Riskante Geschäfte
ihn. Also!« Sie spannte den Bogen und zielte auf Bonds Füße. »Entweder Sie tun, was ich sage, oder Sie werden's bereuen! Und glauben Sie ja nicht, daß ich spaße. Das ist eine Privatsache, von der mich niemand abhalten wird, das hab ich mir geschworen!« Sie warf den Kopf gebieterisch zurück. »Na, wird's?«
Bond nahm die Drohung ernst. Dieses lächerlich schöne, wilde Geschöpf hatte sich in einen Zustand gelenkter Hysterie hineingesteigert. Er konnte nichts dagegen tun, denn ihre Waffe war lautlos, aber seine Pistole würde die ganze Gegend
alarmieren. Wohl oder übel mußte er mit ihr zusammenarbeiten, ihr einen Teil der Arbeit überlassen, um selber den Rest besorgen zu können. So sagte er ruhig: »Hören Sie zu, Judy! Wenn Sie durchaus auf Ihrem Vorhaben bestehen, dann tun wir's doch lieber gemeinsam. Aufträge solcher Art sind mein Beruf, außerdem habe ich Befehl, es zu tun - von einem nahen Freund Ihrer Familie, wenn Sie's genau wissen wollen! Und mein Gewehr reicht mindestens fünfmal so weit wie Ihr Bogen. Sogar auf dem Patio könnte ich ihn von hier aus erwischen, aber das ist mir zu unsicher. Ich warte lieber, bis die ganze
Gesellschaft zum See geht. Und wenn Sie mir dann
Feuerunterstützung geben, wird es noch leichter sein«, schloß er
etwas lahm.
»Nein.« Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Tut mir leid. Sie können mir Feuerschutz geben, wenn Sie wollen, mir ist das egal. Aber mit dem See haben Sie recht. Gestern gegen elf Uhr waren sie alle unten, und heute ist es genauso warm. Ich werde ihn von der unteren Baumreihe aus aufs Korn nehmen, dort weiß ich einen guten Platz. Die Leibwächter haben zwar immer ihre Maschinenpistolen mit, aber ich weiß schon, wie ich's mache, und werde außer Schußweite sein, bevor sie überhaupt begriffen haben, was los ist. Mein Plan ist fix und fertig, aber ich kann jetzt nicht länger hier herumstehen - ich sollte schon längst an meinem Platz unten sein. Es tut mir leid, aber wenn Sie jetzt nicht sofort ja sagen, bleibt mir keine Wahl.« Sie hob den Bogen. Bond verfluchte sie innerlich. Wütend sagte er: »Na, gut! Aber das eine sag ich Ihnen: wenn wir hier heil herauskommen, gibt's eine Tracht Prügel, daß Sie eine Woche lang nicht sitzen können! Vorwärts jetzt, ich kümmere mich um die ändern! Und wenn Sie wirklich durchkommen sollten, treffen Sie mich hier. Wenn nicht, komm ich hinunter und klaube die Reste zusammen.«
Das Mädchen entspannte ihren Bogen und sagte gleichmütig: »Freut mich, daß Sie Vernunft annehmen. Denken Sie nicht an mich, und bleiben Sie in Deckung. Geben Sie acht, daß nicht die Sonne auf Ihr Glas fällt!« Mit dem Lächeln der Frau, die das letzte Wort gehabt hat, wandte sie sich ab und schritt zwischen den Bäumen davon.
Bond sah ihr nach, bis sie hinter den Stämmen verschwunden war, dann nahm er das Fernrohr auf und begab sich wieder an seinen Beobachtungsposten. Zum Teufel mit ihr! Es wurde Zeit, sich dem Geschäft zu widmen! Zwar mußte er jetzt ihren ersten Schuß abwarten, denn man konnte nicht wissen, wozu dieses hitzköpfige Geschöpf imstande war, wenn er zuerst schoß! Er schwelgte ein wenig in dem Gedanken, was er ihr antun würde, wenn erst alles vorbei war! Aber dann gab es Bewegung vor dem Haus, er schob alle erregenden Gedanken von sich und hob das Glas an die Augen.
Die beiden Dienstmädchen räumten das Frühstücksgeschirr ab. Weder die Badenixen noch die Revolvermänner waren jetzt zu sehen. Hammerstein lag lesend auf der Gartencouch und sprach ab und zu auf Gonzalez ein, der ihm zu Füßen rittlings auf einem Gartenstuhl saß und eine Zigarre rauchte. Bond sah auf die Uhr. Es war jetzt halb elf. Da die Szene sich nicht so schnell ändern würde, setzte er sich wieder rücklings an seinen Baum und untersuchte sein Gewehr. Bald würde er es erproben
müssen!
Er konnte seinem Auftrag keinen Geschmack abgewinnen. Immer wieder hatte er sich daran erinnern müssen, welche Art Menschen das waren. Der Mord an den Havelocks war besonders schäbig gewesen, und wahrscheinlich gab es sehr viele Leute die wie dieses Mädchen Hammerstein umbringen wollten. Aber für Bond war das anders, er hatte keine persönlichen Motive. Für ihn war es Beruf, so wie ein Rattenvertilger eben Ratten zu vertilgen hat.
Maschinenpistolengeknatter schreckte ihn aus seinen Überlegungen! Schon beim zweiten Feuerstoß hatte er
Weitere Kostenlose Bücher