Rittermord
des alten Mannes und die Vorstellung, welches Bild unser Trio beim Gang über den Hof abgeben mochte, ließen mich grinsen.
Mit wiederholten Stupsern in Höhe der Schulterblätter bugsierte er mich zum Wohnhaus. Während ich am Fuß der Treppe stehenbleiben mußte, scheuchte er Beate die Stufen hoch, damit sie läutete.
Es dauerte knapp zehn Sekunden, bis Jakob persönlich öffnete. Er war sichtlich irritiert.
»Was ist denn hier los?«
»Die beiden hab ich in der Remise erwischt«, sagte der Alte.
»Erwischt? Wobei erwischt?«
»Wir haben uns untergestellt«, sagte ich. »Wenn auch zu spät.«
»Wolltet ihr zu mir?« Erst jetzt schien Jakob zu bemerken, daß ich bedroht wurde. »Mensch, Hermann, nimm doch die Mistgabel runter. Das sind Bekannte.«
»Trotzdem waren sie in der Remise«, knurrte der Alte.»Das hast du gut gemacht«, sagte Jakob. »Aber jetzt ist es vorbei, okay?«
»Denn mal ’nen schönen Feierabend«, sagte der Alte, legte die Hand an die Mütze und trottete davon.
»Ihr kommt ein wenig ungünstig«, sagte Jakob und rieb sich die Hände. »Ich bin gerade in einer Besprechung, und meine Mitarbeiter sind schon alle nach Hause, sonst hätte ich euch mal den Hof zeigen lassen. Ihr hättet besser angerufen.«
»Wie viel verlangt Hoyer dafür, daß er die Durchschläge aus seinen Akten verschwinden läßt?«
»Hä?«
»Du hast Gina und mich angelogen, Jakob. Josef steht aus der Erbschaft noch ein erheblicher Betrag zu. Er wollte dich sogar verklagen, während du mir erzählt hast, alles sei geregelt.«
»Ich fürchte, da liegt ein Mißverständnis vor. Am besten, ihr kommt rein, dann können wir das in aller Ruhe bereden.« Er ließ uns durch. »Eure Schuhe könnt ihr gleich hier lassen. Ich gebe euch Filzpantoffel.«
Ich zog sogar meine Socken aus, verzichtete aber auf die Pantoffeln, weil das Haus Fußbodenheizung hatte. Beate entschied sich für die Latschen und schlurfte stockend neben mir her, als habe sie ihre Langlaufski verwachst.
Jakob führte uns zu einer hydrokulturbegrünten Besprechungsecke unter der Wendeltreppe. Praktischerweise standen dort vier Sessel. Den einzigen, von dem aus man ohne den Kopf zu drehen aus dem Fenster sehen konnte, hatte Hoyer belegt. Er machte einen etwas betrübten Eindruck, als vermisse er seine Tankstelle.
»Die Honneurs können wir uns wohl sparen«, sagte Jakob. »Nehmt Platz.«
»Gibt’s irgendwo ein Handtuch, mit dem ich mir die Haare trockenrubbeln kann?« fragte Beate.
»Selbstverständlich. Entschuldige, daß ich nicht daran gedacht habe. Oben im Bad. Möchtest du dich auch ein wenig trockenlegen, Tom?«
»Nein.« Ich setzte mich und blickte Beate nach, wie sie die Treppe hochstieg. Sie trug ein rotes Höschen unter ihrem Rock.
»Ich höre«, sagte ich. Dann klatschte ich in die Hände, weil Hoyer noch immer nach oben starrte. »Sie sollten auch zuhören, Herr Anwalt mit Schweigepflicht. Herr Deutsch wird jetzt ein Mißverständnis aufklären.«
»Zunächst einmal würde mich interessieren, woher du von der angeblichen Streitsumme zwischen Josef und mir erfahren hast«, sagte Jakob. Er und Hoyer hatten Sherrygläser vor sich auf dem Tisch, mir wurde nichts angeboten.
»Gina erinnerte sich, daß dein Bruder in seinem Keller eine Stahlkassette mit privaten Papieren aufbewahrte. Die hab ich ausgegraben und darin unter anderem einen Brief dieses verschwiegenen Anwalts hier entdeckt, in dem er dir mit Klage drohte, solltest du die Streitsumme nicht bis was weiß ich wann überweisen.«
»Hast du den Brief dabei?«
»Er wurde mir gestohlen. Zusammen mit den anderen Unterlagen.«
»Das ist ja interessant. Wann ist das denn passiert?«
»Noch im Keller, während ich ihn zum zweitenmal las.«
»Willst du damit sagen, du bist im Haus meines Bruders überfallen und beraubt worden? Von wem?«
»Den Täter hab ich nicht gesehen. Ich wurde niedergeschlagen.«
»Hast du Anzeige erstattet?«
Ich verneinte.
»Das dachte ich mir. Wie ich inzwischen erfahren habe, bist du gar nicht mehr bei der Kripo, Tom. Du bist entlassen worden.«
»Wir haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt.«
»Das ist dasselbe, nur liest es sich besser.«
»Was soll mein Weggang von der Kripo mit dem Raub zu tun haben?«
Jakob setzte sich sehr bequem und verschränkte die Hände vor dem Bauch. »Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß du den Mord an meinem Bruder dazu benutzen willst, deine Wiedereinstellung zu erwirken. Stell dir vor, du würdest
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