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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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Lingscheid rede. Zur Not auf die harte Tour.«
    »Die rennt doch sofort zu Emmelmann und beschwert sich. Und dann bist du dran.«
    »Hast du ’ne bessere Idee?«
    »Wollte Beate ihr nicht –«
    »Hör mir bloß mit der auf«, fiel ich ihr ins Wort. »Die krumme Kuh. Guckt die ganze Zeit zu, wie ich Indizien gegen Jakob sammle, um mich zum Schluß mit ›Ätsch-bätsch, ich bin sein Alibi‹ zu verarschen.«
    »Ist das wirklich der einzige Grund?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Wie wäre es mit Eifersucht? Beate hat dir gefallen, das hab ich doch gesehen.«
    »Wenn du wüßtest, wer mir alles gefällt. Außerdem ändert das nichts an den Fakten.«
    »Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß Jakob Josef umgebracht haben könnte?«
    »Ich glaub überhaupt nichts«, sagte ich.
    Der Rollstuhl mit dem Kind war eigentlich nicht schwer, und die Steigung hielt sich in Grenzen. Aber wenn man trinkt, doppelte Portionen frißt und nachts herumbrüllt, dann ist man eben nicht in Form. Ich beschloß, bei Gelegenheit darüber nachzudenken, wie ich mein Leben ändern könnte. Andere Leute hatten das schließlich auch gepackt. Siehe Joschka Fischer.
    In den Parktaschen kurz vor dem Gipfel stand ein Reisebus mit laufendem Motor und qualmte wie ein Kohlekraftwerk. Als wir an der Tür vorbeikamen, rief ich dem Fahrer zu, er solle gefälligst den Motor ausmachen. Er schien mich nicht zu verstehen, denn er machte ein fragendes Gesicht und sagte irgendwas auf Flämisch. Ich hielt mir die Nase zu und machte die Geste für Schlüsseldrehen. Endlich kapierte er und stellte die Maschine ab.
    Zehn Meter weiter drehte ich mich noch einmal um. Der Bus hatte das Kennzeichen VH-39-FX. Plötzlich sah ich mich im Keller von Josef Deutschs Haus vor der Stahlkassette stehen und eine Liste mit mysteriösen Abkürzungen in der Hand halten.
    Abkürzungen, die nichts anderes waren als niederländische Kfz-Kennzeichen.

Kapitel 21
    Bad Münstereifel
     
    Dafür, daß die Kirche dem heiligen Donatus gewidmet war, lief es ausgesprochen beschissen. Schon auf dem Weg nach Münstereifel hatte es geschüttet, daß ich mich fragte, ob das Weltklima bereits derart durcheinander war, daß die Eifel neuerdings vom Monsun heimgesucht wurde. Entsprechend zurückhaltend mußten wir fahren und kamen erst auf den letzten Drücker an.
    Jetzt saßen wir in der Jesuitenkirche, und über uns donnerte und krachte es, daß der Pastor ein paarmal nach oben guckte, ob er gemeint war. Wäre es nach mir gegangen, wäre ich ganz hinten geblieben, aber Gina hatte mich gebeten, nicht von ihrer Seite zu weichen, und so hatte ich neben ihr in der ersten Reihe links Platz genommen. Erste Reihe rechts saßen Jakob und Beate und eine Tante der Deutschs aus Hamburg-Harburg. Wir hatten uns vor dem Portal kurz und mit der Herzlichkeit verfeindeter Erbschleicher begrüßt.
    Dem Sarg wie den Blumenarrangements sah man ihren Preis an. Eine Beteiligung Ginas hatte Jakob abgelehnt, dabei hätte sie gerne einen Teil übernommen, nicht zuletzt, um bei der Auswahl der Blumen ein Mitspracherecht zu haben. So dominierten gelb, orange und rot.
    Die Trauergemeinde war klein und bestand zu einem großen Teil aus älteren, sehr routiniert wirkenden Damen, die wahrscheinlich keine Beerdigung ausließen, darunter auch Frau Trimborn.
    Gina trug ein schwarzes Kostüm, das sie sich extra in Trier besorgt hatte, und einen Hut mit Schleier. Zu ihrer Überraschung besaß auch ich anlaßkonformes Outfit: einen anthrazitfarbenen Anzug, ein schwarzes Hemd und eine schwarze Krawatte. Für alle Fälle hatte ich die Sonnenbrille aufgesetzt.
    Eine Zeit lang ging es gut, dann begann Gina still zu weinen. Ich reichte ihr ein Taschentuch und legte ihr den Arm um die Schultern. Nach einer Weile faßte sie sich wieder. Unterdessen zählte ich die Beichtstühle. Es waren fünf. Da wurde hinter den putzigen Fassaden doch mehr gesündigt, als man zunächst vermutete.
    Die Predigt war schlecht einstudiert und so untröstlich wie die Übertragung eines Länderspiels. Daß der Pastor sie wer weiß wie in die Länge zog, machte sie auch nicht besser. Die Räusperer mehrten sich. Ich tippte, daß er auf Zeit spielte, um nicht im Regen auf den Friedhof zu müssen.
    Mochte er als Seelsorger auch eine Pfeife sein, als Meteorologe war er Spitze. Als wir schließlich vor die Kirche traten, lachte die Sonne, daß das Pflaster dampfte. Der Sarg wurde mit einem schwarzen VW-Bus transportiert. Wer schlecht zu Fuß war, fuhr selbst

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