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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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war auch Polizist. Ihr Bullen habt alle die gleichen Augen.«
    »Ich bin kein Bulle mehr«, sagte ich. »Vor vier Wochen bin ich ausgestiegen.«
    »Zu spät«, sagte sie. »Die Augen werden Sie nicht mehr los.«

Kapitel 9
    »Sitzt er auf dem Klo?« fragte ich, weil ich Jakob nirgendwo entdecken konnte.
    »Er hat einen Termin«, sagte Gina, die auf Strümpfen an die Tür gekommen war. »Wir treffen uns noch mal um fünf bei ihm auf dem Hof.«
    Auf dem Couchtisch stand eine mit Wasser gefüllte Schüssel, in der ein Waschlappen dümpelte. Gina setzte sich aufs Sofa, wrang den Lappen aus, drückte ihn gegen ihre Stirn und legte sich lang.
    »Migräne?«
    »Auch. Aber vor allem fühl ich mich so – schlapp – leer – ausgebrannt.«
    »Bei aller Tristesse – du hast seit Samstag so gut wie nichts gegessen.« Sie machte Platz, damit ich mich an ihre Seite setzen konnte. »Wie wäre es mit ’nem Salat und ’n paar Nudeln? Unten im Dorf gibt’s ’nen Italiener, der hat so was im Angebot.«
    »Vielleicht später.« Gina tastete nach meiner Hand. Ich überließ sie ihr. »Ich weiß gar nicht, wie ich den gestrigen Tag ohne dich durchgestanden hätte. Du bist ein guter Tröster.«
    »Da mußt du was geträumt haben. Ich hab dich nicht getröstet.«
    »Aber du warst da. Das zu wissen hat mir gut getan.« Gina drehte den Kopf zur Tür. »Wo ist eigentlich Beate?«
    »Sie wollte allein sein und ist spazierengegangen. Sie hat was von ’nem dicken Antonius erzählt.«
    »Dann hat sie sich aber was vorgenommen. Die Kapelle ist oben am Knippberg.«
    Ich guckte dumm.
    »Richtung Effelsberg«, sagte sie.
    »Das Teleskop?«
    »Genau.«
    Nachdem wir ein Weilchen geschwiegen hatten, sagte ich: »Du hast dich gut gehalten, Gina.«
    Ihr Gesichtsausdruck zeigte eine Wehmut, die man auch als Schmerz hätte deuten können. »Ich habe so etwas geahnt, Tom. Natürlich nicht, daß er schon mit einer anderen zusammenlebte. Aber ich hab gespürt, daß er andere Wege ging. Wege ohne mich.«
    Dazu fiel mir nichts ein.
    »Ich hab es ja selbst provoziert. Es ist kein Vierteljahr her, da hab ich Josef gesagt, ich will ein Kind, und zwar bevor ich vierzig bin.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Er war schockiert.«
    »Hatte er von dieser Möglichkeit noch nie gehört?«
    Gina blickte an mir vorbei in Richtung Fenster und ließ meine Hand los. Das war mir recht, denn das Pfötchen wurde langsam warm.
    »Was glaubst du, warum wir elf Jahre lang verlobt waren?« fragte sie wieder mit dieser Kombimiene aus Wehmut und Schmerz. »Warum wir in all den Jahren nicht einmal zusammen in Urlaub gefahren sind? Von einer gemeinsamen Wohnung will ich ja gar nicht reden. Auch nicht davon, wie oft wir uns gesehen haben. Im Schnitt vielleicht zweimal pro Monat.«
    »Es soll Leute geben, bei denen so was funktioniert.«
    »Das hat es bei uns ja auch. Bis zu einem gewissen Punkt.«
    Ich stand auf und betrachtete die gerahmten Fotos. Sie zeigten eines dieser Pferde, die ich mochte. Hellbraunes Fell und eine lange, gelbblonde Mähne. Sein Blick war der eines Draufgängers.
    »Das war Bobby«, sagte Gina. »Er ist vor zwei Jahren gestorben. Josef hat dermaßen an dem Tier gehangen, daß ich Angst hatte, er schnappt über. Früher hatten die Fotos sogar einen Trauerflor. Ich hab ihn überredet, den abzumachen.«
    »Wie alt werden Pferde eigentlich?«
    »Bobby war nicht alt, keine zehn Jahre. Er ist einem Pferderipper zum Opfer gefallen.«
    »Ach du Scheiße, gibt’s das hier auch?«
    »Hier gibt es alles außer Sandstrand.«
    Ich lehnte mich mit dem Hintern gegen die Anrichte. Das Möbel hatte genau die richtige Höhe und eine abgerundete Vorderkante. Sehr bequem.
    »Der Bruder scheint aber aus ’nem anderen Holz zu sein. Er hat nicht zufällig ’ne Werbeagentur?«
    Gina schmunzelte. »Jakob hat den elterlichen Hof übernommen.«
    »Ein Landwirt im Designeranzug? Dann zieht er seinen Pflug wohl mit ’nem BMW Cabrio?«
    Jetzt lachte sie sogar. Es tat gut, sie so zu sehen. »Das nicht gerade, aber er führt den Hof wie ein Unternehmen. Und ganz nebenbei ist er noch der Geschäftsführer der ÖEE.«
    »Hilf mir auf die Sprünge: Österreichische Elektro–«
    »Ausgeschrieben heißt das: Ökologische Erzeugergenossenschaft Eifel. Eine Kooperative ökologisch wirtschaftender Bauern.« Gina warf den Waschlappen in die Schüssel und setzte sich auf. Dabei rutschte ihr Rock fünf Zentimeter höher. »Josef hat seinen Bruder immer als Öko-Manager bezeichnet. Laptop und Handy

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