Ritter-Geist
Exemplar der Callicantzari war, einer Rasse von Ungeheuern, die meistens unter der Erde leben und die Wurzeln wichtiger Bäume unterhöhlen, beispielsweise den Samenbaum auf dem Berg Parnaß oder den Baum, der den Hi m mel abstützt – die Bäume, ohne die Xanth, wie wir es kennen, nicht existieren würde. Stell dir doch nur einmal ein Land ohne die Abertausende von Bäumen vor, die diesem magischen Samen en t springen, oder ein Land ohne Himmel! Wie sollten wir da funkti o nieren können, wenn die Sonne, der Mond, die Sterne und die Wolken nicht sicher aus dem Weg geräumt bleiben? Doch a n scheinend scherten sich diese Ungeheuer nicht darum, sie wollten einfach nur die Bäume zum Einsturz bringen. Vielleicht ist das auch einer der Unterschiede zwischen Ungeheuern und Me n schen… den Ungeheuern ist es egal, was als nächstes geschieht.
Die Callicantzari besitzen Tunnel, die zu allen wichtigen Bergen führen, und sie arbeiten fleißig daran, die Bäume, von denen ich gesprochen habe, zum Einsturz zu bringen. Doch wenn sie sich der Oberfläche nähern und mit ihrer unvertrauten Freiheit in B e rührung geraten, stürzen sie ins Freie und laufen umher, erschre c ken Menschen und Tiere und tanzen wild, vom Anblick der Sterne ganz aus dem Häuschen, bis der Morgen anbricht. Nicht einmal die Kobolde können sie leiden und greifen sie sofort an, sobald sie sich in Koboldgebiet hineinwagen. Das erklärt übrigens auch, wa r um der Callicantzari unseren Tunnel nicht als Fluchtroute gewählt hat. Kommen sie an einer anderen Stelle hinaus, und die Sonne geht gerade auf, so fliehen sie entsetzt vor ihrem Licht. Um sich von diesem Schock zu erholen, brauchen sie immer eine ganze Weile, und bis sie ihr normales Gleichgewicht, wenn man das so nennen kann, zurückgewonnen haben, sind die Wurzeln der Bä u me wieder nachgewachsen, und die Arbeit muß aufs neue begi n nen. Deshalb haben die Callicantzari auch nie Erfolg, was wohl ganz gut so ist. Im allgemeinen sind sie wegen ihrer wiederholten Mißerfolge meist recht übel gelaunt, und ihr Mundgeruch spiegelt diese Laune wider. Sie besitzen also durchaus eine Geschichte und gehören nicht zu den gewöhnlichen Ungeheuern. Doch im A u genblick wußte ich nur eins: daß Pook und ich mal wieder in der Klemme saßen.
Wir verlangsamten unser Tempo, um dem Ungeheuer auszuwe i chen – doch da erschien auch schon ein zweites hinter uns, und aus den Nachbarhöhlen hörten wir das Trampeln anderer. Wenn es etwas gibt, das noch schlimmer ist als ein Ungeheuer, so sind das zwei Ungeheuer – und noch viel schlimmer ist eine ganze Meute davon. Wir waren umzingelt!
»Wir müssen es mit einer Frontalattacke versuchen und darauf hoffen, daß wir es schaffen«, sagte ich zu Pook. »Sonst ersticken wir noch an dem Gestank. Du galoppierst, und ich wehre sie ab.«
Er galoppierte los, und ich zielte mit der Lanze auf das vor uns stehende Ungeheuer. Der Calli war zu dumm, um mir auszuwe i chen, so daß meine Spitze ihn voll in die Nase traf. Der Aufprall ließ die Lanze durch seinen Kopf schießen und meinem Griff en t gleiten. Wir rasten an dem stürzenden Ungeheuer vorbei, das in verwundetem Zustand noch viel schlimmer stank als vorher.
Doch da erschien auch schon das nächste. Ich riß mein treues Schwert aus der Scheide, wenngleich mir der Gedanke zuwider war, meine saubere Klinge mit derlei zu beflecken, und hieb gegen seinen häßlichen Hals. Wie der erste, bewegte auch er sich nicht, und meine Klinge schlug ihm den Kopf ab. Bäh, war das ein blut i ges Geschäft! Eigentlich sollten Barbaren Blutbäder ja genießen, aber das hier war häßliches, klumpiges Blut ohne allzuviel Genu ß eigenschaften.
Es nahten immer mehr Ungeheuer! Zwei von ihnen kamen aus Seitenhöhlen hervorgestolpert und griffen mit ihren grotesken Aashaken nach mir. Dem rechten schlug ich den Arm ab, doch der linke bekam mich auf grausige Weise zu packen und hob mich vom Pferd. Ja, ich weiß, daß einem Helden ein solches Mißg e schick nicht widerfahren sollte. In Wahrheit ist es jedoch so, daß so etwas durchaus vorkommt, nur daß die Barbarische PR-Abteilung solche Meldungen eben unterdrückt.
Pook zögerte und wandte den Kopf nach mir um. Weitere U n geheuer rannten herbei. »Lauf davon!« schrie ich ihm zu, während ich dem Ungeheuer, das mich umarmt hielt, über die Schulter hi n weg die Schwertspitze ins Gesicht stieß. Heißer Ichor spritzte g e gen meinen Nacken, und ich wußte, daß ich getroffen hatte. »Lauf
Weitere Kostenlose Bücher