Ritter des dunklen Rufes
den engen hirschledernen Hosen.
Erneut erklang das seltsame Heulen weit im Norden. Es wurde von einem zweiten Heulen im Osten beantwortet … und von einem dritten im Süden. Nuada schauderte.
»Wölfe?« fragte er.
Arian blieb stehen. »Es muss eine Täuschung durch den Wind sein«, meinte sie. »Oder ein verzerrtes Echo. Jedenfalls wird es uns nicht stören. Wölfe halten sich von Menschen fern – außer im schlimmsten Winter, wenn sie wenig zu fressen finden. Aber selbst dann kann ein Jäger, der die Nerven behält, sie verscheuchen.«
»Dieses Geheul ist mir durch Mark und Bein gegangen«, sagte er.
Sie lächelte ihn an. »Das liegt daran, dass du ein Stadtmensch bist«, sagte sie.
»Dir macht es also nichts aus?«
»Überhaupt nichts«, log sie.
Manannan, der Einstige Ritter, saß allein mit Ollathair, dem Waffenmeister, zusammen. Die Hütte war leer, denn Gwydion und die Familie waren zu dem Dorfplatz der Siedlung gegangen. Ruad wartete darauf, dass Manannan etwas sagte, aber der Einstige Ritter starrte schweigend vor sich auf den Tisch. Schließlich sprach Ruad.
»Wir brauchen sie, Manannan. Wenn sie noch leben, müssen wir sie zurückholen.«
»Ich kann es nicht, ich kann nicht durch das Schwarze Tor gehen.«
Der Waffenmeister ergriff Manannans Arm. »Das Reich ist in großer Gefahr. Die Farben geraten in Unordnung, das Rot schwillt an. Nomaden werden ermordet. Lust, Gier und Übel überschwemmen die Harmonien. Verstehst du? Der König hat acht Ritter um sich geschart – Rote Ritter. Ich spüre, dass sie böse sind. Man muss ihnen entgegentreten, Manannan. Nur die Ritter der Gabala können hoffen, ihnen zu widerstehen.«
»Dann hättest du sie nicht fortschicken dürfen«, sagte Manannan und blickte Ollathair fest in die Augen.
Der ältere Mann wandte den Blick ab. »Du hast Recht. Es war die schlimmste Torheit. Aber ich kann es nicht ungeschehen machen.«
»Geh ihnen selbst nach.«
»Das kann ich nicht. Es gibt niemanden, der auf dieser Seite das Tor öffnen kann, und in der anderen Welt ist der Zauber vielleicht nicht umkehrbar. Du musst gehen.«
Manannan lachte und schüttelte den Kopf. »Du verstehst das nicht, hast es nie verstanden. Ich bin in der Nacht, bevor dieses Abenteuer begann, zu dir gekommen. Ich habe dir von meinen Ängsten erzählt. Ich hatte keine Angst vor dem Tod. Ich wusste, wenn ich durch dieses Tor ginge, wäre meine Seele in Gefahr. Aber nein, du wolltest ja nicht zuhören. Nun, sie sind fort, Ollathair. Du kannst sie nicht zurückholen. Sie sind gestorben, in welcher Hölle sie jenseits des Tores auch gelandet sind.«
»Du kannst dessen nicht sicher sein.«
»Nein, das kann ich nicht. Aber wenn Samildanach und die anderen noch am Leben wären, hätten sie einen Weg zurück gefunden. Dessen bin ich sicher. Samildanach war fast ein so guter Zauberer wie du.«
Manannan goss Wasser in einen irdenen Becher und trank, dann stand er auf und sah auf Ollathair hinunter. »In jener letzten Nacht sah ich, wie Samildanach Morrigan Lebewohl sagte. Sie weinte, und er verließ sie. Ich ging zu ihr und trocknete ihre Tränen, und sie erzählte mir, dass sie seltsame Träume von Blut und Feuer gehabt hätte, von Engeln und Dämonen. Sie sagte, in ihrem Herzen wüsste sie, dass sie Samildanach nie wieder sehen würde. Was hätte ich ihr sagen können? Aber als wir vor dem Tor standen und der kalte Wind hindurchheulte, schwand mein Mut. Jetzt ist es dasselbe. Aber du verstehst das nicht, Ollathair. Das hast du nie. Du hast nie Furcht verspürt, die dir die Seele zerfrisst. Du konntest nie verstehen, wie es ist, wenn man feststellen muss, dass man ein Feigling ist. O ja, ich kann mich anderen im Kampf stellen. Ich kann mich auf meine Fähigkeiten verlassen. Aber im Angesicht des Tores war ich verloren. Selbst wenn ich jetzt daran denke, beginnt mein Herz zu rasen, und ich kann kaum atmen. Ich war in Panik, Ollathair. Damals – und jetzt würde es mir wieder so ergehen.«
Er ging zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um. »Es tut mir wirklich leid.«
»Manannan!« rief Ruad, und der Krieger sah ihn an.
»Was ist?«
»Ich kenne diese Furcht auch … als der König mich in Ketten legen ließ und sie mir das Auge herausgebrannt haben. Aber ein Mann muss seine Ängste überwinden, oder sie werden ihn überwinden. Du bist kein Feigling. Du fürchtest nicht den Tod, es ist das Dunkel, das Unbekannte, die Reise in die Nacht. Willst du nicht versuchen, sie zu überwinden?«
»Du
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