreidimensionale Bilder von inneren Organen. Die Patienten müssen sich ganz oder weitgehend ausziehen und einen Kittel anlegen, woraufhin der zu untersuchende Körperteil in das röhrenförmige Gerät eingeführt wird. Diese Maßnahmen lösen bei einigen Patienten Nervosität oder klaustrophobische Empfindungen aus. Wenn für eine bessere Bildqualität
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