Ritter des dunklen Rufes
konnte, er wäre am liebsten aus der Halle gerannt. Doch die Geschichte endete, als Nuada herumschwang und auf Grunzer und seine Kameraden deutete. »Und dort, meine Freunde, sind die wichtigsten Helden der Geschichte. Die Kriegerin, die wagemutig vor dem Ungeheuer stand, der Mann der Axt, der den Dämon ritt, und der Herr des Waldes, der in seine tödliche Umarmung trat und überlebte. Lasst sie euren Jubel hören.«
Lauter Jubel brandete auf, und Arian spürte, wie die Bohlen unter ihren Füßen vibrierten, als die Männer johlten und mit den Füßen stampften. Grunzer stand auf, doch seine Beine waren noch schwach, und er schwankte. Llaw Gyffes neben ihm erhob sich und nahm stützend seinen Arm. Die Menge stürmte vorwärts, riss Tische und Stühle um, ergriff Grunzer, und dann hoben sie ihn hoch, als der Beifall durch die Halle donnerte. Arian nahm Llaws Arm und führte ihn ins Freie.
»Er hat gut erzählt«, sagte sie, »aber so war es nicht.«
»Wo hat er sich geirrt?«
»Grunzer hat nichts davon aus lauteren Motiven getan. Er wollte wieder in einer Heldengeschichte vorkommen – und er wollte mir zeigen, wie tapfer er ist.«
»Ist das so schlimm? Hat er dich denn nicht vor dem Ungeheuer gerettet?«
Sie hakte sich bei ihm ein und führte ihn an den Palisadenzaun. Der Wald war dunkel und drohend, doch kein Geheul war zu hören. »Ja«, gab sie zu, »er hat mich gerettet. Aber du auch. Was ich getan habe, war dumm, und auch ich habe es genossen, Teil der neuen Waldlegenden zu sein. Was glaubst du, werden wir jetzt ein wenig Frieden haben?«
»Frieden? Wir werden alle Ungeheuer töten, aber das wird uns keinen Frieden bringen. Warum sind sie hier? Welche Macht hat sie geschickt? Nein, wir werden keinen Frieden haben, Arian. Ich glaube, dies ist der Beginn eines Krieges.«
»Glaubst du, dass der König diese Dämonen in den Wald schickt?«
»Nein, nicht der König. Einer seiner Zauberer.«
»Dann hast du vielleicht recht. Vielleicht sollten wir den Wald verlassen und nach Cithaeron ziehen.«
»Wir?« fragte er, einen Schritt zurücktretend.
»Ich möchte sein, wo du bist, Llaw. Du musst wissen, dass ich dich liebe.«
Er nahm sie bei den Schultern und hielt sie von sich. Ihre Augen schimmerten vor Tränen, ihr Haar glänzte silbern im Mondlicht.
»Die letzte Frau, die ich geliebt habe, wurde brutal ermordet. Ich bin noch nicht bereit, Arian, einen solchen Schmerz noch einmal zu erleiden. Ich glaube, ich werde nie wieder dazu bereit sein.«
Und damit ließ er sie allein am Schutzwall zurück.
10
Als sie in der Höhle saß und das Feuer in Gang hielt, wusste Sheera, dass sie einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Die beiden Männer waren höflich und respektvoll gewesen, als der Wirt sie vorgestellt hatte, aber sobald sie im Wald waren, hatten sie sich unmerklich verändert. Strad, der größere und geselligere von beiden, war schweigsam und fast düster geworden, während Givan angefangen hatte, sie offen anzustarren und seinen Blick auf ihrem Busen und ihren Hüften ruhen zu lassen. Keiner von beiden hatte sie angerührt, aber die Reise durch den winterlichen Wald bereitete Sheera zusehends Sorgen. Sie hatten zweimal vor Schneestürmen Schutz suchen müssen, aber als der Himmel nach dem zweiten aufklarte, hatte sie am Sonnenstand und später an den Sternen erkannt, dass ihr Weg im Halbkreis wieder zurück zum Meer führte.
In der vergangenen Nacht hatte sie sich in ihre Decken gewickelt und so getan, als schliefe sie, und dabei versucht, ihre Unterhaltung zu belauschen. Nach einer Weile war Strad zu ihr gekommen und hatte leise gefragt, ob sie es bequem hätte. Sie rührte sich nicht, und er ging wieder zu Givan.
»Nur noch ein paar Tage dieses elende Wetter«, sagte Givan. »Dann heißt es warme Betten und warme Frauen. Bei den Göttern, was bin ich froh, wenn ich diesen Wald von weitem sehe.«
»Ich auch«, stimmte sein Freund ihm zu.
Sheeras Gedanken überschlugen sich. Ein paar Tage? Wie konnte das sein? Bei gutem Wetter war es ein Marsch von zehn Tagen! Sie hätte auf Cartain hören sollen, der sie gedrängt hatte, mit nach Cithaeron zu kommen und ihm dabei zu helfen, die Flüchtlinge zu einer Armee zu scharen. Aber ihr Zorn war so groß, und der Gedanke, Okessa und die anderen ungestraft davonkommen zu lassen, war unerträglich.
Jetzt streckte sie ihre langen Beine aus und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sie war ein großgewachsen, mit kurz geschnittenem, lockigem
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