Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)
Tidningen ), die sich in einem dritten Wagen anschlossen.
Auf diese Weise war es eine außerordentlich geglückte Demonstration, daß dem letzten Wagen, besetzt mit dem Direktor der Straßenverwaltung und dem Sekretär der Provinzialregierung, der gleichzeitig eine ebenso hohe Position bei der Rationierungsbehörde innehatte, drei Kilometer südlich von Onkel Sunes Hügel die Hinterachse brach. Zusammen mit zwei Assessoren der Provinzialregierung mußten sie durch den Schneematsch des Vorfrühlings waten, bis sie zu Onkel Sunes Haus kamen. Zu ihrem Pech waren sie ja auch noch am Ende der Kolonne gefahren, als das Unglück passierte, und die Leute in den beiden anderen Wagen hatten offenbar nichts davon gemerkt.
Sie stapften also durch den Schneematsch und diskutierten lebhaft darüber, ob sie in Richtung Fagersta gehen oder nach Virsbo zurückkehren sollten, und mitten in der Debatte erblickte der Sekretär der Provinzialregierung Onkel Sunes rote Tanksäule oben auf dem Hügel.
Mittlerweile lief ihm der Schweiß über sein hochrotes Gesicht, und sein Wollschal, den er in die Tasche gesteckt hatte, schleifte wie eine Schleppe hinter ihm her. Die Aktenmappe hatte gottlob einer der Assessoren an sich genommen.
Onkel Sune kannte ja sowohl den Direktor der Straßenverwaltung als auch den Sekretär der Provinzialregierung aus der Vestmanlands Läns Tidningen und erbleichte für einen Moment. War irgendeins seiner besseren Geschäfte in der letzten Zeit vielleicht doch zu gewagt gewesen?
Als er sah, in welchem Zustand sie sich befanden, beruhigte er sich rasch wieder und lächelte unter dem Stalinschnauzbart sein gewinnendstes Lächeln.
Bald saßen die Herren in Unterhosen an einem gedeckten Kaffeetisch im Obergeschoß, während Ruth nebenan in der Küche ihre Hosen mit einem dampfend heißen Bügeleisen bearbeitete. Man sprach über den schrecklichen Zustand der Straße, tatsächlich brachen den Wagen ja jeden zweiten Tag die Hinterachsen, und über die Schwierigkeiten, die ein armer Kaufmann in diesen Krisenzeiten mit der Abrechnung der Lebensmittelmarken hatte, und selbstverständlich hatten die Herren Verständnis dafür, unter uns gesagt, Herr Jansson, so einfach ist es schließlich auch nicht, in der Rationierungsbehörde zu sitzen, und ist vielleicht noch ein ganz, ganz kleiner Kognak gefällig?
Es war urgemütlich und hätte noch bis tief in den Abend so weitergehen können. Dem Direktor der Straßenverwaltung war es völlig klar, daß die Straße in Windeseile asphaltiert werden mußte, wenigstens bis zu diesem wirklich netten kleinen Laden hin, und alles war Friede und Freude, bis einer der Herren zufällig einen Blick auf seine Uhr warf.
Panik! Rasch die Hosen an, vielen herzlichen Dank, und jetzt ist nur die Frage, lieber Herr Jansson, ob Sie uns freundlicherweise fahren könnten – nach Virsbo oder nach Västanfors – ja, was ist denn übrigens näher?
– Ach so, nach Västanfors? Aber lieber Herr Jansson, wo Sie schon soo freundlich gewesen sind, und jetzt wollen Sie uns auch noch bis hinunter nach Västanfors fahren. Sie haben gerade Ihren neuen Holzvergaser in Ordnung gebracht, wie ich hörte?
Onkel Sune schlich in den Petroleumschuppen hinaus und tankte den Plymouth voll.
Die Autofahrt war genauso nett wie der ganze Nachmittag. Onkel Sune war allerbester Laune, der Zigarillo wippte munter im Nietzscheschnauzbart, und auf der Höhe der Trinkerheilanstalt von Sundby war es ihm praktisch gelungen, bei der Rationierungsbehörde eine Sonderzuteilung von Textilien für seinen Laden zu erwirken. Im Triumph fuhr der Wagen vor dem alten Gemeindehaus von Fagersta vor, wo ein düsteres Empfangskomitee sich ein wenig aufheiterte, als es die Herren auf dem Rücksitz erblickte. Es waren Gemeinderäte von drei Orten, Herren vom Provinziallandtag und von der Straßenverwaltung und der Polizeidirektor von Västanfors.
Die Herren stiegen aus und bedankten sich für die Fahrt. In diesem Moment entdeckte jemand, daß der Holzvergaser fehlte. Er war ganz einfach nicht da! Entweder hatte Onkel Sune ihn in der Eile anzuschließen vergessen, oder das Scheißding hatte sich unterwegs losgerissen, was noch wahrscheinlicher war.
Er war ebenso ehrlich erstaunt wie alle anderen.
– Ja du liebe Güte, sagte Sune, wo ist denn mein Holzvergaser geblieben?
Der Wagen tuckerte munter im Leerlauf, aber niemand war – gottlob – geistesgegenwärtig genug, um das zu bemerken.
– Wir müssen das Scheißding unterwegs
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