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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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wieder brachte eine Unebenheit der Fahrbahn das Rad fast zum Abheben, ein Fahrrad von dreißig Kilo, mit einem Reiter von sechzig, zusammen also neunzig Kilo, ist ja bei sechzig Stundenkilometern nicht ganz dasselbe wie ein Auto, das mehr als eine Tonne wiegt.
    Der Wind,
    ein Monteverdi-Wind,
    ein Freiheitswind,
    nahm jetzt mit jeder Sekunde zu, und die Nadel des Tachos schnellte auf immer unglaublichere Werte hoch.
    Ha, ha, da taucht das erste Auto auf! Es war ein ziemlich schwer beladener Kieswagen, aber immerhin ein Auto. Er muß ungefähr siebzig Stundenkilometer gefahren sein.
    Onkel Stig überholte es, leicht wie ein Schatten, wie ein Geisterhauch, und er sah im Rückspiegel, wie der Fahrer bedenklich schleuderte, während er sich hinter seinem Steuer von dem Schock zu erholen versuchte.
    Achtzig Stundenkilometer, das Fahrrad macht bei jedem Buckel auf der Straße weite Sprünge, es ist immer noch kein bißchen anstrengend, der Zeiger kriecht immer höher, und der Regen, der fällt, ist nun kein kalter Regen mehr, sondern ein erfrischender, und der Monteverdi-Wind umbraust ihn voller geheimnisvoller Verheißungen, und der Gefangene des Fortschritts ist ganz frei in der Glasblase seines Fortschritts, seiner Inspiration, seiner Tüchtigkeit,
     
    UND DER REGEN SPÜLT DIE MÜDIGKEIT VON JAHRZEHNTEN WEG
     
    der Wind ist schon ein Sturm, und jetzt sind es hundert Stundenkilometer, hundert Stundenkilometer! Und diese beiden Personenwagen überholt er so schnell, daß er kaum etwas von ihrem Benzingeruch spürt, und auch sie kommen wahnsinnig ins Schleudern, als sie überholt werden,
     
    ZEITNEHMER MIT BLEICHEN GESICHTERN WIRBELN VORBEI
     
    und bei 110 Stundenkilometern kommt eine Windbö daher, erfaßt Josef Sofia und seinen todesverachtenden Fahrer und schleudert sie beide im hohen Bogen auf die Felder hinaus, und er mußte drei Monate im Krankenhaus bleiben, bis seine Oberschenkelbrüche einigermaßen verheilt waren, und alle alten Rentner in den Nachbarbetten lachten sich fast tot, als sie erfuhren, was ihm passiert war, und dann erholte er sich wieder, sehr gut sogar, aber seine Erfindungen nahm er nie wieder auf, und er wurde etwas dicker und ruhiger und sprach immer einsilbiger vom Stalinismus und kaufte sich mit der Zeit ein Reihenhaus in Hägersten, und wenn man ihn dort seinen Rasenmäher schieben sah, einen sehr dicken, schweigsamen Durchschnittsingenieur, der Stalins philosophische Schriften auf dem Speicher verstaut hatte, dann begriff man natürlich, daß irgendwo irgendwas schiefgelaufen sein mußte, es war nur nicht so leicht zu sagen, was, aber ganz schrecklich schiefgelaufen war es irgendwo – sein Leben hatte sozusagen seinen Höhepunkt überschritten – und die Tulpen wuchsen und wuchsen in seinem Garten, und der Rasen wurde von Jahr zu Jahr grüner
     
    UND IRGENDWO WAR ALLES SCHIEFGELAUFEN
     
    und das ist das Ende der Geschichte von der Tüchtigkeit.

Ein intergalaktischer Krieg II
     
    Die riesigen, parabolischen Antennenschalen auf dem Planeten Ygal-Ygal, sechs oder sieben Kilometer von Rand zu Rand, schwenkten nervös von einem Himmelssektor zum anderen.
    Das tiefrote, matte Dämmerlicht der sterbenden alten Sonne Ham-Ofad schaffte es kaum mehr, die eigentümlichen, vom Wind geschliffenen Steinblöcke der trostlosen Wüste noch Schatten werfen zu lassen. Seit einigen Jahren war auf dem Planeten Nachmittag, und eine frische südwestliche Brise von minus 120 Grad Celsius fegte mit einer Windstärke von 240 Metersekunden über seine Oberfläche. Kein Staubkorn regte sich in dieser Wüste, wofür es eine ganz natürliche Erklärung gab: Jedes hatte nämlich eine Masse von etwa dreißig bis vierzig Tonnen.
    Ygal-Ygal ist ein ungewöhnlich großer Planet, besonders für die Verhältnisse in unserer Galaxis. In dieser scheinbar uninteressanten, dämmrigen roten Wüste, wo der Horizont Tausende von Kilometern entfernt zu sein schien, hatten selbst die erfahrensten Weltraumgeologen aus uralten Zivilisationen manches entdecken können, worüber ihnen Hören und Sehen verging.
    Mit gutem Grund. Ygal-Ygal ist kein ganz alltäglicher Riesenplanet.
    Er liegt nämlich gar nicht in unserer Galaxis.
     
    Kiirk-Fa machte nicht die geringsten Anstalten zu bremsen, als er in die Atmosphäre von Ygal-Ygal eintauchte. Im Gegenteil: Er faltete die kurzen, aggressiv geformten Flügel zusammen und ließ sich Tausende von Metern ins Innere des Planeten hinabfallen. Sein kurzer, vorspringender Schnabel spaltete

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