Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
Vom Netzwerk:
diesen Fall lösen, an dem deine ehemaligen Kollegen sich die Zähne ausbeißen. Ich könnte mir keine bessere Referenz vorstellen. Was meinen Sie dazu, Doktor Hoyer?«
    Hoyer guckte wie aus dem Bett geholt. »Hört sich plausibel an.«
    »Was ihr beiden denkt, interessiert mich einen Windelschiß«, sagte ich. »Ich war dabei, wie Josef aufgespießt wurde. Noch nie hab ich etwas derartig Heimtückisches und Brutales gesehen. So ein Verbrechen muß aufgeklärt werden. Wenn ich was dazu beitragen kann, dann tu ich das.«
    Jakob schüttelte den Kopf. »Deine Argumente überzeugen mich nicht, Tom. Das klingt alles so – edelmütig. Und bei Edelmut werde ich immer ganz besonders mißtrauisch. Meist steckt nämlich ganz was anderes dahinter.«
    Recht hatte er, so war das ja auch bei mir. Aber die wahren Gründe gingen ihn nun mal rein gar nichts an.
    »Ich bin nicht gekommen, um meine Motivation zu diskutieren«, sagte ich. »Mich interessiert mehr, warum du Gina und mich belogen hast, als wir dich nach der Erbschaft gefragt haben.«
    »Hab ich das?« fragte er sich selbst und gab gleich darauf die Antwort. »Ich denke, das habe ich nicht.«
    »Haben Sie ihm mit Klage gedroht, ja oder nein?« fragte ich Hoyer.
    »Ich fürchte, ich bin nach wie vor nicht befugt –«
    »Geben Sie Herrn Henschel ruhig Auskunft, Doktor Hoyer«, mischte Jakob sich ein. »Meinerseits gibt es keinerlei Einwände.«
    »In der Tat«, ließ Hoyer sich sehr gedämpft vernehmen. Dabei rutschte er in seinem Sessel hin und her und schaute gequält, als leide er an Afterjucken. So jung und so schön und doch Hämorrhoiden. »Aus den Unterlagen, die Herr Josef Deutsch mir vorlegte, ging hervor, daß eine Anspruchsberechtigung auf einen Betrag aus dem elterlichen Erbe existierte. Wie letztendlich ein Gericht im Klagefall entschieden hätte …« Statt den Satz zu Ende zu bringen, zuckte er die Achseln.
    »Du siehst, ich spiele mit offenen Karten«, sagte Jakob.
    »Erklär mir das Spiel«, sagte ich. »Was stimmt nun? Was er gerade gesagt hat, oder was du Gina und mir erzählt hast? Beides kann nicht stimmen.«
    »In dem Fall doch, Tom, so unwahrscheinlich es auch klingen mag. Die Übernahme des Hofes und die Aufteilung des Erbes war eine sehr komplexe und vielschichtige Angelegenheit. Die einfachste Lösung wäre gewesen, wir hätten den Hof verkauft und den Erlös geteilt. Aber der Hof sollte ja weitergeführt werden, wie unser Vater das gewünscht hatte, wenn auch unter anderen, ökologischen Vorzeichen.«
    »Hast du deinen Bruder nun ausbezahlt oder nicht?«
    »Ja und nein. Hätte ich ihm die fast zwei Millionen sofort gegeben, hätte ich den Hof auch gleich der Bank schenken können. Josef wußte das, und so haben wir gemeinsam überlegt und eine andere Verfahrensweise vereinbart. Ich habe ihm überwiesen, was ich konnte, das waren damals knapp zweihunderttausend, damit er seinen Laden eröffnen konnte, und für die Restsumme hat er Anteile an der ÖEE erhalten.«
    »Das klingt wunderbar harmonisch. Wie kam es bei Josef zum Sinneswandel?«
    »Er hat die Finanzkraft der ÖEE völlig falsch eingeschätzt. Unsere Vereinbarung sah vor, daß er sukzessive, analog dem Wachstum der Gesellschaft, seine Anteile in Barmittel umwandeln konnte. Das ging in den ersten beiden Jahren überhaupt nicht, weil sämtliche Überschüsse investiert werden mußten, und in diesem Jahr hätte ich ihm maximal fünfzigtausend auszahlen können. Das war Josef zuwenig, zumal er mit seinem Laden in Schwierigkeiten steckte. Da wollte er klagen.«
    »Was die ÖEE ruiniert hätte.«
    »Blödsinn. Solche Prozesse dauern Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.«
    »Ein schwebendes Verfahren hätte sich aber unvorteilhaft auf den geplanten Börsengang ausgewirkt, hab ich recht?«
    »Förderlich fürs Image wär’s bestimmt nicht gewesen.«
    »Ein wunderbares Motiv.«
    »Jetzt hör aber auf, ja?« schnauzte Jakob. »Mein Bruder ist noch nicht einmal unter der Erde.«
    Beate kam die Stufen herunter. Sie trug einen weißen Bademantel, der ihr vier bis fünf Nummern zu groß war.
    »Den hab ich mir mal geliehen«, sagte sie. »Mein Kleid war völlig durchweicht. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?«
    »Natürlich nicht«, sagte Jakob.
    »Da wir schon mal so offen und ehrlich miteinander sind«, sagte ich, »wo warst du eigentlich an dem Abend, als dein Bruder ermordet wurde?«
    »Muß ich ihm diese Frage beantworten, Doktor Hoyer?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Da hörst du’s.« Jakob kniff

Weitere Kostenlose Bücher