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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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als friere sie.
    »Dann bitte«, sagte Gina.
    »Ich habe vor zwei Monaten Frau Lingscheids Job übernommen, und eine Woche später bin ich hier eingezogen.« Anders als eben an der Wohnungstür sprach sie jetzt abgehackt, atmete an den falschen Stellen und machte roboterhafte Gesten. »Er … Josef wollte es Ihnen so bald wie möglich sagen. Wäre es nach mir gegangen, ich hätte es Ihnen schon lange gesagt, aber er … er meinte … wir sollten …«
    »Was meinte er?«
    »Na ja, wir sollten noch etwas warten. Er wollte Sie nicht verletzen. Er wollte es Ihnen schonend beibringen. Weil sie beide doch so lange …«
    Gina blickte sich um. Ich behielt sie gut im Auge, denn ich befürchtete einen Ausbruch. Aber sie machte nur die Geste für bescheuert und sagte: »Wissen Sie, daß ich alle diese Möbel ausgesucht habe? Das ist meine Einrichtung, das ist mein Stil. Und was macht Josef? Er läßt das Türschloß auswechseln, damit ich nicht hereinplatzen kann, wenn Sie beide … wenn Sie und er …«
    Beate sah zu Boden.
    »Ist es nicht so?« rief Gina.
    »Ja, ja, ja!« schrie Beate und heulte los. »Und jetzt ist er tot und gehört weder Ihnen noch mir. Um den Krempel hier brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, den mache ich Ihnen bestimmt nicht streitig. Morgen früh bin ich sowieso weg.«
    »Oh, mein Gott!« schluchzte Gina, stand auf und ging zu Beate. »Oh, mein Gott!«
    Sie nahmen sich gegenseitig in den Arm und heulten ihren Schmerz heraus. Gina war etwas größer und trug auch noch Schuhe, Beate war barfuß. Um trotzdem an Ginas Schulter weinen zu können, stand sie auf den Zehenspitzen. Ich drehte mich weg und blickte aus dem Fenster. Im Hinterhof stand eine verrostete alte Norton. Fehlte noch, daß die Frauen sahen, daß ich feuchte Augen hatte.
    *
    Die Zeile mit Herd, Spülmaschine und Kühlschrank war durchgehend aus Edelstahl und sah aus wie aus dem Vollen gefräst. Dafür war an den Stühlen gespart worden, die waren nämlich schreiend unbequem. Dazu kam, daß der Kaffee schmeckte, als sei in der Kanne zuvor Pfefferminztee gekocht worden. Da halfen aller Zucker und alle Sahne nichts. Gina und Beate schien weder das eine noch das andere zu stören, wenn sie es überhaupt bemerkten.
    »Josef sagte, es könne nichts passieren, die Lanzen seien aus Holz und hätten Sollbruchstellen.«
    Beate hatte ihr rechtes Bein über das linke geschlagen und zusätzlich den Fuß hinter die Wade geklemmt. Das sah wenig sattelfest aus. Dafür hielt sie sich mit beiden Händen an ihrer Tasse fest. »Ich versteh das alles nicht.«
    »Es war keine Holzlanze«, sagte Gina, die auf dem Küchentisch mit dem Nagel ihres Zeigefingers Kandisfarinkrümel zusammenschob. »Die Lanze war aus Stahl.«
    »Stahl? Wie kann das denn sein? Überprüft das denn niemand?«
    »Es war kein Unfall«, sagte ich. »Hat die Kripo Ihnen nicht gesagt, daß er ermordet wurde?«
    »Ermordet?« Beate war fassungslos. »Die Polizisten sagten nur, er sei tot. Sie haben weder von Unfall noch von Mord geredet. Ich dachte, es müsse ein Unfall gewesen sein. Wieso Mord? Wer sollte Josef umbringen wollen? Sind Sie sicher?«
    Ich nickte.
    »Es ist eindeutig. Dieser englische Stunt-Reiter, der den schwarzen Ritter gemimt hat, wurde vor seinem letzten Auftritt niedergeschlagen, so daß der Mörder sich sein Kostüm nehmen und die Lanzen austauschen konnte.«
    »Das hätte doch jemand merken müssen!«
    »Hat aber keiner. Bei den Pferdeställen waren Zelte aufgebaut, in denen die Reiter sich umziehen und ihre persönlichen Sachen ablegen konnten. Zwischen seinem inszenierten Ausschluß aus dem Turnier und seinem letzten Auftritt hatte der Engländer fast zehn Minuten Pause. In der Zeit muß es passiert sein. Sie haben ihn mit ’ner dicken Beule am Kopf zwischen den Zelten gefunden.«
    »Als der Mörder auf den Platz geritten kam, hatte er sein Visier schon runtergeklappt«, sagte Gina. »Niemand hat gemerkt, daß unter dem Helm ein anderer als der Engländer steckte.«
    Beate zog die Stirn kraus. »Dann muß er sich doch supergut ausgekannt haben. Der mußte doch wissen, wie das Programm abläuft und alles.«
    »Und er ist ein exzellenter Reiter«, sagte ich. »Außerdem kann er mit ’ner Lanze umgehen und muß kräftig sein. Diese Stahllanzen haben ein sattes Gewicht.«
    »Es kann doch nicht so viele Leute geben, die all das beherrschen. Den müssen die Bullen doch ruck-zuck schnappen.«
    »Im Augenblick sucht die Kripo nach einem Motiv. Hat man Sie nicht gefragt,

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