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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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für einen Moment die Lippen zusammen. »Ich werde es trotzdem tun, um deinen Hirngespinsten ein für alle mal den Nährboden zu entziehen. Ich war hier, hier im Haus.«
    »Allein?«
    »Nein, ich habe einen Zeugen. Genauer gesagt, eine Zeugin.«
    »Hat die Person auch einen Namen?«
    Jakob steckte seine Hand unter Beates Bademantel. Als sie in ihrem Schritt angekommen sein mußte, sagte er: »Beate Nelles. Zuerst haben wir auf der Couch gevögelt, später im Whirlpool und schließlich im Bett. Sie war die ganze Nacht bei mir. Stimmt’s, meine Kleine?«
    Ich lief rot an. Beate auch. Bei mir war es Wut, zumindest redete ich mir das ein.
    Als sich unsere Blicke trafen, schrie sie: »Was glotzt du so? Ja, er hat recht. Wir haben die ganze Nacht gevögelt. Geht dich das etwas an?«
    Ich stand auf und ging, bevor ich eine Dummheit begehen konnte. Zum Beispiel, Jakob zusammenzuschlagen.
    Erst auf der Autobahn merkte ich, daß ich meine Schuhe vergessen hatte.

Kapitel 20
    Kyllburg
     
    Wir hatten gewechselt, jetzt schob Gina den Rollstuhl.
    »Ist es eigentlich statthaft,« fragte ich, als wir am Hotel Eifeier Hof vorbeispazierten, »daß Kyllburg sich weiterhin Kurort nennt, obwohl das Kurhotel dichtgemacht hat?«
    Gina lachte auf. »Eine gute Frage. Die solltest du mal dem Bürgermeister stellen. Dabei ist das eigentlich gar nicht lustig. Hier geht alles den Bach runter.«
    »Nur weil der Schuppen pleite ist?«
    »Wenn das erste Haus am Platz schließen muß, ist höchste Alarmstufe angesagt. Außerdem schadet das dem Image. Alle, die hier Vorbeigehen, gucken in tote Fenster. Und was noch schlimmer ist – sie erzählen’s weiter. So hat das bei jeder Geisterstadt angefangen.«
    »Nun übertreib mal nicht.«
    »Ich weiß, ich laß mich im Augenblick ziemlich hängen. Aber ich hab auch eine totale Panik vor morgen.«
    »Wir werden das schon packen. Wann ist die Trauerfeier?«
    »Um elf.«
    Wir waren am Ende der Hochstraße angelangt.
    »Linksrum, rechtsrum, geradeaus?« fragte ich.
    »Laß uns umkehren. Es sieht nach Regen aus, und Sophie hat keine Jacke dabei.«
    Beim Wenden des Rollstuhls sahen wir, daß das Mädchen eingeschlafen war. Ich zog meinen Pulli aus und legte ihn ihr um die Schultern.
    »Wie ein Moment der Unachtsamkeit oder des Leichtsinns eine ganze Familie kaputtmachen kann«, sagte Gina. »Helmut ist tot, Sophie sitzt stumm im Rollstuhl, Marianne ist von heute auf morgen zu einer alten Frau geworden, und Hans hängt an der Flasche.«
    »Ihn hab ich ein oder zweimal gesehen, als er die Kleine abgeholt hat. Daß er säuft, merkt man ihm gar nicht an.«
    »Er hat schon immer gerne einen gehoben, zumal er auch im Schützenverein ist, aber Marianne sagt, inzwischen trinkt er jeden Abend bis zur Besinnungslosigkeit. Auf der Arbeit haben sie ihn schon abgemahnt, weil er morgens noch blau war. Mariannes größte Panik ist, daß er seinen Job verliert.«
    »Wo arbeitet er denn?«
    »Im Eifelwerk.«
    »Was stellen die her?«
    »Autozubehör. Kabel und so was.«
    Wir wählten den Weg am Rathaus vorbei, weil der Anstieg die Kastellstraße hoch weniger steil war. Außerdem konnten wir so auf dem Bürgersteig bleiben.
    »Was war denn vergangene Nacht mit dir los?« fragte Gina.
    »Wie?« Ich schämte mich sofort, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung hatte, was ich angestellt haben könnte. Manchmal verfluchte ich meine katholische Erziehung.
    »Du hast geschrien. Mehrfach.«
    »Lauschst du etwa an meiner Tür?«
    »Das war nicht nötig. Ich hab dich vom Garten aus gehört.«
    »Was hast du denn nachts draußen zu suchen?«
    »Ich konnte nicht schlafen. Da bin ich rausgegangen und hab ’ne Zigarette geraucht.«
    Mir war, als hätte mich ein Maultier getreten. Diese Gesundheitsapostelin qualmte!
    »Du rauchst? Auf Lunge? So richtig bis unten?«
    »Nun mach nicht so ’n Gesicht, die Leute denken ja, du wärst meschugge«, sagte Gina. »Ich rauch schon immer. Aber nur bei Schlafstörungen. Dabei hab ich dein Gebrüll gehört. Ich hatte schon Sorge, du weckst die Gäste.«
    »Ich weiß von nichts. Muß wohl ’n schlechter Traum gewesen sein. Konntest du verstehen, was ich geschrien hab?«
    »Du hast mehrfach ›Nein!‹ geschrien, und dann hab ich so was Ähnliches wie ›Rosenberg‹ verstanden. Sagt dir das was?«
    »Überhaupt nicht«, log ich.
    Ich übernahm das Schieben und sagte, nicht zuletzt, um das Thema zu wechseln: »Die einzige Chance, in unserem Fall voranzukommen, seh ich darin, daß ich noch mal mit der

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