Ritter und Raufbolde
Sonnenglut, die an diesem Tag enorm war, gewaltig heiß, und als er die Bänder des Panzers löste und Luft schnappte, fiel er, von einem Pfeil durch die Kehle getroffen. 7
Je nach Region und Beschaffenheit der Landschaft konnte es sich auch als sinnvoll erweisen, auf kältere Jahreszeiten auszuweichen. Waren Wege und Flüsse im Sommer zu schlammig und unwegsam, wartete man den Frost ab, um dann über die (zu)gefrorene Landschaft vorzugehen. So machten es etwa die Ritter des Deutschen Ordens, die im heutigen Polen gegen die Prußen (Preußen) kämpften:
Darauf zogen der Meister Bruder Hermann und andere
Brüder zur Winterzeit, als durch die strenge Kälte alles gefroren war, [...] in das Gebiet [des Feindes]. 8
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|19| Adel, Klerus, Bauern – Krieg in der Gesellschaft des Mittelalters
I m frühen 11. Jahrhundert propagierte Bischof Adalbero von Laon ein Modell für die mittelalterliche Gesellschaft, das nicht zuletzt wegen seiner eingängigen Schlichtheit sehr erfolgreich war. Er stellte eine Dreiteilung der Gesellschaft vor, die sich an der Funktion der jeweiligen Gruppen ausrichtete: Adel, Klerus, Bauern. Die Bauern arbeiteten, der Klerus betete und der Adel kämpfte. Adalbero benutzte den Ausdruck Krieger
( bellatores )
, um den Adel zu beschreiben. Während der Klerus für das Seelenheil betet und die Bauern durch ihre Arbeit die Gesellschaft ernähren, besteht die Aufgabe des Adels im Kampf. Dieses idealtypische Bild ist sehr aufschlussreich für das Verständnis des Adels, bedarf aber der Korrektur. Am Krieg waren nämlich nicht nur Adlige beteiligt; auch Mitglieder der beiden anderen Gruppen haben gekämpft.
Kleriker im Krieg
Der Chronist Otto von St. Blasien (frühes 13. Jahrhundert) berichtet von einem Kampfeinsatz zweier Erzbischöfe im Rahmen eines Italienzuges Kaiser Friedrichs I. Barbarossa († 1190). Der Erzbischof Reinald von Köln wird in der Burg Tusculum bei Rom belagert, und Erzbischof Christian von Mainz führt ein Entsatzheer heran und befreit seinen Amtsbruder:
|20| Er [Erzbischof Christian von Mainz] ordnete die Schlachtreihe; er teilte diejenigen ein, die zuerst kämpfen, sowie diejenigen, die, wenn der Zusammenstoß erfolgt sei, von der Seite angreifen, oder diejenigen, die als Hilfstruppen denen, die um die Last des Kampfes sich mühten, diese tragen helfen sollten; sich selbst stellte er mit ausgewählten (Männern) zur Hilfe auf. Und so ging er mit erhobenen Feldzeichen und in langgezogenen Kohorten, Gott seine Hoffnung vertrauend, gegen die Römer zum Kampf. 1
Die Erzbischöfe erscheinen hier nicht nur als Kriegsherren in dem Sinne, dass sie Truppen ausheben und für den Kampf bereitstellen. Sie sind darüber hinaus aktiv am Kampf beteiligt, stellen ihre Truppen auf und greifen auch persönlich ein. Die Erzbischöfe agieren hier als Reichsfürsten, denen neben den geistlichen Aufgaben auch die Teilhabe an der Reichspolitik und der Heeresdienst für ihren König obliegt – und das schließt eben auch den Kampf ein.
Das kriegerische Engagement der Erzbischöfe war dabei freilich nicht mit den kirchlichen Moralvorstellungen ihrer Zeit vereinbar. Klerikern war es aus kirchlicher Sicht eigentlich verboten, sich am Blutvergießen zu beteiligen. Dennoch können wir Geistliche immer wieder als aktive Kämpfer in den Quellen fassen, so etwa, wenn der englische Anwärter auf den deutschen Thron Richard von Cornwall († 1272) über die Bischöfe in Deutschland berichtet: „Siehe, was für beherzte und kriegerische Erzbischöfe und Bischöfe wir in Deutschland haben.“ 2
Bauern im Krieg
Auch die Mitglieder der dritten Gesellschaftsgruppe, die Bauern, haben im Mittelalter gekämpft. Gleiches gilt auch für |21| einen Personenkreis, der in Adalberos Zeit noch keine ausgeprägte politische Rolle spielte, im Laufe des Mittelalters aber immer mehr an Bedeutung zunehmen sollte: die Städter. Beide – Bauern und Städter – waren auf den mittelalterlichen Schlachtfeldern immer präsent. Sie stellten sicherlich bei vielen Schlachten den Großteil der Kämpfer. Sie agierten dabei oft zu Fuß, sodass sich hier eine Parallele zwischen gesellschaftlicher Stellung und Kampfesweise feststellen lässt: Der Adel kämpfte (meist) zu Pferd, die nichtadligen Krieger fochten (meist) zu Fuß. Dieser Standesunterschied korrespondierte oftmals mit der Güte der Ausrüstung und Waffen. Wie zu allen Zeiten war der Krieg auch im Mittelalter eine kostspielige Angelegenheit, wenn man ihn auf hohem
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