Riskante Naehe
uns.«
»Hm?« Langsam schlug sie die Augen auf.
»Diesmal haben wir es sogar bis ins Bett geschafft.«
Röte stieg in ihre Wangen, als sie sich an ihren langen Weg durch das Treppenhaus erinnerte. »Aber nur knapp.«
Matt lachte zufrieden. »Na ja, wir haben ja noch eine Menge Zeit zum Üben.« Er wurde ernst. »Die haben wir doch, oder?«
Shannon betrachtete eingehend sein Gesicht. »Das hoffe ich.«
Matts Finger fuhren über ihr Gesicht, zeichneten zärtlich ihren Mund nach, die Nase, die Augenbrauen. »Wie lange kannst du bleiben?« Er richtete sich plötzlich auf. »Wo lebst du eigentlich? Ich glaube nicht, dass du mir das jemals erzählt hast.« Hoffentlich war es nicht zu weit weg.
Shannon zuckte mit den Schultern. »Im letzten Jahr habe ich in San Francisco in der Nähe von Jay gewohnt. Aber im Prinzip ist es ganz egal, wo ich wohne, ich kann überall arbeiten, wo mein Laptop ist.«
Matt blinzelte. »Dann muss ich ihn wohl festketten, damit du für immer hierbleibst.«
Shannons Lächeln raubte ihm den Atem. »Das brauchst du gar nicht, denn hier gibt es etwas viel Wichtigeres als meinen Laptop.«
»Und was?«
»Dich.«
Matt glaubte nicht, dass er jemals glücklicher gewesen war als in diesem Moment. Er beugte sich wieder zu ihr hinunter und besiegelte mit einem zärtlichen Kuss ihre gemeinsame Zukunft.
45
Karen trat aus dem kühlen Gebäude auf den kochenden Asphalt. Washington erlebte gerade eine ausdauernde Hitzewelle, jeden Tag an die 40° C im Schatten und kein Ende in Sicht. Seufzend suchte sie in ihrer riesigen Umhängetasche nach ihrer Sonnenbrille. Ein notwendiges Utensil nach den Vorfällen in Montana. Sie litt unter Schlafstörungen und ständigen Kopfschmerzen, seit sie an die Ostküste zurückgekehrt war. Ihr Arzt hatte ihr versichert, dass keine körperlichen Ursachen dafür vorlagen, und riet ihr, eine Traumaberatung aufzusuchen. Karen vermutete allerdings, dass ihre Beschwerden einen ganz anderen Ursprung hatten.
Um Clint zu vergessen, hatte sie sich in ihre Arbeit vergraben und oft bis nachts an ihrem Computer gesessen. Wenn sie dann im Bett lag, wanderten ihre Gedanken unweigerlich zu ihren Tagen auf der Diamond Bar Ranch zurück. Sie bemühte sich, die Sehnsucht zu unterdrücken, verlor aber jede Nacht den Kampf ein wenig mehr. Neuerdings begann auch ihre Arbeit unter ihrem Privatleben, vielmehr dem Mangel daran, zu leiden. So etwas war ihr noch nie passiert, und es erschreckte sie zutiefst.
Vorsichtig setzte sie einen mit gepolsterten Sandalen bekleideten Fuß vor den anderen und überquerte so langsam den gepflasterten Vorplatz des Pentagons. Ihr luftiges Sommerkleid klebte bereits nach wenigen Schritten an ihrer Haut, ebenso wie die Haarfransen, die aus ihrem Zopf entkommen waren. Sie sehnte sich nach dem Herbst, wenn die Temperaturen auf ein angenehmes Maß sinken und die Blätter an den Bäumen in einer unendlichen Vielfalt von Rottönen erglühen würden. Es war immer ihre liebste Jahreszeit an der Ostküste gewesen, doch dieses Jahr konnte sie selbst dafür keine richtige Begeisterung aufbringen.
Eine Woche nach den Ereignissen im Yellowstone Park war Pauls Leichnam zur Beerdigung freigegeben worden. Sie hatte seiner Familie Bescheid gegeben und sich dann in ihrer Arbeit vergraben. Er war ohne ihre Beteiligung beerdigt worden. Sie konnte sich nicht dazu durchringen, an seinem Grab zu stehen und zu trauern. Sie trauerte um einen Paul, den es anscheinend nie gegeben hatte, der neun Jahre lang ihr Leben geteilt hatte, die guten und die schlechten Zeiten. Wie hatte sie nicht bemerken können, dass er sie überhaupt nicht liebte, sogar verabscheute? War sie so auf sich konzentriert gewesen, dass ihr das entgangen war? Ein schrecklicher Gedanke.
Wenige Schritte vom U-Bahn-Eingang entfernt blickte sie auf und entdeckte einen Mann in weißer Uniform, der mit dem Rücken zu ihr an einem Poller lehnte. Abrupt blieb sie stehen, ihren Blick starr auf den Mann gerichtet. Clint! Mit einem Schlag setzte ihr Herz wieder ein. So ein Unsinn, sie befand sich hier schließlich vor dem Pentagon, da war die Anwesenheit eines Navy-Soldaten nichts Ungewöhnliches. Außerdem war Clint schon seit vier Jahren nicht mehr beim Militär. Vermutlich hatte er noch eine Uniform, aber er zog sie bestimmt nicht mehr an, schon gar nicht bei dieser Hitze. Kopfschüttelnd setzte sie ihren Weg langsam fort. Obwohl sie es besser wusste, blieb ihr Blick jedoch weiterhin an der breitschultrigen Gestalt
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